Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 2. Berlin, 1799.

Bild:
<< vorherige Seite

überließe er sich zum ersten Male seinem Ergötzen an ihm, und finge an Zutrauen zu gewinnen. Zwey Könige sind in etwas steifen Mänteln vor den Stufen nieder gekniet; der schwarze steht noch, und wartet mit vollen Händen bis die Reihe an ihn kömmt. Es ist oft der Fall dieser Könige daß sie kindischer aussehn wie das Kindlein selbst: aber hier schickt sich ihre unmündige Weisheit recht zu dem kleinen embryonischen Jesus, der aber doch Ausdruck hat, und die Hände mit Verwunderung und Freude erhebt. Jm Gesicht des Schwarzen ist die Andacht am gutherzigsten und verwundrungsvollsten. Weiter rechts hinter ihnen stehn zwey wackre Figuren von Männern, wovon der eine dem andern die Sache bedeutet: man könnte sie für ein paar Armenische Kaufleute halten, deren Gespräch nicht sowohl heilige als kostbare Dinge beträfe. Sie haben Hüte auf mit platten Köpfen, vorn weit hinaus in die Höhe gehendem Rand und einzelner Feder, (chapeaux a l'audace) eine kurz geschürzte Kleidung wie eine weitläuftige Weste mit Aermeln, und stellen sich mahlerisch dar. Jhnen folgt ein schöner andächtiger Jüngling mit gesenktem und entblößtem Haupte, die gefalteten Hände bis vor die Brust erhoben, ebenfalls in rother Weste, die Beine nackt. Er gehört nicht bloß zum Gefolge, sein eignes Herz hat ihn gehen heißen. Nach ihm vermehrt und verengt sich das Getümmel der Dienerschaft und des Gepäckes, Menschen und Pferde romantisch durch einander. Kein Kopf ist ohne Ausdruck; entweder der Neugier nach dem was da kommen soll, oder mit gegenwärtiger

uͤberließe er sich zum ersten Male seinem Ergoͤtzen an ihm, und finge an Zutrauen zu gewinnen. Zwey Koͤnige sind in etwas steifen Maͤnteln vor den Stufen nieder gekniet; der schwarze steht noch, und wartet mit vollen Haͤnden bis die Reihe an ihn koͤmmt. Es ist oft der Fall dieser Koͤnige daß sie kindischer aussehn wie das Kindlein selbst: aber hier schickt sich ihre unmuͤndige Weisheit recht zu dem kleinen embryonischen Jesus, der aber doch Ausdruck hat, und die Haͤnde mit Verwunderung und Freude erhebt. Jm Gesicht des Schwarzen ist die Andacht am gutherzigsten und verwundrungsvollsten. Weiter rechts hinter ihnen stehn zwey wackre Figuren von Maͤnnern, wovon der eine dem andern die Sache bedeutet: man koͤnnte sie fuͤr ein paar Armenische Kaufleute halten, deren Gespraͤch nicht sowohl heilige als kostbare Dinge betraͤfe. Sie haben Huͤte auf mit platten Koͤpfen, vorn weit hinaus in die Hoͤhe gehendem Rand und einzelner Feder, (chapeaux à l'audace) eine kurz geschuͤrzte Kleidung wie eine weitlaͤuftige Weste mit Aermeln, und stellen sich mahlerisch dar. Jhnen folgt ein schoͤner andaͤchtiger Juͤngling mit gesenktem und entbloͤßtem Haupte, die gefalteten Haͤnde bis vor die Brust erhoben, ebenfalls in rother Weste, die Beine nackt. Er gehoͤrt nicht bloß zum Gefolge, sein eignes Herz hat ihn gehen heißen. Nach ihm vermehrt und verengt sich das Getuͤmmel der Dienerschaft und des Gepaͤckes, Menschen und Pferde romantisch durch einander. Kein Kopf ist ohne Ausdruck; entweder der Neugier nach dem was da kommen soll, oder mit gegenwaͤrtiger

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0089" n="81"/>
u&#x0364;berließe er sich zum ersten Male seinem Ergo&#x0364;tzen an ihm, und finge an Zutrauen zu gewinnen. Zwey Ko&#x0364;nige sind in etwas steifen Ma&#x0364;nteln vor den Stufen nieder gekniet; der schwarze steht noch, und wartet mit vollen Ha&#x0364;nden bis die Reihe an ihn ko&#x0364;mmt. Es ist oft der Fall dieser Ko&#x0364;nige daß sie kindischer aussehn wie das Kindlein selbst: aber hier schickt sich ihre unmu&#x0364;ndige Weisheit recht zu dem kleinen embryonischen Jesus, der aber doch Ausdruck hat, und die Ha&#x0364;nde mit Verwunderung und Freude erhebt. Jm Gesicht des Schwarzen ist die Andacht am gutherzigsten und verwundrungsvollsten. Weiter rechts hinter ihnen stehn zwey wackre Figuren von Ma&#x0364;nnern, wovon der eine dem andern die Sache bedeutet: man ko&#x0364;nnte sie fu&#x0364;r ein paar Armenische Kaufleute halten, deren Gespra&#x0364;ch nicht sowohl heilige als kostbare Dinge betra&#x0364;fe. Sie haben Hu&#x0364;te auf mit platten Ko&#x0364;pfen, vorn weit hinaus in die Ho&#x0364;he gehendem Rand und einzelner Feder, (chapeaux à l'audace) eine kurz geschu&#x0364;rzte Kleidung wie eine weitla&#x0364;uftige Weste mit Aermeln, und stellen sich mahlerisch dar. Jhnen folgt ein scho&#x0364;ner anda&#x0364;chtiger Ju&#x0364;ngling mit gesenktem und entblo&#x0364;ßtem Haupte, die gefalteten Ha&#x0364;nde bis vor die Brust erhoben, ebenfalls in rother Weste, die Beine nackt. Er geho&#x0364;rt nicht bloß zum Gefolge, sein eignes Herz hat ihn gehen heißen. Nach ihm vermehrt und verengt sich das Getu&#x0364;mmel der Dienerschaft und des Gepa&#x0364;ckes, Menschen und Pferde romantisch durch einander. Kein Kopf ist ohne Ausdruck; entweder der Neugier nach dem was da kommen soll, oder mit gegenwa&#x0364;rtiger
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[81/0089] uͤberließe er sich zum ersten Male seinem Ergoͤtzen an ihm, und finge an Zutrauen zu gewinnen. Zwey Koͤnige sind in etwas steifen Maͤnteln vor den Stufen nieder gekniet; der schwarze steht noch, und wartet mit vollen Haͤnden bis die Reihe an ihn koͤmmt. Es ist oft der Fall dieser Koͤnige daß sie kindischer aussehn wie das Kindlein selbst: aber hier schickt sich ihre unmuͤndige Weisheit recht zu dem kleinen embryonischen Jesus, der aber doch Ausdruck hat, und die Haͤnde mit Verwunderung und Freude erhebt. Jm Gesicht des Schwarzen ist die Andacht am gutherzigsten und verwundrungsvollsten. Weiter rechts hinter ihnen stehn zwey wackre Figuren von Maͤnnern, wovon der eine dem andern die Sache bedeutet: man koͤnnte sie fuͤr ein paar Armenische Kaufleute halten, deren Gespraͤch nicht sowohl heilige als kostbare Dinge betraͤfe. Sie haben Huͤte auf mit platten Koͤpfen, vorn weit hinaus in die Hoͤhe gehendem Rand und einzelner Feder, (chapeaux à l'audace) eine kurz geschuͤrzte Kleidung wie eine weitlaͤuftige Weste mit Aermeln, und stellen sich mahlerisch dar. Jhnen folgt ein schoͤner andaͤchtiger Juͤngling mit gesenktem und entbloͤßtem Haupte, die gefalteten Haͤnde bis vor die Brust erhoben, ebenfalls in rother Weste, die Beine nackt. Er gehoͤrt nicht bloß zum Gefolge, sein eignes Herz hat ihn gehen heißen. Nach ihm vermehrt und verengt sich das Getuͤmmel der Dienerschaft und des Gepaͤckes, Menschen und Pferde romantisch durch einander. Kein Kopf ist ohne Ausdruck; entweder der Neugier nach dem was da kommen soll, oder mit gegenwaͤrtiger

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_athenaeum_1799
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_athenaeum_1799/89
Zitationshilfe: Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 2. Berlin, 1799, S. 81. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_athenaeum_1799/89>, abgerufen am 21.11.2024.