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Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 3. Berlin, 1800.

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das unendlich Große berechnet; das ist freylich nicht Religion. Das Unendliche in jener Fülle gedacht, ist die Gottheit.



Man lebt nur insofern man nach seinen eignen Jdeen lebt. Die Grundsätze sind nur Mittel, der Beruf ist Zweck an sich.



Nur durch die Liebe und durch das Bewußtseyn der Liebe wird der Mensch zum Menschen.



Nach der Sittlichkeit zu streben ist wohl der schlechteste Zeitvertreib, die Uebungen in der Gottseeligkeit ausgenommen. Könnt ihr euch eine Seele, einen Geist angewöhnen? -- So ists mit Religion und auch mit Moral, die nicht ohne Vermittlung auf die Oekonomie und Politik des Lebens einfließen sollen.



Der Kern, das Centrum der Poesie ist in der Mythologie zu finden, und in den Mysterien der Alten. Sättigt das Gefühl des Lebens mit der Jdee des Unendlichen, und ihr werdet die Alten verstehen und die Poesie.



Schön ist was uns an die Natur erinnert, und also das Gefühl der unendlichen Lebensfülle anregt. Die Natur ist organisch, und die höchste Schönheit daher ewig und immer vegetabilisch, und das gleiche gilt auch von der Moral und der Liebe.



das unendlich Große berechnet; das ist freylich nicht Religion. Das Unendliche in jener Fuͤlle gedacht, ist die Gottheit.



Man lebt nur insofern man nach seinen eignen Jdeen lebt. Die Grundsaͤtze sind nur Mittel, der Beruf ist Zweck an sich.



Nur durch die Liebe und durch das Bewußtseyn der Liebe wird der Mensch zum Menschen.



Nach der Sittlichkeit zu streben ist wohl der schlechteste Zeitvertreib, die Uebungen in der Gottseeligkeit ausgenommen. Koͤnnt ihr euch eine Seele, einen Geist angewoͤhnen? — So ists mit Religion und auch mit Moral, die nicht ohne Vermittlung auf die Oekonomie und Politik des Lebens einfließen sollen.



Der Kern, das Centrum der Poesie ist in der Mythologie zu finden, und in den Mysterien der Alten. Saͤttigt das Gefuͤhl des Lebens mit der Jdee des Unendlichen, und ihr werdet die Alten verstehen und die Poesie.



Schoͤn ist was uns an die Natur erinnert, und also das Gefuͤhl der unendlichen Lebensfuͤlle anregt. Die Natur ist organisch, und die hoͤchste Schoͤnheit daher ewig und immer vegetabilisch, und das gleiche gilt auch von der Moral und der Liebe.



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[18/0026] das unendlich Große berechnet; das ist freylich nicht Religion. Das Unendliche in jener Fuͤlle gedacht, ist die Gottheit. Man lebt nur insofern man nach seinen eignen Jdeen lebt. Die Grundsaͤtze sind nur Mittel, der Beruf ist Zweck an sich. Nur durch die Liebe und durch das Bewußtseyn der Liebe wird der Mensch zum Menschen. Nach der Sittlichkeit zu streben ist wohl der schlechteste Zeitvertreib, die Uebungen in der Gottseeligkeit ausgenommen. Koͤnnt ihr euch eine Seele, einen Geist angewoͤhnen? — So ists mit Religion und auch mit Moral, die nicht ohne Vermittlung auf die Oekonomie und Politik des Lebens einfließen sollen. Der Kern, das Centrum der Poesie ist in der Mythologie zu finden, und in den Mysterien der Alten. Saͤttigt das Gefuͤhl des Lebens mit der Jdee des Unendlichen, und ihr werdet die Alten verstehen und die Poesie. Schoͤn ist was uns an die Natur erinnert, und also das Gefuͤhl der unendlichen Lebensfuͤlle anregt. Die Natur ist organisch, und die hoͤchste Schoͤnheit daher ewig und immer vegetabilisch, und das gleiche gilt auch von der Moral und der Liebe.

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Zitationshilfe: Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 3. Berlin, 1800, S. 18. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_athenaeum_1800/26>, abgerufen am 29.04.2024.