Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 3. Berlin, 1800.wird man sagen. Allerdings, und dies hat einen doppelten Grund. Erstlich ist alles darin sehr gut, was Anekdote ist; sie sind pikant erzählt, und man kann gewissermaßen sagen, daß die Mimik des mündlichen Vortrags hier mit in Worte gesetzt ist, wie Lessing die Deklamation des Vorlesers in Worte setzte. Diese Kunst ist nicht zu verkennen, und sie wäre allen in einer ähnlichen Art erzählenden Schriftstellern zu wünschen. Möchte sich doch Engel dieser Gattung widmen! und warum sollte er gerade das nicht sein wollen, worin er wirklich ein Virtuose sein kann? Ueber den Unterschied zwischen dem was sich in dieser Gattung nur sagen, und dem was sich auch druken läßt, müßte er freilich noch nachdenken. Er hat hier zweimal den Ansatz zu einem Gastmal genommen; will er uns wirklich eins geben, so sei es ein Gastmal von Anekdoten, es wird ein dankenswerthes Geschenk sein. Nur kein philosophisches, bis er von den Pythagoräern etwas merkwürdigeres weiß, als daß sie zuversichtlich auf das Wort ihres Meisters schworen, bis ihm Aristoteles aufhört ein hageres Geripp zu sein, und er andere Werke dieses Philosophen höher schätzt als die Poetik; ja wenn es möglich ist, bis er den Platon etwas anders ansieht. -- Zweitens haben die einzelnen Perioden eine für das Ohr sehr angenehme Struktur, und der Wohlklang ist bis ins kleinste hinein sorgfältig herausgearbeitet. Dies findet sich in dem Grade noch nicht häufig in unserer Litteratur, und da es hier eben anzutreffen ist, so begnügen sich die Meisten damit. Wie viele lesen wohl wird man sagen. Allerdings, und dies hat einen doppelten Grund. Erstlich ist alles darin sehr gut, was Anekdote ist; sie sind pikant erzaͤhlt, und man kann gewissermaßen sagen, daß die Mimik des muͤndlichen Vortrags hier mit in Worte gesetzt ist, wie Lessing die Deklamation des Vorlesers in Worte setzte. Diese Kunst ist nicht zu verkennen, und sie waͤre allen in einer aͤhnlichen Art erzaͤhlenden Schriftstellern zu wuͤnschen. Moͤchte sich doch Engel dieser Gattung widmen! und warum sollte er gerade das nicht sein wollen, worin er wirklich ein Virtuose sein kann? Ueber den Unterschied zwischen dem was sich in dieser Gattung nur sagen, und dem was sich auch druken laͤßt, muͤßte er freilich noch nachdenken. Er hat hier zweimal den Ansatz zu einem Gastmal genommen; will er uns wirklich eins geben, so sei es ein Gastmal von Anekdoten, es wird ein dankenswerthes Geschenk sein. Nur kein philosophisches, bis er von den Pythagoraͤern etwas merkwuͤrdigeres weiß, als daß sie zuversichtlich auf das Wort ihres Meisters schworen, bis ihm Aristoteles aufhoͤrt ein hageres Geripp zu sein, und er andere Werke dieses Philosophen hoͤher schaͤtzt als die Poetik; ja wenn es moͤglich ist, bis er den Platon etwas anders ansieht. — Zweitens haben die einzelnen Perioden eine fuͤr das Ohr sehr angenehme Struktur, und der Wohlklang ist bis ins kleinste hinein sorgfaͤltig herausgearbeitet. Dies findet sich in dem Grade noch nicht haͤufig in unserer Litteratur, und da es hier eben anzutreffen ist, so begnuͤgen sich die Meisten damit. Wie viele lesen wohl <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0263" n="251"/> wird man sagen. Allerdings, und dies hat einen doppelten Grund. Erstlich ist alles darin sehr gut, was <hi rendition="#g">Anekdote</hi> ist; sie sind pikant erzaͤhlt, und man kann gewissermaßen sagen, daß die Mimik des muͤndlichen Vortrags hier mit in Worte gesetzt ist, wie Lessing die Deklamation des Vorlesers in Worte setzte. Diese Kunst ist nicht zu verkennen, und sie waͤre allen in einer aͤhnlichen Art erzaͤhlenden Schriftstellern zu wuͤnschen. Moͤchte sich doch Engel dieser Gattung widmen! und warum sollte er gerade das nicht sein wollen, worin er wirklich ein Virtuose sein kann? Ueber den Unterschied zwischen dem was sich in dieser Gattung nur sagen, und dem was sich auch druken laͤßt, muͤßte er freilich noch nachdenken. Er hat hier zweimal den Ansatz zu einem Gastmal genommen; will er uns wirklich eins geben, so sei es ein Gastmal von Anekdoten, es wird ein dankenswerthes Geschenk sein. Nur kein philosophisches, bis er von den Pythagoraͤern etwas merkwuͤrdigeres weiß, als daß sie zuversichtlich auf das Wort ihres Meisters schworen, bis ihm Aristoteles aufhoͤrt ein hageres Geripp zu sein, und er andere Werke dieses Philosophen hoͤher schaͤtzt als die Poetik; ja wenn es moͤglich ist, bis er den Platon etwas anders ansieht. — Zweitens haben die einzelnen Perioden eine fuͤr das Ohr sehr angenehme Struktur, und der Wohlklang ist bis ins kleinste hinein sorgfaͤltig herausgearbeitet. Dies findet sich in dem Grade noch nicht haͤufig in unserer Litteratur, und da es hier eben anzutreffen ist, so begnuͤgen sich die Meisten damit. Wie viele lesen wohl </p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [251/0263]
wird man sagen. Allerdings, und dies hat einen doppelten Grund. Erstlich ist alles darin sehr gut, was Anekdote ist; sie sind pikant erzaͤhlt, und man kann gewissermaßen sagen, daß die Mimik des muͤndlichen Vortrags hier mit in Worte gesetzt ist, wie Lessing die Deklamation des Vorlesers in Worte setzte. Diese Kunst ist nicht zu verkennen, und sie waͤre allen in einer aͤhnlichen Art erzaͤhlenden Schriftstellern zu wuͤnschen. Moͤchte sich doch Engel dieser Gattung widmen! und warum sollte er gerade das nicht sein wollen, worin er wirklich ein Virtuose sein kann? Ueber den Unterschied zwischen dem was sich in dieser Gattung nur sagen, und dem was sich auch druken laͤßt, muͤßte er freilich noch nachdenken. Er hat hier zweimal den Ansatz zu einem Gastmal genommen; will er uns wirklich eins geben, so sei es ein Gastmal von Anekdoten, es wird ein dankenswerthes Geschenk sein. Nur kein philosophisches, bis er von den Pythagoraͤern etwas merkwuͤrdigeres weiß, als daß sie zuversichtlich auf das Wort ihres Meisters schworen, bis ihm Aristoteles aufhoͤrt ein hageres Geripp zu sein, und er andere Werke dieses Philosophen hoͤher schaͤtzt als die Poetik; ja wenn es moͤglich ist, bis er den Platon etwas anders ansieht. — Zweitens haben die einzelnen Perioden eine fuͤr das Ohr sehr angenehme Struktur, und der Wohlklang ist bis ins kleinste hinein sorgfaͤltig herausgearbeitet. Dies findet sich in dem Grade noch nicht haͤufig in unserer Litteratur, und da es hier eben anzutreffen ist, so begnuͤgen sich die Meisten damit. Wie viele lesen wohl
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