Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 3. Berlin, 1800.Müde von dem Gartenfleiß: vom Pelzen Junger Aepfelstamm' und Kirschenruthen, Rast' ich hier zur Seite meiner Guten Jm Gebüsch von Haselnußgehölzen. Nun, mein Liebchen, wider Durst und Hunger Hol' uns keinen Cyper, keinen Unger, Aber Milch in meinem Deckelglase. Klapp' ein Tischchen auf in diesem Grase. Daß wir fröhlich unsre Heidelbeeren Mit den lieben Kindern hier verzehren. hat er im ersten Quartett Matthissons überladne Eleganz und fleißige Landschaftspinseley, im zweyten Voßens häusliche Behaglichkeit, und in den beyden Terzetts seine selbsteigne Lobpreisung des Dürftigen vorzuführen gewußt. Eines solchen Mangels an Haltung wäre wohl Matthisson aber gewiß nicht Voß fähig gewesen; und Mißgriffe, wie das Geschlepp der fünffüßigen Trochäen bey lauter weiblichen Reimen (nur Einmal hat Bürger diese unselige Wahl getroffen) und die Zwängung eines solchen Stoffes in die gebundne Form eines Sonetts, wo das letzte Terzett, welches der konzentrirende Gipfel des Ganzen seyn soll, mit Heidelbeeren kümmerlich abgespeist wird: das sind Unglücksfälle die dem Märkischen Dichter allein begegnen. Die allen dreyen gemeinschaftliche Jagd nach seltnen und schwierigen Reimen ist eine hervorstehende Ecke, wobey man die Analogie der Manieren auf der That ertappen, und das scheinbar Abweichende Muͤde von dem Gartenfleiß: vom Pelzen Junger Aepfelstámm' und Kirschenruthen, Rast' ich hier zur Seite meiner Guten Jm Gebuͤsch von Haselnußgehoͤlzen. Nun, mein Liebchen, wider Durst und Hunger Hol' uns keinen Cyper, keinen Unger, Aber Milch in meinem Deckelglase. Klapp' ein Tischchen auf in diesem Grase. Daß wir froͤhlich unsre Heidelbeeren Mit den lieben Kindern hier verzehren. hat er im ersten Quartett Matthissons uͤberladne Eleganz und fleißige Landschaftspinseley, im zweyten Voßens haͤusliche Behaglichkeit, und in den beyden Terzetts seine selbsteigne Lobpreisung des Duͤrftigen vorzufuͤhren gewußt. Eines solchen Mangels an Haltung waͤre wohl Matthisson aber gewiß nicht Voß faͤhig gewesen; und Mißgriffe, wie das Geschlepp der fuͤnffuͤßigen Trochaͤen bey lauter weiblichen Reimen (nur Einmal hat Buͤrger diese unselige Wahl getroffen) und die Zwaͤngung eines solchen Stoffes in die gebundne Form eines Sonetts, wo das letzte Terzett, welches der konzentrirende Gipfel des Ganzen seyn soll, mit Heidelbeeren kuͤmmerlich abgespeist wird: das sind Ungluͤcksfaͤlle die dem Maͤrkischen Dichter allein begegnen. Die allen dreyen gemeinschaftliche Jagd nach seltnen und schwierigen Reimen ist eine hervorstehende Ecke, wobey man die Analogie der Manieren auf der That ertappen, und das scheinbar Abweichende <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0167" n="159"/> <lg n="2"> <l>Muͤde von dem Gartenfleiß: vom Pelzen</l><lb/> <l>Junger Aepfelstámm' und Kirschenruthen,</l><lb/> <l>Rast' ich hier zur Seite meiner Guten</l><lb/> <l>Jm Gebuͤsch von Haselnußgehoͤlzen.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Nun, mein Liebchen, wider Durst und Hunger</l><lb/> <l>Hol' uns keinen Cyper, keinen Unger,</l><lb/> <l>Aber Milch in meinem Deckelglase.</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>Klapp' ein Tischchen auf in diesem Grase.</l><lb/> <l>Daß wir froͤhlich unsre Heidelbeeren</l><lb/> <l>Mit den lieben Kindern hier verzehren.</l> </lg> </lg><lb/> <p>hat er im ersten Quartett Matthissons uͤberladne Eleganz und fleißige Landschaftspinseley, im zweyten Voßens haͤusliche Behaglichkeit, und in den beyden Terzetts seine selbsteigne Lobpreisung des Duͤrftigen vorzufuͤhren gewußt. Eines solchen Mangels an Haltung waͤre wohl Matthisson aber gewiß nicht Voß faͤhig gewesen; und Mißgriffe, wie das Geschlepp der fuͤnffuͤßigen Trochaͤen bey lauter weiblichen Reimen (nur Einmal hat Buͤrger diese unselige Wahl getroffen) und die Zwaͤngung eines solchen Stoffes in die gebundne Form eines Sonetts, wo das letzte Terzett, welches der konzentrirende Gipfel des Ganzen seyn soll, mit Heidelbeeren kuͤmmerlich abgespeist wird: das sind Ungluͤcksfaͤlle die dem Maͤrkischen Dichter allein begegnen.</p><lb/> <p>Die allen dreyen gemeinschaftliche Jagd nach seltnen und schwierigen Reimen ist eine hervorstehende Ecke, wobey man die Analogie der Manieren auf der That ertappen, und das scheinbar Abweichende </p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [159/0167]
Muͤde von dem Gartenfleiß: vom Pelzen
Junger Aepfelstámm' und Kirschenruthen,
Rast' ich hier zur Seite meiner Guten
Jm Gebuͤsch von Haselnußgehoͤlzen.
Nun, mein Liebchen, wider Durst und Hunger
Hol' uns keinen Cyper, keinen Unger,
Aber Milch in meinem Deckelglase.
Klapp' ein Tischchen auf in diesem Grase.
Daß wir froͤhlich unsre Heidelbeeren
Mit den lieben Kindern hier verzehren.
hat er im ersten Quartett Matthissons uͤberladne Eleganz und fleißige Landschaftspinseley, im zweyten Voßens haͤusliche Behaglichkeit, und in den beyden Terzetts seine selbsteigne Lobpreisung des Duͤrftigen vorzufuͤhren gewußt. Eines solchen Mangels an Haltung waͤre wohl Matthisson aber gewiß nicht Voß faͤhig gewesen; und Mißgriffe, wie das Geschlepp der fuͤnffuͤßigen Trochaͤen bey lauter weiblichen Reimen (nur Einmal hat Buͤrger diese unselige Wahl getroffen) und die Zwaͤngung eines solchen Stoffes in die gebundne Form eines Sonetts, wo das letzte Terzett, welches der konzentrirende Gipfel des Ganzen seyn soll, mit Heidelbeeren kuͤmmerlich abgespeist wird: das sind Ungluͤcksfaͤlle die dem Maͤrkischen Dichter allein begegnen.
Die allen dreyen gemeinschaftliche Jagd nach seltnen und schwierigen Reimen ist eine hervorstehende Ecke, wobey man die Analogie der Manieren auf der That ertappen, und das scheinbar Abweichende
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