Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 3. Berlin, 1800.so eingerichtet sind, daß sie neben ihrer polemischen Zweckmäßigkeit auch noch den Keim oder die Vorbereitung zu der künftigen beßeren Popularität enthalten. Jn diesem Geist hat Fichte gleich anfänglich seine Appellation geschrieben, und seine Bestimmung des Menschen ist unstreitig ein weiterer und glänzender Fortschritt auf dieser Bahn. Daß dies der einzige Gesichtspunkt sei, aus welchem das Buch angesehen sein will, leuchtet jedem Sachkundigen ein, und es ist höchst lächerlich, wenn ein gelehrter Beurtheiler es wenigstens zur Hälfte als ein philosophisches Andachtsbuch ansieht, und ein anderer neugierig erwartet hatte, Fichte werde hier aus seinem Dunkel herausgehn, das heißt wohl, er werde ihm das ganze System so populair in die Ohren schreien, daß auch er es verstehen könnte. Diese können dann leicht darüber reden, darüber hinweg nemlich: dahingegen derjenige, welcher das Werk für das nimmt was es ist, in welchem Verhältniß er auch zur Philosophie stehe, immer Ursach findet in sein Urtheil Mißtrauen zu setzen. Der Dilettant pflegt gern die neuerworbenen oder nachgebildeten Jdeen in den Gefäßen zu lassen, in denen er sie empfing, weil er sich nicht getraut zu beurtheilen, was für seine chemische Zersetzungen etwa eine andere Masse bewirken könnte, und fürchtet, es möchte ihm bei der Behandlung in fremden Worten ein Merkmal nach dem andern unvermerkt verloren gehn. Wenn diesem die Freiheit im Gebrauch des Buchstabens, welche der Geist förmlich autorisirt, und welche hernach immer kühner wird, das Studium des Buches so eingerichtet sind, daß sie neben ihrer polemischen Zweckmaͤßigkeit auch noch den Keim oder die Vorbereitung zu der kuͤnftigen beßeren Popularitaͤt enthalten. Jn diesem Geist hat Fichte gleich anfaͤnglich seine Appellation geschrieben, und seine Bestimmung des Menschen ist unstreitig ein weiterer und glaͤnzender Fortschritt auf dieser Bahn. Daß dies der einzige Gesichtspunkt sei, aus welchem das Buch angesehen sein will, leuchtet jedem Sachkundigen ein, und es ist hoͤchst laͤcherlich, wenn ein gelehrter Beurtheiler es wenigstens zur Haͤlfte als ein philosophisches Andachtsbuch ansieht, und ein anderer neugierig erwartet hatte, Fichte werde hier aus seinem Dunkel herausgehn, das heißt wohl, er werde ihm das ganze System so populair in die Ohren schreien, daß auch er es verstehen koͤnnte. Diese koͤnnen dann leicht daruͤber reden, daruͤber hinweg nemlich: dahingegen derjenige, welcher das Werk fuͤr das nimmt was es ist, in welchem Verhaͤltniß er auch zur Philosophie stehe, immer Ursach findet in sein Urtheil Mißtrauen zu setzen. Der Dilettant pflegt gern die neuerworbenen oder nachgebildeten Jdeen in den Gefaͤßen zu lassen, in denen er sie empfing, weil er sich nicht getraut zu beurtheilen, was fuͤr seine chemische Zersetzungen etwa eine andere Masse bewirken koͤnnte, und fuͤrchtet, es moͤchte ihm bei der Behandlung in fremden Worten ein Merkmal nach dem andern unvermerkt verloren gehn. Wenn diesem die Freiheit im Gebrauch des Buchstabens, welche der Geist foͤrmlich autorisirt, und welche hernach immer kuͤhner wird, das Studium des Buches <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0297" n="285"/> so eingerichtet sind, daß sie neben ihrer polemischen Zweckmaͤßigkeit auch noch den Keim oder die Vorbereitung zu der kuͤnftigen beßeren Popularitaͤt enthalten. Jn diesem Geist hat <hi rendition="#g">Fichte</hi> gleich anfaͤnglich seine Appellation geschrieben, und seine <hi rendition="#g">Bestimmung des Menschen</hi> ist unstreitig ein weiterer und glaͤnzender Fortschritt auf dieser Bahn. 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Der Dilettant pflegt gern die neuerworbenen oder nachgebildeten Jdeen in den Gefaͤßen zu lassen, in denen er sie empfing, weil er sich nicht getraut zu beurtheilen, was fuͤr seine chemische Zersetzungen etwa eine andere Masse bewirken koͤnnte, und fuͤrchtet, es moͤchte ihm bei der Behandlung in fremden Worten ein Merkmal nach dem andern unvermerkt verloren gehn. Wenn diesem die Freiheit im Gebrauch des Buchstabens, welche der <hi rendition="#g">Geist</hi> foͤrmlich autorisirt, und welche hernach immer kuͤhner wird, das Studium des Buches </p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [285/0297]
so eingerichtet sind, daß sie neben ihrer polemischen Zweckmaͤßigkeit auch noch den Keim oder die Vorbereitung zu der kuͤnftigen beßeren Popularitaͤt enthalten. Jn diesem Geist hat Fichte gleich anfaͤnglich seine Appellation geschrieben, und seine Bestimmung des Menschen ist unstreitig ein weiterer und glaͤnzender Fortschritt auf dieser Bahn. Daß dies der einzige Gesichtspunkt sei, aus welchem das Buch angesehen sein will, leuchtet jedem Sachkundigen ein, und es ist hoͤchst laͤcherlich, wenn ein gelehrter Beurtheiler es wenigstens zur Haͤlfte als ein philosophisches Andachtsbuch ansieht, und ein anderer neugierig erwartet hatte, Fichte werde hier aus seinem Dunkel herausgehn, das heißt wohl, er werde ihm das ganze System so populair in die Ohren schreien, daß auch er es verstehen koͤnnte. Diese koͤnnen dann leicht daruͤber reden, daruͤber hinweg nemlich: dahingegen derjenige, welcher das Werk fuͤr das nimmt was es ist, in welchem Verhaͤltniß er auch zur Philosophie stehe, immer Ursach findet in sein Urtheil Mißtrauen zu setzen. Der Dilettant pflegt gern die neuerworbenen oder nachgebildeten Jdeen in den Gefaͤßen zu lassen, in denen er sie empfing, weil er sich nicht getraut zu beurtheilen, was fuͤr seine chemische Zersetzungen etwa eine andere Masse bewirken koͤnnte, und fuͤrchtet, es moͤchte ihm bei der Behandlung in fremden Worten ein Merkmal nach dem andern unvermerkt verloren gehn. Wenn diesem die Freiheit im Gebrauch des Buchstabens, welche der Geist foͤrmlich autorisirt, und welche hernach immer kuͤhner wird, das Studium des Buches
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