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Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 2. Berlin, 1799.

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uns selbst ruht die Ewigkeit, die wir mit freyer Kraft hervorrufen, und alles ist also wirklich als eine Welt, die wir begreifen in unserm freyen und ewigen Handeln.

Jeder frage sich also nur, was ist der Mensch unter Menschen in seiner freyen Wirksamkeit? und die Antwort lehre ihn sein schönes Verhältniß verehren und in ihm seine Wirksamkeit erhöhen und veredlen. Jeder freue sich dann gern, wenn er die Thorheit gedeutet, und eine Thräne getrocknet hat. Aber aus Herzensgrunde wolle er nicht lachen, so lange noch einer nur weinet. Jn der stillen Verborgenheit seiner selbst wecke er fort ein höheres Sehnen nach dem Menschen, und verschließe dann seine Brust nicht, damit sein Wunsch laut werde, und jeder in ihm seinen eignen nur erkenne. Nur unter Menschen ist er Mensch, und nur ein schöner Kreis umfaßt das ganze Geschlecht. Darum soll alles, was er selbst ist, durch freie That im Lichtkreise des Lebens Wirklichkeit haben, und den theilnehmenden und geisterhellten Augen der Menschen nicht verborgen bleiben. Fürchte nur keiner den Blick auf die Menschen um sich her, und wisse er nur ihr ganzes Nachstreben zu deuten. Es ist noch immer die eine und selbe Natur, in der wir leben und sind, und wir würden gar nicht existiren, wenn wir je aus ihrem Verhältnisse herausgetreten wären oder heraustreten könnten. Darum ist dieser Stand -- der Stand der Natur -- der bleibende und nothwendige, der ewig unsre ganze Wirksamkeit begreift, und auf den folglich auch alle unsre Einrichtungen nur abzwecken. Jn ihm ist der Mensch

uns selbst ruht die Ewigkeit, die wir mit freyer Kraft hervorrufen, und alles ist also wirklich als eine Welt, die wir begreifen in unserm freyen und ewigen Handeln.

Jeder frage sich also nur, was ist der Mensch unter Menschen in seiner freyen Wirksamkeit? und die Antwort lehre ihn sein schoͤnes Verhaͤltniß verehren und in ihm seine Wirksamkeit erhoͤhen und veredlen. Jeder freue sich dann gern, wenn er die Thorheit gedeutet, und eine Thraͤne getrocknet hat. Aber aus Herzensgrunde wolle er nicht lachen, so lange noch einer nur weinet. Jn der stillen Verborgenheit seiner selbst wecke er fort ein hoͤheres Sehnen nach dem Menschen, und verschließe dann seine Brust nicht, damit sein Wunsch laut werde, und jeder in ihm seinen eignen nur erkenne. Nur unter Menschen ist er Mensch, und nur ein schoͤner Kreis umfaßt das ganze Geschlecht. Darum soll alles, was er selbst ist, durch freie That im Lichtkreise des Lebens Wirklichkeit haben, und den theilnehmenden und geisterhellten Augen der Menschen nicht verborgen bleiben. Fuͤrchte nur keiner den Blick auf die Menschen um sich her, und wisse er nur ihr ganzes Nachstreben zu deuten. Es ist noch immer die eine und selbe Natur, in der wir leben und sind, und wir wuͤrden gar nicht existiren, wenn wir je aus ihrem Verhaͤltnisse herausgetreten waͤren oder heraustreten koͤnnten. Darum ist dieser Stand — der Stand der Natur — der bleibende und nothwendige, der ewig unsre ganze Wirksamkeit begreift, und auf den folglich auch alle unsre Einrichtungen nur abzwecken. Jn ihm ist der Mensch

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[174/0182] uns selbst ruht die Ewigkeit, die wir mit freyer Kraft hervorrufen, und alles ist also wirklich als eine Welt, die wir begreifen in unserm freyen und ewigen Handeln. Jeder frage sich also nur, was ist der Mensch unter Menschen in seiner freyen Wirksamkeit? und die Antwort lehre ihn sein schoͤnes Verhaͤltniß verehren und in ihm seine Wirksamkeit erhoͤhen und veredlen. Jeder freue sich dann gern, wenn er die Thorheit gedeutet, und eine Thraͤne getrocknet hat. Aber aus Herzensgrunde wolle er nicht lachen, so lange noch einer nur weinet. Jn der stillen Verborgenheit seiner selbst wecke er fort ein hoͤheres Sehnen nach dem Menschen, und verschließe dann seine Brust nicht, damit sein Wunsch laut werde, und jeder in ihm seinen eignen nur erkenne. Nur unter Menschen ist er Mensch, und nur ein schoͤner Kreis umfaßt das ganze Geschlecht. Darum soll alles, was er selbst ist, durch freie That im Lichtkreise des Lebens Wirklichkeit haben, und den theilnehmenden und geisterhellten Augen der Menschen nicht verborgen bleiben. Fuͤrchte nur keiner den Blick auf die Menschen um sich her, und wisse er nur ihr ganzes Nachstreben zu deuten. Es ist noch immer die eine und selbe Natur, in der wir leben und sind, und wir wuͤrden gar nicht existiren, wenn wir je aus ihrem Verhaͤltnisse herausgetreten waͤren oder heraustreten koͤnnten. Darum ist dieser Stand — der Stand der Natur — der bleibende und nothwendige, der ewig unsre ganze Wirksamkeit begreift, und auf den folglich auch alle unsre Einrichtungen nur abzwecken. Jn ihm ist der Mensch

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Zitationshilfe: Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 2. Berlin, 1799, S. 174. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_athenaeum_1799/182>, abgerufen am 18.05.2024.