Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 3. Berlin, 1800.mir zum Beyspiel Garve sey; ich wollte zeigen, daß die Worte sich selbst oft besser verstehen, als diejenigen von denen sie gebraucht werden, wollte aufmerksam darauf machen, daß es unter den philosophischen Worten, die oft in ihren Schriften wie eine Schaar zu früh entsprungener Geister alles verwirren und die unsichtbare Gewalt des Weltgeistes auch an dem ausüben, der sie nicht anerkennen will, geheime Ordensverbindungen geben muß; ich wollte zeigen, daß man die reinste und gediegenste Unverständlichkeit gerade aus der Wissenschaft und aus der Kunst erhält, die ganz eigentlich aufs Verständigen und Verständlichmachen ausgehn, aus der Philosophie und Philologie; und damit das ganze Geschäft sich nicht in einem gar zu handgreiflichen Cirkel herumdrehen möchte, so hatte ich mir fest vorgenommen, dieses eine Mal wenigstens gewiß verständlich zu seyn. Jch wollte auf das hindeuten was die größten Denker jeder Zeit (freylich nur sehr dunkel) geahndet haben, bis Kant die Tafel der Kategorien entdeckte und es Licht wurde im Geiste des Menschen; ich meyne eine reelle Sprache, daß wir aufhören möchten mit Worten zu kramen, und schauen alles Wirkens Kraft und Saamen. Die große Raserey einer solchen Kabbala, wo gelehrt werden sollte, wie des Menschen Geist sich selbst verwandeln und dadurch den wandelbaren ewig verwandelten Gegner endlich fesseln möge, ein dergleichen Mysterium durfte ich nun nicht so naiv und nakt darstellen, wie ich aus jugendlicher Unbesonnenheit die Natur der Liebe in der Lucinde zur ewigen mir zum Beyspiel Garve sey; ich wollte zeigen, daß die Worte sich selbst oft besser verstehen, als diejenigen von denen sie gebraucht werden, wollte aufmerksam darauf machen, daß es unter den philosophischen Worten, die oft in ihren Schriften wie eine Schaar zu fruͤh entsprungener Geister alles verwirren und die unsichtbare Gewalt des Weltgeistes auch an dem ausuͤben, der sie nicht anerkennen will, geheime Ordensverbindungen geben muß; ich wollte zeigen, daß man die reinste und gediegenste Unverstaͤndlichkeit gerade aus der Wissenschaft und aus der Kunst erhaͤlt, die ganz eigentlich aufs Verstaͤndigen und Verstaͤndlichmachen ausgehn, aus der Philosophie und Philologie; und damit das ganze Geschaͤft sich nicht in einem gar zu handgreiflichen Cirkel herumdrehen moͤchte, so hatte ich mir fest vorgenommen, dieses eine Mal wenigstens gewiß verstaͤndlich zu seyn. Jch wollte auf das hindeuten was die groͤßten Denker jeder Zeit (freylich nur sehr dunkel) geahndet haben, bis Kant die Tafel der Kategorien entdeckte und es Licht wurde im Geiste des Menschen; ich meyne eine reelle Sprache, daß wir aufhoͤren moͤchten mit Worten zu kramen, und schauen alles Wirkens Kraft und Saamen. Die große Raserey einer solchen Kabbala, wo gelehrt werden sollte, wie des Menschen Geist sich selbst verwandeln und dadurch den wandelbaren ewig verwandelten Gegner endlich fesseln moͤge, ein dergleichen Mysterium durfte ich nun nicht so naiv und nakt darstellen, wie ich aus jugendlicher Unbesonnenheit die Natur der Liebe in der Lucinde zur ewigen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0351" n="339"/> mir zum Beyspiel Garve sey; ich wollte zeigen, daß die Worte sich selbst oft besser verstehen, als diejenigen von denen sie gebraucht werden, wollte aufmerksam darauf machen, daß es unter den philosophischen Worten, die oft in ihren Schriften wie eine Schaar zu fruͤh entsprungener Geister alles verwirren und die unsichtbare Gewalt des Weltgeistes auch an dem ausuͤben, der sie nicht anerkennen will, geheime Ordensverbindungen geben muß; ich wollte zeigen, daß man die reinste und gediegenste Unverstaͤndlichkeit gerade aus der Wissenschaft und aus der Kunst erhaͤlt, die ganz eigentlich aufs Verstaͤndigen und Verstaͤndlichmachen ausgehn, aus der Philosophie und Philologie; und damit das ganze Geschaͤft sich nicht in einem gar zu handgreiflichen Cirkel herumdrehen moͤchte, so hatte ich mir fest vorgenommen, dieses eine Mal wenigstens gewiß verstaͤndlich zu seyn. Jch wollte auf das hindeuten was die groͤßten Denker jeder Zeit (freylich nur sehr dunkel) geahndet haben, bis Kant die Tafel der Kategorien entdeckte und es Licht wurde im Geiste des Menschen; ich meyne eine reelle Sprache, daß wir aufhoͤren moͤchten mit Worten zu kramen, und schauen alles Wirkens Kraft und Saamen. Die große Raserey einer solchen Kabbala, wo gelehrt werden sollte, wie des Menschen Geist sich selbst verwandeln und dadurch den wandelbaren ewig verwandelten Gegner endlich fesseln moͤge, ein dergleichen Mysterium durfte ich nun nicht so naiv und nakt darstellen, wie ich aus jugendlicher Unbesonnenheit die Natur der Liebe in der Lucinde zur ewigen </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [339/0351]
mir zum Beyspiel Garve sey; ich wollte zeigen, daß die Worte sich selbst oft besser verstehen, als diejenigen von denen sie gebraucht werden, wollte aufmerksam darauf machen, daß es unter den philosophischen Worten, die oft in ihren Schriften wie eine Schaar zu fruͤh entsprungener Geister alles verwirren und die unsichtbare Gewalt des Weltgeistes auch an dem ausuͤben, der sie nicht anerkennen will, geheime Ordensverbindungen geben muß; ich wollte zeigen, daß man die reinste und gediegenste Unverstaͤndlichkeit gerade aus der Wissenschaft und aus der Kunst erhaͤlt, die ganz eigentlich aufs Verstaͤndigen und Verstaͤndlichmachen ausgehn, aus der Philosophie und Philologie; und damit das ganze Geschaͤft sich nicht in einem gar zu handgreiflichen Cirkel herumdrehen moͤchte, so hatte ich mir fest vorgenommen, dieses eine Mal wenigstens gewiß verstaͤndlich zu seyn. Jch wollte auf das hindeuten was die groͤßten Denker jeder Zeit (freylich nur sehr dunkel) geahndet haben, bis Kant die Tafel der Kategorien entdeckte und es Licht wurde im Geiste des Menschen; ich meyne eine reelle Sprache, daß wir aufhoͤren moͤchten mit Worten zu kramen, und schauen alles Wirkens Kraft und Saamen. Die große Raserey einer solchen Kabbala, wo gelehrt werden sollte, wie des Menschen Geist sich selbst verwandeln und dadurch den wandelbaren ewig verwandelten Gegner endlich fesseln moͤge, ein dergleichen Mysterium durfte ich nun nicht so naiv und nakt darstellen, wie ich aus jugendlicher Unbesonnenheit die Natur der Liebe in der Lucinde zur ewigen
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Zitationshilfe: | Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 3. Berlin, 1800, S. 339. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_athenaeum_1800/351>, abgerufen am 27.07.2024. |