Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 3. Berlin, 1800.und nachher: Des Krieges ehrner Fuß zertrat, Von Jrlands Riesendamm bis zu den Katakomben Parthenope's die Saat. Wie soll man an den Schmerz des Dichters glauben, an welchem nicht nur die Geographie, sondern geographische curiosa, die er auch nicht ermangelt in Noten zu erläutern, so großen Antheil haben? Mit Recht kann es von dem Gedichte heißen, was dem Jahrhundert Schuld gegeben wird: Das Mitgefühl verdumpft: man hört mit kaltem Lächeln, aber nicht aus dem angeführten Grunde:Was tief die Seele sonst bewegt; Seit jeder Zefyr, der uns kühlt, ein Todesröcheln (als ob der Zephyr damit bis zum Ende des achtzehnten Jahrhunderts gewartet hätte, und das Sterben nicht von jeher Sitte gewesen wäre!) sondern weil ein jeder Vers, der uns, statt zu erwärmen, abkühlt, irgend eine anmaßende Kostbarkeit oder Ziererey auf seinem schwerfälligen Fittig trägt. Eben so hohler Wortklang ist der patriotische Aufruf an die Deutschen, zu welchem schließlich noch die Geister der Helden bemüht werden, bey welcher Gelegenheit der Verfasser auch den Trumpf der altfränkischen Vorstellungen über das Verhältniß der Deutschen und Franzosen, die Schlacht bey Roßbach, glücklich ausspielt. Kurz vom Jahrhundert finden wir bloß unbestimmte Allgemeinheiten, von einem Sarkophage hat das Gedicht die Eigenschaft an sich, daß es todtes und nicht lebendiges
Auf seinem Fittig trägt. und nachher: Des Krieges ehrner Fuß zertrat, Von Jrlands Riesendamm bis zu den Katakomben Parthenope's die Saat. Wie soll man an den Schmerz des Dichters glauben, an welchem nicht nur die Geographie, sondern geographische curiosa, die er auch nicht ermangelt in Noten zu erlaͤutern, so großen Antheil haben? Mit Recht kann es von dem Gedichte heißen, was dem Jahrhundert Schuld gegeben wird: Das Mitgefuͤhl verdumpft: man hoͤrt mit kaltem Laͤcheln, aber nicht aus dem angefuͤhrten Grunde:Was tief die Seele sonst bewegt; Seit jeder Zefyr, der uns kuͤhlt, ein Todesroͤcheln (als ob der Zephyr damit bis zum Ende des achtzehnten Jahrhunderts gewartet haͤtte, und das Sterben nicht von jeher Sitte gewesen waͤre!) sondern weil ein jeder Vers, der uns, statt zu erwaͤrmen, abkuͤhlt, irgend eine anmaßende Kostbarkeit oder Ziererey auf seinem schwerfaͤlligen Fittig traͤgt. Eben so hohler Wortklang ist der patriotische Aufruf an die Deutschen, zu welchem schließlich noch die Geister der Helden bemuͤht werden, bey welcher Gelegenheit der Verfasser auch den Trumpf der altfraͤnkischen Vorstellungen uͤber das Verhaͤltniß der Deutschen und Franzosen, die Schlacht bey Roßbach, gluͤcklich ausspielt. Kurz vom Jahrhundert finden wir bloß unbestimmte Allgemeinheiten, von einem Sarkophage hat das Gedicht die Eigenschaft an sich, daß es todtes und nicht lebendiges
Auf seinem Fittig traͤgt. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0149" n="141"/> und nachher:</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <lg type="poem"> <l>Des Krieges ehrner Fuß zertrat,</l><lb/> <l>Von Jrlands Riesendamm bis zu den Katakomben</l><lb/> <l>Parthenope's die Saat.</l> </lg> <p>Wie soll man an den Schmerz des Dichters glauben, an welchem nicht nur die Geographie, sondern geographische curiosa, die er auch nicht ermangelt in Noten zu erlaͤutern, so großen Antheil haben? Mit Recht kann es von dem Gedichte heißen, was dem Jahrhundert Schuld gegeben wird:<lb/><lg type="poem"><l>Das Mitgefuͤhl verdumpft: man hoͤrt mit kaltem Laͤcheln,</l><lb/><l>Was tief die Seele sonst bewegt;</l></lg><lb/> aber nicht aus dem angefuͤhrten Grunde:<lb/><lg type="poem"><l>Seit jeder Zefyr, der uns kuͤhlt, ein Todesroͤcheln</l><lb/><l>Auf seinem Fittig traͤgt.</l></lg><lb/> (als ob der Zephyr damit bis zum Ende des achtzehnten Jahrhunderts gewartet haͤtte, und das Sterben nicht von jeher Sitte gewesen waͤre!) sondern weil ein jeder Vers, der uns, statt zu erwaͤrmen, abkuͤhlt, irgend eine anmaßende Kostbarkeit oder Ziererey auf seinem schwerfaͤlligen Fittig traͤgt. Eben so hohler Wortklang ist der patriotische Aufruf an die Deutschen, zu welchem schließlich noch die Geister der Helden bemuͤht werden, bey welcher Gelegenheit der Verfasser auch den Trumpf der altfraͤnkischen Vorstellungen uͤber das Verhaͤltniß der Deutschen und Franzosen, die Schlacht bey Roßbach, gluͤcklich ausspielt. Kurz vom <hi rendition="#g">Jahrhundert</hi> finden wir bloß unbestimmte Allgemeinheiten, von einem <hi rendition="#g">Sarkophage</hi> hat das Gedicht die Eigenschaft an sich, daß es todtes und nicht lebendiges </p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [141/0149]
und nachher:
Des Krieges ehrner Fuß zertrat,
Von Jrlands Riesendamm bis zu den Katakomben
Parthenope's die Saat.
Wie soll man an den Schmerz des Dichters glauben, an welchem nicht nur die Geographie, sondern geographische curiosa, die er auch nicht ermangelt in Noten zu erlaͤutern, so großen Antheil haben? Mit Recht kann es von dem Gedichte heißen, was dem Jahrhundert Schuld gegeben wird:
Das Mitgefuͤhl verdumpft: man hoͤrt mit kaltem Laͤcheln,
Was tief die Seele sonst bewegt;
aber nicht aus dem angefuͤhrten Grunde:
Seit jeder Zefyr, der uns kuͤhlt, ein Todesroͤcheln
Auf seinem Fittig traͤgt.
(als ob der Zephyr damit bis zum Ende des achtzehnten Jahrhunderts gewartet haͤtte, und das Sterben nicht von jeher Sitte gewesen waͤre!) sondern weil ein jeder Vers, der uns, statt zu erwaͤrmen, abkuͤhlt, irgend eine anmaßende Kostbarkeit oder Ziererey auf seinem schwerfaͤlligen Fittig traͤgt. Eben so hohler Wortklang ist der patriotische Aufruf an die Deutschen, zu welchem schließlich noch die Geister der Helden bemuͤht werden, bey welcher Gelegenheit der Verfasser auch den Trumpf der altfraͤnkischen Vorstellungen uͤber das Verhaͤltniß der Deutschen und Franzosen, die Schlacht bey Roßbach, gluͤcklich ausspielt. Kurz vom Jahrhundert finden wir bloß unbestimmte Allgemeinheiten, von einem Sarkophage hat das Gedicht die Eigenschaft an sich, daß es todtes und nicht lebendiges
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |