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Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 2. Berlin, 1799.

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auf einem härnen Lager, von der Seite der Füße her schwebt Sankt Franciscus herzu, gegenüber hat der schwarze Cherub dem Todten ein Knie auf die Brust gesetzt, streckt über ihm schwebend die Krallen weit vor, und schreyt gegen den Heiligen auf: Nol portar! non mi far torto! Die Zusammensetzung ist neu und kühn gedacht, und die stille Bedenklichkeit des Heiligen, die habsüchtige Hast seines Gegners und die nun unbeweglich gewordne Heucheley des Verstorbenen unverbesserlich kontrastirt.

Man hat häufig Dante, und mit ihm Michelangelo, aus den gewöhnlichen oberflächlichen Gründen getadelt, daß sie heidnische Mythologie unter katholische Vorstellungsarten gemischt; während das tiefere Gefühl einen großen Zusammenhang ahndet, und sie rechtfertigt. Es gehört mit zu den Mysterien der Hölle, die Fantome einer blinden Vorwelt, in schreckliche Wirklichkeit verwandelt, aufzustellen. Ueberdieß mochte Dante immerhin aus dem klassischen Alterthume entlehnen wollen: es ist damit, als wenn er sich für einen Nachahmer Virgils ausgiebt, welches ihm niemand glaubt; so bald jene Bilder in die Seltsamkeit seines Geistes wie eingetaucht sind, treten sie auch als einheimische in seine Welt ein. Unserm Künstler ist dieß nicht entgangen, er hat die mythologischen Figuren durch ein ähnliches Medium gehen lassen, und den Charon, Cerberus, die Furien, die Centauren u. s. w. ganz anders behandelt, als er bey einem antiken Gegenstande gethan haben würde. Bey der näheren Betrachtung seiner Homerischen und Aeschylischen Umrisse werden wir sehen,

auf einem haͤrnen Lager, von der Seite der Fuͤße her schwebt Sankt Franciscus herzu, gegenuͤber hat der schwarze Cherub dem Todten ein Knie auf die Brust gesetzt, streckt uͤber ihm schwebend die Krallen weit vor, und schreyt gegen den Heiligen auf: Nol portar! non mi far torto! Die Zusammensetzung ist neu und kuͤhn gedacht, und die stille Bedenklichkeit des Heiligen, die habsuͤchtige Hast seines Gegners und die nun unbeweglich gewordne Heucheley des Verstorbenen unverbesserlich kontrastirt.

Man hat haͤufig Dante, und mit ihm Michelangelo, aus den gewoͤhnlichen oberflaͤchlichen Gruͤnden getadelt, daß sie heidnische Mythologie unter katholische Vorstellungsarten gemischt; waͤhrend das tiefere Gefuͤhl einen großen Zusammenhang ahndet, und sie rechtfertigt. Es gehoͤrt mit zu den Mysterien der Hoͤlle, die Fantome einer blinden Vorwelt, in schreckliche Wirklichkeit verwandelt, aufzustellen. Ueberdieß mochte Dante immerhin aus dem klassischen Alterthume entlehnen wollen: es ist damit, als wenn er sich fuͤr einen Nachahmer Virgils ausgiebt, welches ihm niemand glaubt; so bald jene Bilder in die Seltsamkeit seines Geistes wie eingetaucht sind, treten sie auch als einheimische in seine Welt ein. Unserm Kuͤnstler ist dieß nicht entgangen, er hat die mythologischen Figuren durch ein aͤhnliches Medium gehen lassen, und den Charon, Cerberus, die Furien, die Centauren u. s. w. ganz anders behandelt, als er bey einem antiken Gegenstande gethan haben wuͤrde. Bey der naͤheren Betrachtung seiner Homerischen und Aeschylischen Umrisse werden wir sehen,

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[216/0226] auf einem haͤrnen Lager, von der Seite der Fuͤße her schwebt Sankt Franciscus herzu, gegenuͤber hat der schwarze Cherub dem Todten ein Knie auf die Brust gesetzt, streckt uͤber ihm schwebend die Krallen weit vor, und schreyt gegen den Heiligen auf: Nol portar! non mi far torto! Die Zusammensetzung ist neu und kuͤhn gedacht, und die stille Bedenklichkeit des Heiligen, die habsuͤchtige Hast seines Gegners und die nun unbeweglich gewordne Heucheley des Verstorbenen unverbesserlich kontrastirt. Man hat haͤufig Dante, und mit ihm Michelangelo, aus den gewoͤhnlichen oberflaͤchlichen Gruͤnden getadelt, daß sie heidnische Mythologie unter katholische Vorstellungsarten gemischt; waͤhrend das tiefere Gefuͤhl einen großen Zusammenhang ahndet, und sie rechtfertigt. Es gehoͤrt mit zu den Mysterien der Hoͤlle, die Fantome einer blinden Vorwelt, in schreckliche Wirklichkeit verwandelt, aufzustellen. Ueberdieß mochte Dante immerhin aus dem klassischen Alterthume entlehnen wollen: es ist damit, als wenn er sich fuͤr einen Nachahmer Virgils ausgiebt, welches ihm niemand glaubt; so bald jene Bilder in die Seltsamkeit seines Geistes wie eingetaucht sind, treten sie auch als einheimische in seine Welt ein. Unserm Kuͤnstler ist dieß nicht entgangen, er hat die mythologischen Figuren durch ein aͤhnliches Medium gehen lassen, und den Charon, Cerberus, die Furien, die Centauren u. s. w. ganz anders behandelt, als er bey einem antiken Gegenstande gethan haben wuͤrde. Bey der naͤheren Betrachtung seiner Homerischen und Aeschylischen Umrisse werden wir sehen,

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Zitationshilfe: Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 2. Berlin, 1799, S. 216. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_athenaeum_1799/226>, abgerufen am 21.11.2024.