Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 3. Berlin, 1800.

Bild:
<< vorherige Seite

Ding wie S.85 wo das erste Quartet das Sylbenmaß einer Ramlerschen Ode, und das zweyte gar keine Verschlingung der Reime hat, Sonett überschreiben kann, der muß von dieser Form, wobey alles auf der architektonischen Symmetrie beruht, gar keinen Begriff haben. Jch will doch dieß noch sonst merkwürdige Quartett hersetzen. Amadis redet den Don Quixote über seine verliebte Bußübungen, die seinen eignen glichen, an:

Du dessen Augenpaar, wie ein Paar Reben,
Des Salztranks Fülle täglich dir gegeben;
Du dem man Silber, Zinn und Messing zwar entführt,
Doch auf der Erde dich mit Erde regaliert;
Tu, a quien los ojos dieron la bebida
De abundante licor, aunque salobre,
Y alzandote la plata, estanno y cobre
Te dio la tierra en tierra la comida:

Zuerst der schöne Flickreim: wie ein Paar Reben. Die letzten Zeilen geben gar keinen Sinn, Herr S. hat sie durchaus nicht verstanden. Wie soll alzandote heißen können: dem man entführt? Wörtlich bedeutet es: und während dich Silber, Zinn und Kupfer erhöhte, d.h. deine Thaten verherrlichte. Sonst sagt man: die Thaten werden in Erz verewigt, die Nennung der drey Metalle ist eine burleske Erweiterung hievon, die durch das witzige Spiel, unpoetische Worte zu einem seltnen Reim zu vereinigen, herbeygeführt wird. Te dio la tierra en tierra la comida, die Erde gab dir auf der Erde Nahrung,

Ding wie S.85 wo das erste Quartet das Sylbenmaß einer Ramlerschen Ode, und das zweyte gar keine Verschlingung der Reime hat, Sonett uͤberschreiben kann, der muß von dieser Form, wobey alles auf der architektonischen Symmetrie beruht, gar keinen Begriff haben. Jch will doch dieß noch sonst merkwuͤrdige Quartett hersetzen. Amadis redet den Don Quixote uͤber seine verliebte Bußuͤbungen, die seinen eignen glichen, an:

Du dessen Augenpaar, wie ein Paar Reben,
Des Salztranks Fuͤlle taͤglich dir gegeben;
Du dem man Silber, Zinn und Messing zwar entfuͤhrt,
Doch auf der Erde dich mit Erde regaliert;
Tú, á quien los ojos diéron la bebida
De abundante licor, aunque salobre,
Y alzandote la plata, estaño y cobre
Te dió la tierra en tierra la comida:

Zuerst der schoͤne Flickreim: wie ein Paar Reben. Die letzten Zeilen geben gar keinen Sinn, Herr S. hat sie durchaus nicht verstanden. Wie soll alzandote heißen koͤnnen: dem man entfuͤhrt? Woͤrtlich bedeutet es: und waͤhrend dich Silber, Zinn und Kupfer erhoͤhte, d.h. deine Thaten verherrlichte. Sonst sagt man: die Thaten werden in Erz verewigt, die Nennung der drey Metalle ist eine burleske Erweiterung hievon, die durch das witzige Spiel, unpoetische Worte zu einem seltnen Reim zu vereinigen, herbeygefuͤhrt wird. Te dió la tierra en tierra la comida, die Erde gab dir auf der Erde Nahrung,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0329" n="317"/>
Ding wie S.85 wo das erste Quartet das Sylbenmaß einer Ramlerschen Ode, und das zweyte gar keine Verschlingung der Reime hat, Sonett u&#x0364;berschreiben kann, der muß von dieser Form, wobey alles auf der architektonischen Symmetrie beruht, gar keinen Begriff haben. Jch will doch dieß noch sonst merkwu&#x0364;rdige Quartett hersetzen. Amadis redet den Don Quixote u&#x0364;ber seine verliebte Bußu&#x0364;bungen, die seinen eignen glichen, an:</p><lb/>
            <lg type="poem">
              <l>Du dessen Augenpaar, wie ein Paar Reben,</l><lb/>
              <l>Des Salztranks Fu&#x0364;lle ta&#x0364;glich dir gegeben;</l><lb/>
              <l>Du dem man Silber, Zinn und Messing zwar entfu&#x0364;hrt,</l><lb/>
              <l>Doch auf der Erde dich mit Erde regaliert;</l>
            </lg><lb/>
            <lg type="poem">
              <l>Tú, á quien los ojos diéron la bebida</l><lb/>
              <l>De abundante licor, aunque salobre,</l><lb/>
              <l>Y alzandote la plata, estaño y cobre</l><lb/>
              <l>Te dió la tierra en tierra la comida:</l>
            </lg><lb/>
            <p>Zuerst der scho&#x0364;ne Flickreim: <hi rendition="#g">wie ein Paar Reben</hi>. Die letzten Zeilen geben gar keinen Sinn, Herr S. hat sie durchaus nicht verstanden. Wie soll alzandote heißen ko&#x0364;nnen: <hi rendition="#g">dem man entfu&#x0364;hrt</hi>? Wo&#x0364;rtlich bedeutet es: und wa&#x0364;hrend dich Silber, Zinn und Kupfer erho&#x0364;hte, d.h. deine Thaten verherrlichte. Sonst sagt man: die Thaten werden in Erz verewigt, die Nennung der drey Metalle ist eine burleske Erweiterung hievon, die durch das witzige Spiel, unpoetische Worte zu einem seltnen Reim zu vereinigen, herbeygefu&#x0364;hrt wird. Te dió la tierra en tierra la comida, die Erde gab dir auf der Erde Nahrung,
</p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[317/0329] Ding wie S.85 wo das erste Quartet das Sylbenmaß einer Ramlerschen Ode, und das zweyte gar keine Verschlingung der Reime hat, Sonett uͤberschreiben kann, der muß von dieser Form, wobey alles auf der architektonischen Symmetrie beruht, gar keinen Begriff haben. Jch will doch dieß noch sonst merkwuͤrdige Quartett hersetzen. Amadis redet den Don Quixote uͤber seine verliebte Bußuͤbungen, die seinen eignen glichen, an: Du dessen Augenpaar, wie ein Paar Reben, Des Salztranks Fuͤlle taͤglich dir gegeben; Du dem man Silber, Zinn und Messing zwar entfuͤhrt, Doch auf der Erde dich mit Erde regaliert; Tú, á quien los ojos diéron la bebida De abundante licor, aunque salobre, Y alzandote la plata, estaño y cobre Te dió la tierra en tierra la comida: Zuerst der schoͤne Flickreim: wie ein Paar Reben. Die letzten Zeilen geben gar keinen Sinn, Herr S. hat sie durchaus nicht verstanden. Wie soll alzandote heißen koͤnnen: dem man entfuͤhrt? Woͤrtlich bedeutet es: und waͤhrend dich Silber, Zinn und Kupfer erhoͤhte, d.h. deine Thaten verherrlichte. Sonst sagt man: die Thaten werden in Erz verewigt, die Nennung der drey Metalle ist eine burleske Erweiterung hievon, die durch das witzige Spiel, unpoetische Worte zu einem seltnen Reim zu vereinigen, herbeygefuͤhrt wird. Te dió la tierra en tierra la comida, die Erde gab dir auf der Erde Nahrung,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_athenaeum_1800
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_athenaeum_1800/329
Zitationshilfe: Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 3. Berlin, 1800, S. 317. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_athenaeum_1800/329>, abgerufen am 21.11.2024.