Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 3. Berlin, 1800.Ansicht vollendeter ausgeführt würde, und wenn es gelänge, die Principien der Poesie auf dem Wege, den unser philosophischer Freund versucht hat, aufzustellen: so würde die Dichtkunst ein Fundament haben, dem es weder an Festigkeit noch an Umfang fehlte. Marcus. Vergessen Sie nicht das Vorbild, welches so wesentlich ist, uns in der Gegenwart zu orientiren, und uns zugleich beständig erinnert uns zur Vergangenheit zu erheben, und der bessern Zukunft entgegen zu arbeiten. Laßt wenigstens uns an jener Grundlage halten und dem Vorbilde treu bleiben. Lothario. Ein würdiger Entschluß, gegen den sich nichts einwenden läßt. Und gewiß werden wir auf diesem Wege immer mehr lernen, uns über das Wesentliche einander zu verstehn. Antonio. Wir dürfen also nun nichts mehr wünschen, als daß wir Jdeen zu Gedichten in uns finden mögen, und dann das gerühmte Vermögen, nach Jdeen zu dichten. Ludoviko. Halten Sie es etwa für unmöglich, zukünftige Gedichte a priori zu construiren? Antonio. Geben Sie mir Jdeen zu Gedichten, und ich getraue mir, Jhnen jenes Vermögen zu geben. Lothario. Sie mögen in Jhrem Sinne Recht haben, das für unmöglich zu halten, was Sie meynen. -- Doch weiß ich selbst aus eigner Erfahrung das Gegentheil. Jch darf sagen, daß einigemal der Ansicht vollendeter ausgefuͤhrt wuͤrde, und wenn es gelaͤnge, die Principien der Poesie auf dem Wege, den unser philosophischer Freund versucht hat, aufzustellen: so wuͤrde die Dichtkunst ein Fundament haben, dem es weder an Festigkeit noch an Umfang fehlte. Marcus. Vergessen Sie nicht das Vorbild, welches so wesentlich ist, uns in der Gegenwart zu orientiren, und uns zugleich bestaͤndig erinnert uns zur Vergangenheit zu erheben, und der bessern Zukunft entgegen zu arbeiten. Laßt wenigstens uns an jener Grundlage halten und dem Vorbilde treu bleiben. Lothario. Ein wuͤrdiger Entschluß, gegen den sich nichts einwenden laͤßt. Und gewiß werden wir auf diesem Wege immer mehr lernen, uns uͤber das Wesentliche einander zu verstehn. Antonio. Wir duͤrfen also nun nichts mehr wuͤnschen, als daß wir Jdeen zu Gedichten in uns finden moͤgen, und dann das geruͤhmte Vermoͤgen, nach Jdeen zu dichten. Ludoviko. Halten Sie es etwa fuͤr unmoͤglich, zukuͤnftige Gedichte a priori zu construiren? Antonio. Geben Sie mir Jdeen zu Gedichten, und ich getraue mir, Jhnen jenes Vermoͤgen zu geben. Lothario. Sie moͤgen in Jhrem Sinne Recht haben, das fuͤr unmoͤglich zu halten, was Sie meynen. — Doch weiß ich selbst aus eigner Erfahrung das Gegentheil. Jch darf sagen, daß einigemal der <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0197" n="185"/> Ansicht vollendeter ausgefuͤhrt wuͤrde, und wenn es gelaͤnge, die Principien der Poesie auf dem Wege, den unser philosophischer Freund versucht hat, aufzustellen: so wuͤrde die Dichtkunst ein Fundament haben, dem es weder an Festigkeit noch an Umfang fehlte.</p><lb/> <p><hi rendition="#g">Marcus</hi>. Vergessen Sie nicht das Vorbild, welches so wesentlich ist, uns in der Gegenwart zu orientiren, und uns zugleich bestaͤndig erinnert uns zur Vergangenheit zu erheben, und der bessern Zukunft entgegen zu arbeiten. Laßt wenigstens uns an jener Grundlage halten und dem Vorbilde treu bleiben.</p><lb/> <p><hi rendition="#g">Lothario</hi>. Ein wuͤrdiger Entschluß, gegen den sich nichts einwenden laͤßt. Und gewiß werden wir auf diesem Wege immer mehr lernen, uns uͤber das Wesentliche einander zu verstehn.</p><lb/> <p><hi rendition="#g">Antonio</hi>. Wir duͤrfen also nun nichts mehr wuͤnschen, als daß wir Jdeen zu Gedichten in uns finden moͤgen, und dann das geruͤhmte Vermoͤgen, nach Jdeen zu dichten.</p><lb/> <p><hi rendition="#g">Ludoviko</hi>. Halten Sie es etwa fuͤr unmoͤglich, zukuͤnftige Gedichte a priori zu construiren?</p><lb/> <p><hi rendition="#g">Antonio</hi>. Geben Sie mir Jdeen zu Gedichten, und ich getraue mir, Jhnen jenes Vermoͤgen zu geben.</p><lb/> <p><hi rendition="#g">Lothario</hi>. Sie moͤgen in Jhrem Sinne Recht haben, das fuͤr unmoͤglich zu halten, was Sie meynen. — Doch weiß ich selbst aus eigner Erfahrung das Gegentheil. Jch darf sagen, daß einigemal der </p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [185/0197]
Ansicht vollendeter ausgefuͤhrt wuͤrde, und wenn es gelaͤnge, die Principien der Poesie auf dem Wege, den unser philosophischer Freund versucht hat, aufzustellen: so wuͤrde die Dichtkunst ein Fundament haben, dem es weder an Festigkeit noch an Umfang fehlte.
Marcus. Vergessen Sie nicht das Vorbild, welches so wesentlich ist, uns in der Gegenwart zu orientiren, und uns zugleich bestaͤndig erinnert uns zur Vergangenheit zu erheben, und der bessern Zukunft entgegen zu arbeiten. Laßt wenigstens uns an jener Grundlage halten und dem Vorbilde treu bleiben.
Lothario. Ein wuͤrdiger Entschluß, gegen den sich nichts einwenden laͤßt. Und gewiß werden wir auf diesem Wege immer mehr lernen, uns uͤber das Wesentliche einander zu verstehn.
Antonio. Wir duͤrfen also nun nichts mehr wuͤnschen, als daß wir Jdeen zu Gedichten in uns finden moͤgen, und dann das geruͤhmte Vermoͤgen, nach Jdeen zu dichten.
Ludoviko. Halten Sie es etwa fuͤr unmoͤglich, zukuͤnftige Gedichte a priori zu construiren?
Antonio. Geben Sie mir Jdeen zu Gedichten, und ich getraue mir, Jhnen jenes Vermoͤgen zu geben.
Lothario. Sie moͤgen in Jhrem Sinne Recht haben, das fuͤr unmoͤglich zu halten, was Sie meynen. — Doch weiß ich selbst aus eigner Erfahrung das Gegentheil. Jch darf sagen, daß einigemal der
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