Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 2. Berlin, 1799.Das Ganze, das wir Gesellschaft im Staate nennen, wird nicht bloß durch die Theile, sondern die Theile werden auch durch das Ganze bestimmt, indem ein jeder im Staate geboren und erzogen wird. Das Ganze aber ist nicht, und denkt nicht und handelt nicht, wenn nicht jedes Jndividuum oder jeder Theil es ist, und die Gesellschaft also aufhört, wie Theile zu einem Ganzen organisirt zu seyn. So lange es dies nun ist, bleibt auch der Antheil des Staats an der Bestimmung seiner Verhältnisse. Er ist aber denkend und handelnd eine Negation, und bestimmt folglich gar nicht. Mithin ist das Verhältniß der Theile zu einem Ganzen selbst nur das Unbestimmte und Mangelhafte in der Gesellschaft, und diese wird sich in ihren Formen immer nach Umständen fügen, die aus dem Widerstreite der Kräfte gebietend hervorgehen. Durch das Verhältniß der Menschen, als Theile zu einem Ganzen, ist also die Wirksamkeit eines jeden für das Ganze bestimmt, und dieses allein ist der Zweck der Thätigkeit Aller. Aber das kann der Mensch nicht, ohne seine Vernünftigkeit zu verlieren. Er ist genöthigt, sein Handeln auf sich selbst zu beziehen, wie es wirklich das seinige ist, und so lebt er in der Gesellschaft gar nicht als Theil, sondern selbst als ein Ganzes. Hieraus entsteht für die Gesellschaft ein Widerstreit. Eines jeden Thätigkeit ist bestimmt durch das Verhältniß im Staate, wo er nicht das Ganze ist: und jeder bezieht gleichwol nothwendig sein Thun auf sich selbst, wo er wirklich das Ganze ist. Das Das Ganze, das wir Gesellschaft im Staate nennen, wird nicht bloß durch die Theile, sondern die Theile werden auch durch das Ganze bestimmt, indem ein jeder im Staate geboren und erzogen wird. Das Ganze aber ist nicht, und denkt nicht und handelt nicht, wenn nicht jedes Jndividuum oder jeder Theil es ist, und die Gesellschaft also aufhoͤrt, wie Theile zu einem Ganzen organisirt zu seyn. So lange es dies nun ist, bleibt auch der Antheil des Staats an der Bestimmung seiner Verhaͤltnisse. Er ist aber denkend und handelnd eine Negation, und bestimmt folglich gar nicht. Mithin ist das Verhaͤltniß der Theile zu einem Ganzen selbst nur das Unbestimmte und Mangelhafte in der Gesellschaft, und diese wird sich in ihren Formen immer nach Umstaͤnden fuͤgen, die aus dem Widerstreite der Kraͤfte gebietend hervorgehen. Durch das Verhaͤltniß der Menschen, als Theile zu einem Ganzen, ist also die Wirksamkeit eines jeden fuͤr das Ganze bestimmt, und dieses allein ist der Zweck der Thaͤtigkeit Aller. Aber das kann der Mensch nicht, ohne seine Vernuͤnftigkeit zu verlieren. Er ist genoͤthigt, sein Handeln auf sich selbst zu beziehen, wie es wirklich das seinige ist, und so lebt er in der Gesellschaft gar nicht als Theil, sondern selbst als ein Ganzes. Hieraus entsteht fuͤr die Gesellschaft ein Widerstreit. Eines jeden Thaͤtigkeit ist bestimmt durch das Verhaͤltniß im Staate, wo er nicht das Ganze ist: und jeder bezieht gleichwol nothwendig sein Thun auf sich selbst, wo er wirklich das Ganze ist. Das <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0164" n="156"/> <p>Das Ganze, das wir Gesellschaft im Staate nennen, wird nicht bloß durch die Theile, sondern die Theile werden auch durch das Ganze bestimmt, indem ein jeder im Staate geboren und erzogen wird. Das Ganze aber ist nicht, und denkt nicht und handelt nicht, wenn nicht jedes Jndividuum oder jeder Theil es ist, und die Gesellschaft also aufhoͤrt, wie Theile zu einem Ganzen organisirt zu seyn. So lange es dies nun ist, bleibt auch der Antheil des Staats an der Bestimmung seiner Verhaͤltnisse. Er ist aber denkend und handelnd eine Negation, und bestimmt folglich gar nicht. Mithin ist das Verhaͤltniß der Theile zu einem Ganzen selbst nur das Unbestimmte und Mangelhafte in der Gesellschaft, und diese wird sich in ihren Formen immer nach Umstaͤnden fuͤgen, die aus dem Widerstreite der Kraͤfte gebietend hervorgehen.</p><lb/> <p>Durch das Verhaͤltniß der Menschen, als Theile zu einem Ganzen, ist also die Wirksamkeit eines jeden <hi rendition="#g">fuͤr</hi> das Ganze bestimmt, und dieses allein ist der Zweck der Thaͤtigkeit Aller.</p><lb/> <p>Aber das kann der Mensch nicht, ohne seine Vernuͤnftigkeit zu verlieren. Er ist genoͤthigt, sein Handeln auf sich selbst zu beziehen, wie es wirklich das seinige ist, und so lebt er in der Gesellschaft gar nicht als Theil, sondern selbst als ein Ganzes.</p><lb/> <p>Hieraus entsteht fuͤr die Gesellschaft ein Widerstreit. Eines jeden Thaͤtigkeit ist bestimmt durch das Verhaͤltniß im Staate, wo er nicht das Ganze ist: und jeder bezieht gleichwol nothwendig sein Thun auf sich selbst, wo er <hi rendition="#g">wirklich</hi> das Ganze ist. Das </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [156/0164]
Das Ganze, das wir Gesellschaft im Staate nennen, wird nicht bloß durch die Theile, sondern die Theile werden auch durch das Ganze bestimmt, indem ein jeder im Staate geboren und erzogen wird. Das Ganze aber ist nicht, und denkt nicht und handelt nicht, wenn nicht jedes Jndividuum oder jeder Theil es ist, und die Gesellschaft also aufhoͤrt, wie Theile zu einem Ganzen organisirt zu seyn. So lange es dies nun ist, bleibt auch der Antheil des Staats an der Bestimmung seiner Verhaͤltnisse. Er ist aber denkend und handelnd eine Negation, und bestimmt folglich gar nicht. Mithin ist das Verhaͤltniß der Theile zu einem Ganzen selbst nur das Unbestimmte und Mangelhafte in der Gesellschaft, und diese wird sich in ihren Formen immer nach Umstaͤnden fuͤgen, die aus dem Widerstreite der Kraͤfte gebietend hervorgehen.
Durch das Verhaͤltniß der Menschen, als Theile zu einem Ganzen, ist also die Wirksamkeit eines jeden fuͤr das Ganze bestimmt, und dieses allein ist der Zweck der Thaͤtigkeit Aller.
Aber das kann der Mensch nicht, ohne seine Vernuͤnftigkeit zu verlieren. Er ist genoͤthigt, sein Handeln auf sich selbst zu beziehen, wie es wirklich das seinige ist, und so lebt er in der Gesellschaft gar nicht als Theil, sondern selbst als ein Ganzes.
Hieraus entsteht fuͤr die Gesellschaft ein Widerstreit. Eines jeden Thaͤtigkeit ist bestimmt durch das Verhaͤltniß im Staate, wo er nicht das Ganze ist: und jeder bezieht gleichwol nothwendig sein Thun auf sich selbst, wo er wirklich das Ganze ist. Das
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