Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 2. Berlin, 1799.halten zu lassen, möchte nicht jeder bestehn, ohne daß er statt des Furchtbaren das Lächerliche ergriffe. Jn Ansehung der Teufel hat Dante seinen mahlerischen Komponisten aus der Verlegenheit gesetzt, eine edle ja majestätische Bosheit (man verstehe wohl: nicht feindselige Leidenschaften von einem großen Charakter, was sehr wohl angeht, sondern Verworfenheit mit diesem vereinigt) schildern zu sollen. Er versenkt sie vielmehr in das Thierische, und giebt ihnen die Keckheit origineller und mit sich einstimmiger Naturen, was Flaxmann besonders in den Malebranche meisterhaft ausgedrückt und sie dabey sehr mannichfaltig charakterisirt hat. Lucifers Scheußlichkeit war einmal nicht zu mildern, und wenn der Künstler auch diese Aufgabe nicht übergehen wollte, so that er wohl, jeden Gedanken an ein menschliches Gesicht zu entfernen: Denn nur durch unwillkürlich angestellte Vergleichungen dringt sich das Mißgestaltete uns in eine widerliche Nähe auf. Zweymal kommt in der göttlichen Komödie die Erzählung vor, daß sich ein Abgesandter des Himmels und der Hölle beym Tode eines Menschen um den Besitz seiner Seele streiten, und beydemale ist sie in dieser Sammlung skizzirt. Das eine Mal zieht der gute Engel den Abgeschiednen an beyden Händen zum Himmel empor, und der Böse schleicht mit hämischen Fratzen besiegt davon. Auf dem andern Blatt liegt Graf Guido von Montefeltro, der nach einem ränkevollen Leben sich als Franziskaner hatte einkleiden lassen, todt in der Mönchskutte mit eingedrucktem Kopf halten zu lassen, moͤchte nicht jeder bestehn, ohne daß er statt des Furchtbaren das Laͤcherliche ergriffe. Jn Ansehung der Teufel hat Dante seinen mahlerischen Komponisten aus der Verlegenheit gesetzt, eine edle ja majestaͤtische Bosheit (man verstehe wohl: nicht feindselige Leidenschaften von einem großen Charakter, was sehr wohl angeht, sondern Verworfenheit mit diesem vereinigt) schildern zu sollen. Er versenkt sie vielmehr in das Thierische, und giebt ihnen die Keckheit origineller und mit sich einstimmiger Naturen, was Flaxmann besonders in den Malebranche meisterhaft ausgedruͤckt und sie dabey sehr mannichfaltig charakterisirt hat. Lucifers Scheußlichkeit war einmal nicht zu mildern, und wenn der Kuͤnstler auch diese Aufgabe nicht uͤbergehen wollte, so that er wohl, jeden Gedanken an ein menschliches Gesicht zu entfernen: Denn nur durch unwillkuͤrlich angestellte Vergleichungen dringt sich das Mißgestaltete uns in eine widerliche Naͤhe auf. Zweymal kommt in der goͤttlichen Komoͤdie die Erzaͤhlung vor, daß sich ein Abgesandter des Himmels und der Hoͤlle beym Tode eines Menschen um den Besitz seiner Seele streiten, und beydemale ist sie in dieser Sammlung skizzirt. Das eine Mal zieht der gute Engel den Abgeschiednen an beyden Haͤnden zum Himmel empor, und der Boͤse schleicht mit haͤmischen Fratzen besiegt davon. Auf dem andern Blatt liegt Graf Guido von Montefeltro, der nach einem raͤnkevollen Leben sich als Franziskaner hatte einkleiden lassen, todt in der Moͤnchskutte mit eingedrucktem Kopf <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0225" n="215"/> halten zu lassen, moͤchte nicht jeder bestehn, ohne daß er statt des Furchtbaren das Laͤcherliche ergriffe.</p><lb/> <p>Jn Ansehung der Teufel hat Dante seinen mahlerischen Komponisten aus der Verlegenheit gesetzt, eine edle ja majestaͤtische Bosheit (man verstehe wohl: nicht feindselige Leidenschaften von einem großen Charakter, was sehr wohl angeht, sondern Verworfenheit mit diesem vereinigt) schildern zu sollen. Er versenkt sie vielmehr in das Thierische, und giebt ihnen die Keckheit origineller und mit sich einstimmiger Naturen, was Flaxmann besonders in den Malebranche meisterhaft ausgedruͤckt und sie dabey sehr mannichfaltig charakterisirt hat. Lucifers Scheußlichkeit war einmal nicht zu mildern, und wenn der Kuͤnstler auch <hi rendition="#g">diese</hi> Aufgabe nicht uͤbergehen wollte, so that er wohl, jeden Gedanken an ein menschliches Gesicht zu entfernen: Denn nur durch unwillkuͤrlich angestellte Vergleichungen dringt sich das Mißgestaltete uns in eine widerliche Naͤhe auf.</p><lb/> <p>Zweymal kommt in der goͤttlichen Komoͤdie die Erzaͤhlung vor, daß sich ein Abgesandter des Himmels und der Hoͤlle beym Tode eines Menschen um den Besitz seiner Seele streiten, und beydemale ist sie in dieser Sammlung skizzirt. Das eine Mal zieht der gute Engel den Abgeschiednen an beyden Haͤnden zum Himmel empor, und der Boͤse schleicht mit haͤmischen Fratzen besiegt davon. Auf dem andern Blatt liegt Graf Guido von Montefeltro, der nach einem raͤnkevollen Leben sich als Franziskaner hatte einkleiden lassen, todt in der Moͤnchskutte mit eingedrucktem Kopf </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [215/0225]
halten zu lassen, moͤchte nicht jeder bestehn, ohne daß er statt des Furchtbaren das Laͤcherliche ergriffe.
Jn Ansehung der Teufel hat Dante seinen mahlerischen Komponisten aus der Verlegenheit gesetzt, eine edle ja majestaͤtische Bosheit (man verstehe wohl: nicht feindselige Leidenschaften von einem großen Charakter, was sehr wohl angeht, sondern Verworfenheit mit diesem vereinigt) schildern zu sollen. Er versenkt sie vielmehr in das Thierische, und giebt ihnen die Keckheit origineller und mit sich einstimmiger Naturen, was Flaxmann besonders in den Malebranche meisterhaft ausgedruͤckt und sie dabey sehr mannichfaltig charakterisirt hat. Lucifers Scheußlichkeit war einmal nicht zu mildern, und wenn der Kuͤnstler auch diese Aufgabe nicht uͤbergehen wollte, so that er wohl, jeden Gedanken an ein menschliches Gesicht zu entfernen: Denn nur durch unwillkuͤrlich angestellte Vergleichungen dringt sich das Mißgestaltete uns in eine widerliche Naͤhe auf.
Zweymal kommt in der goͤttlichen Komoͤdie die Erzaͤhlung vor, daß sich ein Abgesandter des Himmels und der Hoͤlle beym Tode eines Menschen um den Besitz seiner Seele streiten, und beydemale ist sie in dieser Sammlung skizzirt. Das eine Mal zieht der gute Engel den Abgeschiednen an beyden Haͤnden zum Himmel empor, und der Boͤse schleicht mit haͤmischen Fratzen besiegt davon. Auf dem andern Blatt liegt Graf Guido von Montefeltro, der nach einem raͤnkevollen Leben sich als Franziskaner hatte einkleiden lassen, todt in der Moͤnchskutte mit eingedrucktem Kopf
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