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Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 1. Berlin, 1798.

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indem sie sich gegenseitig aufheben. Kein Wunder ohne Naturbegebenheit und umgekehrt.



Die Natur ist Feindin ewiger Besitzungen. Sie zerstört nach festen Gesetzen alle Zeichen des Eigenthums, vertilgt alle Merkmale der Formazion. Allen Geschlechtern gehört die Erde; jeder hat Anspruch auf alles. Die Frühern dürfen diesem Primogeniturzufalle keinen Vorzug verdanken. -- Das Eigenthumsrecht erlischt zu bestimmten Zeiten. Die Ameliorazion und Deteriorazion steht unter unabänderlichen Bedingungen. Wenn aber der Körper ein Eigenthum ist, wodurch ich nur die Rechte eines aktiven Erdenbürgers erwerbe, so kann ich durch den Verlust dieses Eigenthums nicht mich selbst einbüßen. Jch verliere nichts, als die Stelle in dieser Fürstenschule, und trete in eine höhere Korporazion, wohin mir meine geliebten Mitschüler nachfolgen.



Leben ist der Anfang des Todes. Das Leben ist um des Todes willen. Der Tod ist Endigung und Anfang zugleich, Scheidung und nähere Selbstverbindung zugleich. Durch den Tod wird die Redukzion vollendet.



Auch die Philosophie hat ihre Blüthen. Das sind die Gedanken, von denen man immer nicht weiß, ob man sie schön oder witzig nennen soll.



indem sie sich gegenseitig aufheben. Kein Wunder ohne Naturbegebenheit und umgekehrt.



Die Natur ist Feindin ewiger Besitzungen. Sie zerstoͤrt nach festen Gesetzen alle Zeichen des Eigenthums, vertilgt alle Merkmale der Formazion. Allen Geschlechtern gehoͤrt die Erde; jeder hat Anspruch auf alles. Die Fruͤhern duͤrfen diesem Primogeniturzufalle keinen Vorzug verdanken. — Das Eigenthumsrecht erlischt zu bestimmten Zeiten. Die Ameliorazion und Deteriorazion steht unter unabaͤnderlichen Bedingungen. Wenn aber der Koͤrper ein Eigenthum ist, wodurch ich nur die Rechte eines aktiven Erdenbuͤrgers erwerbe, so kann ich durch den Verlust dieses Eigenthums nicht mich selbst einbuͤßen. Jch verliere nichts, als die Stelle in dieser Fuͤrstenschule, und trete in eine hoͤhere Korporazion, wohin mir meine geliebten Mitschuͤler nachfolgen.



Leben ist der Anfang des Todes. Das Leben ist um des Todes willen. Der Tod ist Endigung und Anfang zugleich, Scheidung und naͤhere Selbstverbindung zugleich. Durch den Tod wird die Redukzion vollendet.



Auch die Philosophie hat ihre Bluͤthen. Das sind die Gedanken, von denen man immer nicht weiß, ob man sie schoͤn oder witzig nennen soll.



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[73/0084] indem sie sich gegenseitig aufheben. Kein Wunder ohne Naturbegebenheit und umgekehrt. Die Natur ist Feindin ewiger Besitzungen. Sie zerstoͤrt nach festen Gesetzen alle Zeichen des Eigenthums, vertilgt alle Merkmale der Formazion. Allen Geschlechtern gehoͤrt die Erde; jeder hat Anspruch auf alles. Die Fruͤhern duͤrfen diesem Primogeniturzufalle keinen Vorzug verdanken. — Das Eigenthumsrecht erlischt zu bestimmten Zeiten. Die Ameliorazion und Deteriorazion steht unter unabaͤnderlichen Bedingungen. Wenn aber der Koͤrper ein Eigenthum ist, wodurch ich nur die Rechte eines aktiven Erdenbuͤrgers erwerbe, so kann ich durch den Verlust dieses Eigenthums nicht mich selbst einbuͤßen. Jch verliere nichts, als die Stelle in dieser Fuͤrstenschule, und trete in eine hoͤhere Korporazion, wohin mir meine geliebten Mitschuͤler nachfolgen. Leben ist der Anfang des Todes. Das Leben ist um des Todes willen. Der Tod ist Endigung und Anfang zugleich, Scheidung und naͤhere Selbstverbindung zugleich. Durch den Tod wird die Redukzion vollendet. Auch die Philosophie hat ihre Bluͤthen. Das sind die Gedanken, von denen man immer nicht weiß, ob man sie schoͤn oder witzig nennen soll.

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Zitationshilfe: Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 1. Berlin, 1798, S. 73. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_athenaeum_1798/84>, abgerufen am 17.05.2024.