Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 2. Berlin, 1799.

Bild:
<< vorherige Seite
72.
Jch glaube nicht, daß jemals vor Biren
Der holde Leib so nackt sich sehen lassen.
Wie konnt' er sonst die Grausamkeit begehn,
Und in der öden Wildniß sie verlassen?
Obert ist ganz entzündet sie zu sehn,
Sein Busen kann das Feuer nicht mehr fassen.
Er tröstet eifrig sie, und macht ihr Muth,
Aus ihrem Unglück komme noch ein Gut.
73.
Er schwört, er will nach Holland sie begleiten,
Sie wieder einzusetzen in ihr Recht,
Und furchtbar dem Vergeltung zu bereiten,
Der sich des Meineids und Verraths erfrecht.
Mit allen Kräften Jrlands will er streiten,
Nicht ruhn noch zögern, bis er sie gerächt.
Er schickt indeß in dieß und jenes Haus
Nach Röcken und nach Frauenkleidern aus.
74.
Es that nicht Noth, daß sie sie weit verschrieben,
Noch aus der Jnsel, sie zu suchen, gingen,
Weil ihrer täglich von den Frauen blieben,
Die jenes Unthier pflegte zu verschlingen.
Jn kurzem hat sie Obert aufgetrieben
Von jedem Schnitt, und läßt vor allen Dingen
Olimpia kleiden; doch er findet leider,
Nach Wunsche sie zu schmücken, keine Kleider.
72.
Jch glaube nicht, daß jemals vor Biren
Der holde Leib so nackt sich sehen lassen.
Wie konnt' er sonst die Grausamkeit begehn,
Und in der oͤden Wildniß sie verlassen?
Obert ist ganz entzuͤndet sie zu sehn,
Sein Busen kann das Feuer nicht mehr fassen.
Er troͤstet eifrig sie, und macht ihr Muth,
Aus ihrem Ungluͤck komme noch ein Gut.
73.
Er schwoͤrt, er will nach Holland sie begleiten,
Sie wieder einzusetzen in ihr Recht,
Und furchtbar dem Vergeltung zu bereiten,
Der sich des Meineids und Verraths erfrecht.
Mit allen Kraͤften Jrlands will er streiten,
Nicht ruhn noch zoͤgern, bis er sie geraͤcht.
Er schickt indeß in dieß und jenes Haus
Nach Roͤcken und nach Frauenkleidern aus.
74.
Es that nicht Noth, daß sie sie weit verschrieben,
Noch aus der Jnsel, sie zu suchen, gingen,
Weil ihrer taͤglich von den Frauen blieben,
Die jenes Unthier pflegte zu verschlingen.
Jn kurzem hat sie Obert aufgetrieben
Von jedem Schnitt, und laͤßt vor allen Dingen
Olimpia kleiden; doch er findet leider,
Nach Wunsche sie zu schmuͤcken, keine Kleider.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <lg type="poem">
              <pb facs="#f0283" n="273"/>
              <lg n="72">
                <head> <hi rendition="#c">72.</hi> </head>
                <l>Jch glaube nicht, daß jemals vor Biren</l><lb/>
                <l>Der holde Leib so nackt sich sehen lassen.</l><lb/>
                <l>Wie konnt' er sonst die Grausamkeit begehn,</l><lb/>
                <l>Und in der o&#x0364;den Wildniß sie verlassen?</l><lb/>
                <l>Obert ist ganz entzu&#x0364;ndet sie zu sehn,</l><lb/>
                <l>Sein Busen kann das Feuer nicht mehr fassen.</l><lb/>
                <l>Er tro&#x0364;stet eifrig sie, und macht ihr Muth,</l><lb/>
                <l>Aus ihrem Unglu&#x0364;ck komme noch ein Gut.</l>
              </lg><lb/>
              <lg n="73">
                <head> <hi rendition="#c">73.</hi> </head>
                <l>Er schwo&#x0364;rt, er will nach Holland sie begleiten,</l><lb/>
                <l>Sie wieder einzusetzen in ihr Recht,</l><lb/>
                <l>Und furchtbar dem Vergeltung zu bereiten,</l><lb/>
                <l>Der sich des Meineids und Verraths erfrecht.</l><lb/>
                <l>Mit allen Kra&#x0364;ften Jrlands will er streiten,</l><lb/>
                <l>Nicht ruhn noch zo&#x0364;gern, bis er sie gera&#x0364;cht.</l><lb/>
                <l>Er schickt indeß in dieß und jenes Haus</l><lb/>
                <l>Nach Ro&#x0364;cken und nach Frauenkleidern aus.</l>
              </lg><lb/>
              <lg n="74">
                <head> <hi rendition="#c">74.</hi> </head>
                <l>Es that nicht Noth, daß sie sie weit verschrieben,</l><lb/>
                <l>Noch aus der Jnsel, sie zu suchen, gingen,</l><lb/>
                <l>Weil ihrer ta&#x0364;glich von den Frauen blieben,</l><lb/>
                <l>Die jenes Unthier pflegte zu verschlingen.</l><lb/>
                <l>Jn kurzem hat sie Obert aufgetrieben</l><lb/>
                <l>Von jedem Schnitt, und la&#x0364;ßt vor allen Dingen</l><lb/>
                <l>Olimpia kleiden; doch er findet leider,</l><lb/>
                <l>Nach Wunsche sie zu schmu&#x0364;cken, keine Kleider.</l>
              </lg>
            </lg>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[273/0283] 72. Jch glaube nicht, daß jemals vor Biren Der holde Leib so nackt sich sehen lassen. Wie konnt' er sonst die Grausamkeit begehn, Und in der oͤden Wildniß sie verlassen? Obert ist ganz entzuͤndet sie zu sehn, Sein Busen kann das Feuer nicht mehr fassen. Er troͤstet eifrig sie, und macht ihr Muth, Aus ihrem Ungluͤck komme noch ein Gut. 73. Er schwoͤrt, er will nach Holland sie begleiten, Sie wieder einzusetzen in ihr Recht, Und furchtbar dem Vergeltung zu bereiten, Der sich des Meineids und Verraths erfrecht. Mit allen Kraͤften Jrlands will er streiten, Nicht ruhn noch zoͤgern, bis er sie geraͤcht. Er schickt indeß in dieß und jenes Haus Nach Roͤcken und nach Frauenkleidern aus. 74. Es that nicht Noth, daß sie sie weit verschrieben, Noch aus der Jnsel, sie zu suchen, gingen, Weil ihrer taͤglich von den Frauen blieben, Die jenes Unthier pflegte zu verschlingen. Jn kurzem hat sie Obert aufgetrieben Von jedem Schnitt, und laͤßt vor allen Dingen Olimpia kleiden; doch er findet leider, Nach Wunsche sie zu schmuͤcken, keine Kleider.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_athenaeum_1799
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_athenaeum_1799/283
Zitationshilfe: Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 2. Berlin, 1799, S. 273. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_athenaeum_1799/283>, abgerufen am 22.11.2024.