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Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 2. Berlin, 1799.

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der eigentliche Pulsschlag des höheren Lebens, und die erste Bedingung der sittlichen Gesundheit. Je vollständiger man ein Jndividuum lieben oder bilden kann, je mehr Harmonie findet man in der Welt: je mehr man von der Organisazion des Universums versteht, je reicher, unendlicher und weltähnlicher wird uns jeder Gegenstand. Ja ich glaube fast, daß weise Selbstbeschränkung und stille Bescheidenheit des Geistes dem Menschen nicht nothwendiger ist, als die innigste, ganz rastlose, beynah gefräßige Theilnahme an allem Leben, und ein gewisses Gefühl von der Heiligkeit verschwenderischer Fülle.

Freylich läßt sich's auch ohne diesen Umfang und diese Tiefe ganz leidlich, ja recht lustig leben. Wir sehen es ja alle Tage, und es geht alles in der einfachsten Ordnung zu, und ist sogar im beständigen Fortschreiten. Der häusliche Mensch bildet sich nach der Heerde, wo er eben gefüttert wird, und besonders nach dem göttlichen Hirten; wenn er reif wird, so pflanzt er sich an, und thut Verzicht auf den thörichten Wunsch, sich frey zu bewegen, bis er endlich versteinert, wo er denn oft noch auf seine alten Tage als Caricatur in bunte Farben zu spielen anfängt. Der bürgerliche Mensch wird zuvörderst freylich nicht ohne Mühe und Noth zur Maschine gezimmert und gedrechselt. Er hat sein Glück gemacht, wenn er nun auch eine Zahl in der politischen Summe geworden ist, und er kann in jeder Rücksicht vollendet heißen, wenn er sich zuletzt aus einer menschlichen Person in eine Figur verwandelt hat. Wie die Einzelnen, so

der eigentliche Pulsschlag des hoͤheren Lebens, und die erste Bedingung der sittlichen Gesundheit. Je vollstaͤndiger man ein Jndividuum lieben oder bilden kann, je mehr Harmonie findet man in der Welt: je mehr man von der Organisazion des Universums versteht, je reicher, unendlicher und weltaͤhnlicher wird uns jeder Gegenstand. Ja ich glaube fast, daß weise Selbstbeschraͤnkung und stille Bescheidenheit des Geistes dem Menschen nicht nothwendiger ist, als die innigste, ganz rastlose, beynah gefraͤßige Theilnahme an allem Leben, und ein gewisses Gefuͤhl von der Heiligkeit verschwenderischer Fuͤlle.

Freylich laͤßt sich's auch ohne diesen Umfang und diese Tiefe ganz leidlich, ja recht lustig leben. Wir sehen es ja alle Tage, und es geht alles in der einfachsten Ordnung zu, und ist sogar im bestaͤndigen Fortschreiten. Der haͤusliche Mensch bildet sich nach der Heerde, wo er eben gefuͤttert wird, und besonders nach dem goͤttlichen Hirten; wenn er reif wird, so pflanzt er sich an, und thut Verzicht auf den thoͤrichten Wunsch, sich frey zu bewegen, bis er endlich versteinert, wo er denn oft noch auf seine alten Tage als Caricatur in bunte Farben zu spielen anfaͤngt. Der buͤrgerliche Mensch wird zuvoͤrderst freylich nicht ohne Muͤhe und Noth zur Maschine gezimmert und gedrechselt. Er hat sein Gluͤck gemacht, wenn er nun auch eine Zahl in der politischen Summe geworden ist, und er kann in jeder Ruͤcksicht vollendet heißen, wenn er sich zuletzt aus einer menschlichen Person in eine Figur verwandelt hat. Wie die Einzelnen, so

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[16/0024] der eigentliche Pulsschlag des hoͤheren Lebens, und die erste Bedingung der sittlichen Gesundheit. Je vollstaͤndiger man ein Jndividuum lieben oder bilden kann, je mehr Harmonie findet man in der Welt: je mehr man von der Organisazion des Universums versteht, je reicher, unendlicher und weltaͤhnlicher wird uns jeder Gegenstand. Ja ich glaube fast, daß weise Selbstbeschraͤnkung und stille Bescheidenheit des Geistes dem Menschen nicht nothwendiger ist, als die innigste, ganz rastlose, beynah gefraͤßige Theilnahme an allem Leben, und ein gewisses Gefuͤhl von der Heiligkeit verschwenderischer Fuͤlle. Freylich laͤßt sich's auch ohne diesen Umfang und diese Tiefe ganz leidlich, ja recht lustig leben. Wir sehen es ja alle Tage, und es geht alles in der einfachsten Ordnung zu, und ist sogar im bestaͤndigen Fortschreiten. Der haͤusliche Mensch bildet sich nach der Heerde, wo er eben gefuͤttert wird, und besonders nach dem goͤttlichen Hirten; wenn er reif wird, so pflanzt er sich an, und thut Verzicht auf den thoͤrichten Wunsch, sich frey zu bewegen, bis er endlich versteinert, wo er denn oft noch auf seine alten Tage als Caricatur in bunte Farben zu spielen anfaͤngt. Der buͤrgerliche Mensch wird zuvoͤrderst freylich nicht ohne Muͤhe und Noth zur Maschine gezimmert und gedrechselt. Er hat sein Gluͤck gemacht, wenn er nun auch eine Zahl in der politischen Summe geworden ist, und er kann in jeder Ruͤcksicht vollendet heißen, wenn er sich zuletzt aus einer menschlichen Person in eine Figur verwandelt hat. Wie die Einzelnen, so

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Zitationshilfe: Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 2. Berlin, 1799, S. 16. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_athenaeum_1799/24>, abgerufen am 21.11.2024.