Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 2. Berlin, 1799.Wir werden unsre Ansichten so klar als möglich darzustellen versuchen, und die Motive nie verschweigen. Aber freylich giebt es Fälle, wo es am besten ist, kategorisch zu urtheilen, und das, wodurch das Urtheil motivirt ist, in dieses selbst hineinzulegen, ohne alle Förmlichkeit; auch giebt es in jeder Kritik, sie mag noch so förmlich seyn, irgend einen Punkt, wo das Motiviren ein Ende hat, und wo es nur darauf ankommt, ob der Leser mit dem Beurtheiler übereinstimmen kann und will. Wir erkennen dieß ausdrücklich an und gestehen sonach, daß diese Notizen zwar, insofern sie sich bemühen werden, den litterarischen Fortschritten der Zeit auf dem Fuß zu folgen -- zum Archiv der Zeit, aber nur zu einem Archiv der Zeit und unsers Geschmacks gehören werden. Um jedoch auch der Zeit und ihrem Geschmacke sein Recht wiederfahren zu lassen, werden wir auch den neuesten litterarischen Unarten immer einige flüchtige Worte schenken, und wir glauben das ernste Geschäft keinesweges zu entweihen, sondern vielmehr zu erheitern, wenn wir dem Cachinnus, dem höchsten besten Gotte, der einen so großen Theil der vaterländischen Litteratur zu seiner und zur allgemeinen Belustigung muthwilligerweise erschaffen zu haben scheint, ländlich bescheidne Geschenke von seiner eigenen Gabe darbringen. Wir glauben diese kritiischen Ansichten nicht würdiger eröffnen zu können, als mit den so eben erschienenen Wir werden unsre Ansichten so klar als moͤglich darzustellen versuchen, und die Motive nie verschweigen. Aber freylich giebt es Faͤlle, wo es am besten ist, kategorisch zu urtheilen, und das, wodurch das Urtheil motivirt ist, in dieses selbst hineinzulegen, ohne alle Foͤrmlichkeit; auch giebt es in jeder Kritik, sie mag noch so foͤrmlich seyn, irgend einen Punkt, wo das Motiviren ein Ende hat, und wo es nur darauf ankommt, ob der Leser mit dem Beurtheiler uͤbereinstimmen kann und will. Wir erkennen dieß ausdruͤcklich an und gestehen sonach, daß diese Notizen zwar, insofern sie sich bemuͤhen werden, den litterarischen Fortschritten der Zeit auf dem Fuß zu folgen — zum Archiv der Zeit, aber nur zu einem Archiv der Zeit und unsers Geschmacks gehoͤren werden. Um jedoch auch der Zeit und ihrem Geschmacke sein Recht wiederfahren zu lassen, werden wir auch den neuesten litterarischen Unarten immer einige fluͤchtige Worte schenken, und wir glauben das ernste Geschaͤft keinesweges zu entweihen, sondern vielmehr zu erheitern, wenn wir dem Cachinnus, dem hoͤchsten besten Gotte, der einen so großen Theil der vaterlaͤndischen Litteratur zu seiner und zur allgemeinen Belustigung muthwilligerweise erschaffen zu haben scheint, laͤndlich bescheidne Geschenke von seiner eigenen Gabe darbringen. Wir glauben diese kritiischen Ansichten nicht wuͤrdiger eroͤffnen zu koͤnnen, als mit den so eben erschienenen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0298" n="288"/> <p>Wir werden <choice><sic>nnsre</sic><corr>unsre</corr></choice> Ansichten so klar als moͤglich darzustellen versuchen, und die Motive nie verschweigen. Aber freylich giebt es Faͤlle, wo es am besten ist, kategorisch zu urtheilen, und das, wodurch das Urtheil motivirt ist, in dieses selbst hineinzulegen, ohne alle Foͤrmlichkeit; auch giebt es in jeder Kritik, sie mag noch so foͤrmlich seyn, irgend einen Punkt, wo das Motiviren ein Ende hat, und wo es nur darauf ankommt, ob der Leser mit dem Beurtheiler uͤbereinstimmen kann und will. Wir erkennen dieß ausdruͤcklich an und gestehen sonach, daß diese Notizen zwar, insofern sie sich bemuͤhen werden, den litterarischen Fortschritten der Zeit auf dem Fuß zu folgen — zum Archiv der Zeit, aber nur zu einem Archiv der Zeit und <hi rendition="#g">unsers</hi> Geschmacks gehoͤren werden. Um jedoch auch der <hi rendition="#g">Zeit</hi> und <hi rendition="#g">ihrem</hi> Geschmacke sein Recht wiederfahren zu lassen, werden wir auch den neuesten litterarischen Unarten immer einige fluͤchtige Worte schenken, und wir glauben das ernste Geschaͤft keinesweges zu entweihen, sondern vielmehr zu erheitern, wenn wir dem <hi rendition="#g">Cachinnus</hi>, dem hoͤchsten besten Gotte, der einen so großen Theil der vaterlaͤndischen Litteratur zu seiner und zur allgemeinen Belustigung muthwilligerweise erschaffen zu haben scheint, laͤndlich bescheidne Geschenke von seiner eigenen Gabe darbringen.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <p>Wir glauben diese kritiischen Ansichten nicht wuͤrdiger eroͤffnen zu koͤnnen, als mit den so eben erschienenen </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [288/0298]
Wir werden unsre Ansichten so klar als moͤglich darzustellen versuchen, und die Motive nie verschweigen. Aber freylich giebt es Faͤlle, wo es am besten ist, kategorisch zu urtheilen, und das, wodurch das Urtheil motivirt ist, in dieses selbst hineinzulegen, ohne alle Foͤrmlichkeit; auch giebt es in jeder Kritik, sie mag noch so foͤrmlich seyn, irgend einen Punkt, wo das Motiviren ein Ende hat, und wo es nur darauf ankommt, ob der Leser mit dem Beurtheiler uͤbereinstimmen kann und will. Wir erkennen dieß ausdruͤcklich an und gestehen sonach, daß diese Notizen zwar, insofern sie sich bemuͤhen werden, den litterarischen Fortschritten der Zeit auf dem Fuß zu folgen — zum Archiv der Zeit, aber nur zu einem Archiv der Zeit und unsers Geschmacks gehoͤren werden. Um jedoch auch der Zeit und ihrem Geschmacke sein Recht wiederfahren zu lassen, werden wir auch den neuesten litterarischen Unarten immer einige fluͤchtige Worte schenken, und wir glauben das ernste Geschaͤft keinesweges zu entweihen, sondern vielmehr zu erheitern, wenn wir dem Cachinnus, dem hoͤchsten besten Gotte, der einen so großen Theil der vaterlaͤndischen Litteratur zu seiner und zur allgemeinen Belustigung muthwilligerweise erschaffen zu haben scheint, laͤndlich bescheidne Geschenke von seiner eigenen Gabe darbringen.
Wir glauben diese kritiischen Ansichten nicht wuͤrdiger eroͤffnen zu koͤnnen, als mit den so eben erschienenen
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