Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 3. Berlin, 1800.

Bild:
<< vorherige Seite

so geredet oder geschrieben haben. Auch diese geringe Forderung werden Sie nicht erfüllt finden! Wer in aller Welt wird sich in Catania hinsetzen, um an eine ganz artige Beschreibung einer Aetnareise so höchst gemeine, so Gott will philosophische, Betrachtungen anzuflicken? Und nun gar ein Maltheserritter! Und wie sollte der sich nicht anders charakterisirt haben, als durch eine Anspielung auf die heiligen Wallfahrten, durch die Dummheit, daß er sich für einen milden Stoiker nimmt, und -- durch einige Sprachfehler? Gestehen Sie, daß das ungemein schlecht ist! Und dieses gänzliche Verfehlen der mit so vieler Prätension eingeleiteten Jndividualität werden Sie überall wiederfinden, beim Las Casas, bei dem jungen Frauenzimmer, beim Mäcen. Dieser aber ist bei weitem das ärgste. Einen so weitschweifigen, durch und durch modernen, unrömischen und unbrieflichen Brief soll Mäcen dem August geschrieben haben! Das Stück ist so unendlich langweilig, daß ich Jhnen gern ganz ersparen möchte es zu lesen. Hören Sie also nur Einiges, ich will ganz treu referiren, und ich hoffe Sie sollen genug haben. Mäcen redet von "Meistern die dem herrlichen Jnstrument der reichsten, gebildetsten, wohltönendsten Sprache seine himmlischen Wohllaute, seine bezaubernden Harmonien entlockten;" von den "feineren und edleren Ergötzungen, die einst das Volk von Athen mit so schwärmerischer Anhänglichkeit liebte; von der "Wonne, die dem Jmperator bevorsteht von so überschwenglichen Schönheiten gerührt zu werden," von "ersten Musterwerken des reinen ächten Geschmacks;"

so geredet oder geschrieben haben. Auch diese geringe Forderung werden Sie nicht erfuͤllt finden! Wer in aller Welt wird sich in Catania hinsetzen, um an eine ganz artige Beschreibung einer Aetnareise so hoͤchst gemeine, so Gott will philosophische, Betrachtungen anzuflicken? Und nun gar ein Maltheserritter! Und wie sollte der sich nicht anders charakterisirt haben, als durch eine Anspielung auf die heiligen Wallfahrten, durch die Dummheit, daß er sich fuͤr einen milden Stoiker nimmt, und — durch einige Sprachfehler? Gestehen Sie, daß das ungemein schlecht ist! Und dieses gaͤnzliche Verfehlen der mit so vieler Praͤtension eingeleiteten Jndividualitaͤt werden Sie uͤberall wiederfinden, beim Las Casas, bei dem jungen Frauenzimmer, beim Maͤcen. Dieser aber ist bei weitem das aͤrgste. Einen so weitschweifigen, durch und durch modernen, unroͤmischen und unbrieflichen Brief soll Maͤcen dem August geschrieben haben! Das Stuͤck ist so unendlich langweilig, daß ich Jhnen gern ganz ersparen moͤchte es zu lesen. Hoͤren Sie also nur Einiges, ich will ganz treu referiren, und ich hoffe Sie sollen genug haben. Maͤcen redet von “Meistern die dem herrlichen Jnstrument der reichsten, gebildetsten, wohltoͤnendsten Sprache seine himmlischen Wohllaute, seine bezaubernden Harmonien entlockten;” von den “feineren und edleren Ergoͤtzungen, die einst das Volk von Athen mit so schwaͤrmerischer Anhaͤnglichkeit liebte; von der “Wonne, die dem Jmperator bevorsteht von so uͤberschwenglichen Schoͤnheiten geruͤhrt zu werden,” von “ersten Musterwerken des reinen aͤchten Geschmacks;”

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0261" n="249"/>
so geredet oder geschrieben haben. Auch diese geringe Forderung werden Sie nicht erfu&#x0364;llt finden! Wer in aller Welt wird sich in Catania hinsetzen, um an eine ganz artige Beschreibung einer Aetnareise so ho&#x0364;chst gemeine, so Gott will philosophische, Betrachtungen anzuflicken? Und nun gar ein Maltheserritter! Und wie sollte der sich nicht anders charakterisirt haben, als durch eine Anspielung auf die heiligen Wallfahrten, durch die Dummheit, daß er sich fu&#x0364;r einen milden Stoiker nimmt, und &#x2014; durch einige Sprachfehler? Gestehen Sie, daß das ungemein schlecht ist! Und dieses ga&#x0364;nzliche Verfehlen der mit so vieler Pra&#x0364;tension eingeleiteten Jndividualita&#x0364;t werden Sie u&#x0364;berall wiederfinden, beim Las Casas, bei dem jungen Frauenzimmer, beim Ma&#x0364;cen. Dieser aber ist bei weitem das a&#x0364;rgste. Einen so weitschweifigen, durch und durch modernen, unro&#x0364;mischen und unbrieflichen Brief soll Ma&#x0364;cen dem August geschrieben haben! Das Stu&#x0364;ck ist so unendlich langweilig, daß ich Jhnen gern ganz ersparen mo&#x0364;chte es zu lesen. Ho&#x0364;ren Sie also nur Einiges, ich will ganz treu referiren, und ich hoffe Sie sollen genug haben. Ma&#x0364;cen redet von &#x201C;Meistern die dem herrlichen Jnstrument der reichsten, gebildetsten, wohlto&#x0364;nendsten Sprache seine himmlischen Wohllaute, seine bezaubernden Harmonien entlockten;&#x201D; von den &#x201C;feineren und edleren Ergo&#x0364;tzungen, die einst das Volk von Athen mit so schwa&#x0364;rmerischer Anha&#x0364;nglichkeit liebte; von der &#x201C;Wonne, die dem Jmperator bevorsteht von so u&#x0364;berschwenglichen Scho&#x0364;nheiten geru&#x0364;hrt zu werden,&#x201D; von &#x201C;ersten Musterwerken des reinen a&#x0364;chten Geschmacks;&#x201D;
</p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[249/0261] so geredet oder geschrieben haben. Auch diese geringe Forderung werden Sie nicht erfuͤllt finden! Wer in aller Welt wird sich in Catania hinsetzen, um an eine ganz artige Beschreibung einer Aetnareise so hoͤchst gemeine, so Gott will philosophische, Betrachtungen anzuflicken? Und nun gar ein Maltheserritter! Und wie sollte der sich nicht anders charakterisirt haben, als durch eine Anspielung auf die heiligen Wallfahrten, durch die Dummheit, daß er sich fuͤr einen milden Stoiker nimmt, und — durch einige Sprachfehler? Gestehen Sie, daß das ungemein schlecht ist! Und dieses gaͤnzliche Verfehlen der mit so vieler Praͤtension eingeleiteten Jndividualitaͤt werden Sie uͤberall wiederfinden, beim Las Casas, bei dem jungen Frauenzimmer, beim Maͤcen. Dieser aber ist bei weitem das aͤrgste. Einen so weitschweifigen, durch und durch modernen, unroͤmischen und unbrieflichen Brief soll Maͤcen dem August geschrieben haben! Das Stuͤck ist so unendlich langweilig, daß ich Jhnen gern ganz ersparen moͤchte es zu lesen. Hoͤren Sie also nur Einiges, ich will ganz treu referiren, und ich hoffe Sie sollen genug haben. Maͤcen redet von “Meistern die dem herrlichen Jnstrument der reichsten, gebildetsten, wohltoͤnendsten Sprache seine himmlischen Wohllaute, seine bezaubernden Harmonien entlockten;” von den “feineren und edleren Ergoͤtzungen, die einst das Volk von Athen mit so schwaͤrmerischer Anhaͤnglichkeit liebte; von der “Wonne, die dem Jmperator bevorsteht von so uͤberschwenglichen Schoͤnheiten geruͤhrt zu werden,” von “ersten Musterwerken des reinen aͤchten Geschmacks;”

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_athenaeum_1800
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_athenaeum_1800/261
Zitationshilfe: Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 3. Berlin, 1800, S. 249. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_athenaeum_1800/261>, abgerufen am 21.11.2024.