Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 2. Berlin, 1799.

Bild:
<< vorherige Seite

Form der Mittheilung soll uns daran nicht hindern, denn diese ist selbst nur eine Täuschung, die wir auf höhere Wahrheit deuten müssen. Wo also Mittheilung Statt findet unter vernünftigen Wesen, da gilt jene Voraussetzung einer möglichen Verständlichkeit, da ist ein und derselbe Zweck, und in der Beabsichtigung dieses Zweckes muß sich eben unser ganzes gesellschaftliches Verhältniß immer reiner und schöner entwickeln.

Jch sage dies als Vorerinnerung zu der folgenden Untersuchung, um meinen Zweck sogleich bemerklich zu machen, und den Richter an die Absicht seines eigenen Urtheils zu erinnern.



Der Mensch ist überall der Gegenstand unserer Betrachtung. Denn jede mögliche Erscheinung ist Bestimmung durch ihn, und jede Wahrnehmung daher eine Berührung seines Geistes, die uns zum Anschauen eben auffordert, und uns dadurch auf unser eignes freyes Handeln zurückführt.

Aber wir begreifen auch den Menschen nur, in so fern er sich selbst begreift, und alles was wir von ihm behaupten, kann darum durch ihn selbst nur seine Wahrheit haben. Dies ist der Charakter der Vernünftigkeit. Sie wäre nichts ohne die eigene Beziehung unsers Handelns, durch welches wir leben und sind im ganzen Umfange unsers Daseyns. So gewiß daher nur Menschen sind, so gewiß ist auch ein jeder in allen Bestimmungen seines Wesens er selbst sein

Form der Mittheilung soll uns daran nicht hindern, denn diese ist selbst nur eine Taͤuschung, die wir auf hoͤhere Wahrheit deuten muͤssen. Wo also Mittheilung Statt findet unter vernuͤnftigen Wesen, da gilt jene Voraussetzung einer moͤglichen Verstaͤndlichkeit, da ist ein und derselbe Zweck, und in der Beabsichtigung dieses Zweckes muß sich eben unser ganzes gesellschaftliches Verhaͤltniß immer reiner und schoͤner entwickeln.

Jch sage dies als Vorerinnerung zu der folgenden Untersuchung, um meinen Zweck sogleich bemerklich zu machen, und den Richter an die Absicht seines eigenen Urtheils zu erinnern.



Der Mensch ist uͤberall der Gegenstand unserer Betrachtung. Denn jede moͤgliche Erscheinung ist Bestimmung durch ihn, und jede Wahrnehmung daher eine Beruͤhrung seines Geistes, die uns zum Anschauen eben auffordert, und uns dadurch auf unser eignes freyes Handeln zuruͤckfuͤhrt.

Aber wir begreifen auch den Menschen nur, in so fern er sich selbst begreift, und alles was wir von ihm behaupten, kann darum durch ihn selbst nur seine Wahrheit haben. Dies ist der Charakter der Vernuͤnftigkeit. Sie waͤre nichts ohne die eigene Beziehung unsers Handelns, durch welches wir leben und sind im ganzen Umfange unsers Daseyns. So gewiß daher nur Menschen sind, so gewiß ist auch ein jeder in allen Bestimmungen seines Wesens er selbst sein

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0161" n="153"/>
Form der Mittheilung soll uns daran nicht hindern, denn diese ist selbst nur eine Ta&#x0364;uschung, die wir auf ho&#x0364;here Wahrheit deuten mu&#x0364;ssen. Wo also Mittheilung Statt findet unter vernu&#x0364;nftigen Wesen, da gilt jene Voraussetzung einer mo&#x0364;glichen Versta&#x0364;ndlichkeit, da ist ein und derselbe Zweck, und in der Beabsichtigung dieses Zweckes muß sich eben unser ganzes gesellschaftliches Verha&#x0364;ltniß immer reiner und scho&#x0364;ner entwickeln.</p><lb/>
          <p>Jch sage dies als Vorerinnerung zu der folgenden Untersuchung, um meinen Zweck sogleich bemerklich zu machen, und den Richter an die Absicht seines eigenen Urtheils zu erinnern.</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          <p>Der Mensch ist u&#x0364;berall der Gegenstand unserer Betrachtung. Denn jede mo&#x0364;gliche Erscheinung ist Bestimmung durch ihn, und jede Wahrnehmung daher eine Beru&#x0364;hrung seines Geistes, die uns zum Anschauen eben auffordert, und uns dadurch auf unser eignes freyes Handeln zuru&#x0364;ckfu&#x0364;hrt.</p><lb/>
          <p>Aber wir begreifen auch den Menschen nur, in so fern er sich selbst begreift, und alles was wir von ihm behaupten, kann darum durch ihn selbst nur seine Wahrheit haben. Dies ist der Charakter der Vernu&#x0364;nftigkeit. Sie wa&#x0364;re nichts ohne die eigene Beziehung unsers Handelns, durch welches wir leben und sind im ganzen Umfange unsers Daseyns. So gewiß daher nur Menschen sind, so gewiß ist auch ein jeder in allen Bestimmungen seines Wesens er selbst sein
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[153/0161] Form der Mittheilung soll uns daran nicht hindern, denn diese ist selbst nur eine Taͤuschung, die wir auf hoͤhere Wahrheit deuten muͤssen. Wo also Mittheilung Statt findet unter vernuͤnftigen Wesen, da gilt jene Voraussetzung einer moͤglichen Verstaͤndlichkeit, da ist ein und derselbe Zweck, und in der Beabsichtigung dieses Zweckes muß sich eben unser ganzes gesellschaftliches Verhaͤltniß immer reiner und schoͤner entwickeln. Jch sage dies als Vorerinnerung zu der folgenden Untersuchung, um meinen Zweck sogleich bemerklich zu machen, und den Richter an die Absicht seines eigenen Urtheils zu erinnern. Der Mensch ist uͤberall der Gegenstand unserer Betrachtung. Denn jede moͤgliche Erscheinung ist Bestimmung durch ihn, und jede Wahrnehmung daher eine Beruͤhrung seines Geistes, die uns zum Anschauen eben auffordert, und uns dadurch auf unser eignes freyes Handeln zuruͤckfuͤhrt. Aber wir begreifen auch den Menschen nur, in so fern er sich selbst begreift, und alles was wir von ihm behaupten, kann darum durch ihn selbst nur seine Wahrheit haben. Dies ist der Charakter der Vernuͤnftigkeit. Sie waͤre nichts ohne die eigene Beziehung unsers Handelns, durch welches wir leben und sind im ganzen Umfange unsers Daseyns. So gewiß daher nur Menschen sind, so gewiß ist auch ein jeder in allen Bestimmungen seines Wesens er selbst sein

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_athenaeum_1799
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_athenaeum_1799/161
Zitationshilfe: Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 2. Berlin, 1799, S. 153. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_athenaeum_1799/161>, abgerufen am 23.11.2024.