Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 2. Berlin, 1799.Die erste ist eine beschränkte Gegend von Bäumen, Wasser und Gestein. Keine hohen Felsen: rechter Hand nur lehnt sich eine bewachsne Masse von Stein sanft hinauf; durch das mittlere Gesträuch hin wird eine Andeutung in die Ferne sichtbar. Mehr rechts vertieft sich das Wasser in die Büsche hinein; ein großer Stein tritt von der linken Seite (nämlich des Zuschauers, nicht des Bildes; so werde ich die Ausdrücke rechts und links in dem folgenden immer gebrauchen) hell hervor. Auf diesem stehn und sitzen in Gespräch begriffen drey Männer, wahrhaft sprechende Figuren. Aber gleichsam wie die erste Gestalt auf dem Bilde zeichnet sich vor den Bäumen zur Linken ein starker unbelaubter Stamm aus. Er strebt wie ein herrschendes Wesen in die Höhe und Breite, man glaubt beseelte Kraft in ihm wirken zu sehen, und die Männer unter seinen Aesten stehn wie seine Diener da. Die Farben ihrer Kleidung stimmen mit denen des Stammes und den hellen Partien des Gesteins überein; sie gehn ins gelblichte und graue, so daß das Schönste und Charakteristische des Bildes wie erleuchtet aussieht. Alles ist auch hier des Geistes voll, alles ist rege. Die Bäume haben kein ruhiges Laub: die Luft scheint es zu zerreißen, und in lang hinstrebende Parthien zu theilen. Doch tobt kein Ungestüm an diesem einsamen Orte; das stille Blau des Himmels blickt hinter den grauen Wolken hervor, und die Bewegung, die ich erblicke, ist erhabnes Leben, nicht wildes Gemüth. Auf andern Landschaften kann man sich vielleicht abgesonderter in die Oede verlieren: Die erste ist eine beschraͤnkte Gegend von Baͤumen, Wasser und Gestein. Keine hohen Felsen: rechter Hand nur lehnt sich eine bewachsne Masse von Stein sanft hinauf; durch das mittlere Gestraͤuch hin wird eine Andeutung in die Ferne sichtbar. Mehr rechts vertieft sich das Wasser in die Buͤsche hinein; ein großer Stein tritt von der linken Seite (naͤmlich des Zuschauers, nicht des Bildes; so werde ich die Ausdruͤcke rechts und links in dem folgenden immer gebrauchen) hell hervor. Auf diesem stehn und sitzen in Gespraͤch begriffen drey Maͤnner, wahrhaft sprechende Figuren. Aber gleichsam wie die erste Gestalt auf dem Bilde zeichnet sich vor den Baͤumen zur Linken ein starker unbelaubter Stamm aus. Er strebt wie ein herrschendes Wesen in die Hoͤhe und Breite, man glaubt beseelte Kraft in ihm wirken zu sehen, und die Maͤnner unter seinen Aesten stehn wie seine Diener da. Die Farben ihrer Kleidung stimmen mit denen des Stammes und den hellen Partien des Gesteins uͤberein; sie gehn ins gelblichte und graue, so daß das Schoͤnste und Charakteristische des Bildes wie erleuchtet aussieht. Alles ist auch hier des Geistes voll, alles ist rege. Die Baͤume haben kein ruhiges Laub: die Luft scheint es zu zerreißen, und in lang hinstrebende Parthien zu theilen. Doch tobt kein Ungestuͤm an diesem einsamen Orte; das stille Blau des Himmels blickt hinter den grauen Wolken hervor, und die Bewegung, die ich erblicke, ist erhabnes Leben, nicht wildes Gemuͤth. Auf andern Landschaften kann man sich vielleicht abgesonderter in die Oede verlieren: <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0065" n="57"/> Die erste ist eine beschraͤnkte Gegend von Baͤumen, Wasser und Gestein. Keine hohen Felsen: rechter Hand nur lehnt sich eine bewachsne Masse von Stein sanft hinauf; durch das mittlere Gestraͤuch hin wird eine Andeutung in die Ferne sichtbar. Mehr rechts vertieft sich das Wasser in die Buͤsche hinein; ein großer Stein tritt von der linken Seite (naͤmlich des Zuschauers, nicht des Bildes; so werde ich die Ausdruͤcke rechts und links in dem folgenden immer gebrauchen) hell hervor. Auf diesem stehn und sitzen in Gespraͤch begriffen drey Maͤnner, wahrhaft sprechende Figuren. Aber gleichsam wie die erste Gestalt auf dem Bilde zeichnet sich vor den Baͤumen zur Linken ein starker unbelaubter Stamm aus. Er strebt wie ein herrschendes Wesen in die Hoͤhe und Breite, man glaubt beseelte Kraft in ihm wirken zu sehen, und die Maͤnner unter seinen Aesten stehn wie seine Diener da. Die Farben ihrer Kleidung stimmen mit denen des Stammes und den hellen Partien des Gesteins uͤberein; sie gehn ins gelblichte und graue, so daß das Schoͤnste und Charakteristische des Bildes wie erleuchtet aussieht. Alles ist auch hier des Geistes voll, alles ist rege. Die Baͤume haben kein ruhiges Laub: die Luft scheint es zu zerreißen, und in lang hinstrebende Parthien zu theilen. Doch tobt kein Ungestuͤm an diesem einsamen Orte; das stille Blau des Himmels blickt hinter den grauen Wolken hervor, und die Bewegung, die ich erblicke, ist erhabnes Leben, nicht wildes Gemuͤth. Auf andern Landschaften kann man sich vielleicht abgesonderter in die Oede verlieren: </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [57/0065]
Die erste ist eine beschraͤnkte Gegend von Baͤumen, Wasser und Gestein. Keine hohen Felsen: rechter Hand nur lehnt sich eine bewachsne Masse von Stein sanft hinauf; durch das mittlere Gestraͤuch hin wird eine Andeutung in die Ferne sichtbar. Mehr rechts vertieft sich das Wasser in die Buͤsche hinein; ein großer Stein tritt von der linken Seite (naͤmlich des Zuschauers, nicht des Bildes; so werde ich die Ausdruͤcke rechts und links in dem folgenden immer gebrauchen) hell hervor. Auf diesem stehn und sitzen in Gespraͤch begriffen drey Maͤnner, wahrhaft sprechende Figuren. Aber gleichsam wie die erste Gestalt auf dem Bilde zeichnet sich vor den Baͤumen zur Linken ein starker unbelaubter Stamm aus. Er strebt wie ein herrschendes Wesen in die Hoͤhe und Breite, man glaubt beseelte Kraft in ihm wirken zu sehen, und die Maͤnner unter seinen Aesten stehn wie seine Diener da. Die Farben ihrer Kleidung stimmen mit denen des Stammes und den hellen Partien des Gesteins uͤberein; sie gehn ins gelblichte und graue, so daß das Schoͤnste und Charakteristische des Bildes wie erleuchtet aussieht. Alles ist auch hier des Geistes voll, alles ist rege. Die Baͤume haben kein ruhiges Laub: die Luft scheint es zu zerreißen, und in lang hinstrebende Parthien zu theilen. Doch tobt kein Ungestuͤm an diesem einsamen Orte; das stille Blau des Himmels blickt hinter den grauen Wolken hervor, und die Bewegung, die ich erblicke, ist erhabnes Leben, nicht wildes Gemuͤth. Auf andern Landschaften kann man sich vielleicht abgesonderter in die Oede verlieren:
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