Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 3. Berlin, 1800.denn Girtanner ist gestorben, und ist demnach für jetzt so weit davon entfernt Gold machen zu können, daß man vielmehr mit aller Kunst nur so viel Eisen aus ihm wird machen können, als nöthig wäre, sein Andenken durch eine kleine Schaumünze zu verewigen. Ueberdem haben sich die Klagen über die Unverständlichkeit so ausschließlich gegen das Athenaeum gerichtet, es ist so oft und so vielseitig geschehen, daß die Deduction am besten eben da ihren Anfang wird nehmen können, wo uns eigentlich der Schuh drückt. Schon hat ein scharfsinniger Kunstrichter im Berliner Archiv der Zeit das Athenaeum gegen diese Vorwürfe freundschaftlich vertheidigt, und dabey das berüchtigte Fragment von den drey Tendenzen zum Beyspiel gewählt. Ein überaus glücklicher Gedanke! Gerade so muß man die Sache angreifen. Jch werde denselben Weg einschlagen, und damit der Leser um so leichter einsehen kann, daß ich das Fragment wirklich für gut halte, so mag es hier noch einmal stehen: "Die französische Revoluzion, Fichte's Wissenschaftslehre und Goethe's Meister sind die größten Tendenzen des Zeitalters. Wer an dieser Zusammenstellung Anstoß nimmt, wem keine Revoluzion wichtig scheinen kann, die nicht laut und materiell ist, der hat sich noch nicht auf den hohen weiten Standpunkt der Geschichte der Menschheit erhoben. Selbst in unsern dürftigen Culturgeschichten, die meistens einer mit fortlaufendem Commentar begleiteten Varientensammlung, denn Girtanner ist gestorben, und ist demnach fuͤr jetzt so weit davon entfernt Gold machen zu koͤnnen, daß man vielmehr mit aller Kunst nur so viel Eisen aus ihm wird machen koͤnnen, als noͤthig waͤre, sein Andenken durch eine kleine Schaumuͤnze zu verewigen. Ueberdem haben sich die Klagen uͤber die Unverstaͤndlichkeit so ausschließlich gegen das Athenaeum gerichtet, es ist so oft und so vielseitig geschehen, daß die Deduction am besten eben da ihren Anfang wird nehmen koͤnnen, wo uns eigentlich der Schuh druͤckt. Schon hat ein scharfsinniger Kunstrichter im Berliner Archiv der Zeit das Athenaeum gegen diese Vorwuͤrfe freundschaftlich vertheidigt, und dabey das beruͤchtigte Fragment von den drey Tendenzen zum Beyspiel gewaͤhlt. Ein uͤberaus gluͤcklicher Gedanke! Gerade so muß man die Sache angreifen. Jch werde denselben Weg einschlagen, und damit der Leser um so leichter einsehen kann, daß ich das Fragment wirklich fuͤr gut halte, so mag es hier noch einmal stehen: “Die franzoͤsische Revoluzion, Fichte's Wissenschaftslehre und Goethe's Meister sind die groͤßten Tendenzen des Zeitalters. Wer an dieser Zusammenstellung Anstoß nimmt, wem keine Revoluzion wichtig scheinen kann, die nicht laut und materiell ist, der hat sich noch nicht auf den hohen weiten Standpunkt der Geschichte der Menschheit erhoben. Selbst in unsern duͤrftigen Culturgeschichten, die meistens einer mit fortlaufendem Commentar begleiteten Varientensammlung, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0354" n="342"/> denn Girtanner ist gestorben, und ist demnach fuͤr jetzt so weit davon entfernt Gold machen zu koͤnnen, daß man vielmehr mit aller Kunst nur so viel Eisen aus ihm wird machen koͤnnen, als noͤthig waͤre, sein Andenken durch eine kleine Schaumuͤnze zu verewigen.</p><lb/> <p>Ueberdem haben sich die Klagen uͤber die Unverstaͤndlichkeit so ausschließlich gegen das Athenaeum gerichtet, es ist so oft und so vielseitig geschehen, daß die Deduction am besten eben da ihren Anfang wird nehmen koͤnnen, wo uns eigentlich der Schuh druͤckt.</p><lb/> <p>Schon hat ein scharfsinniger Kunstrichter im Berliner Archiv der Zeit das Athenaeum gegen diese Vorwuͤrfe freundschaftlich vertheidigt, und dabey das beruͤchtigte Fragment von den drey Tendenzen zum Beyspiel gewaͤhlt. Ein uͤberaus gluͤcklicher Gedanke! Gerade so muß man die Sache angreifen. Jch werde denselben Weg einschlagen, und damit der Leser um so leichter einsehen kann, daß ich das Fragment wirklich fuͤr gut halte, so mag es hier noch einmal stehen:</p><lb/> <p> <hi rendition="#et">“Die franzoͤsische Revoluzion, Fichte's Wissenschaftslehre und Goethe's Meister sind die groͤßten Tendenzen des Zeitalters. Wer an dieser Zusammenstellung Anstoß nimmt, wem keine Revoluzion wichtig scheinen kann, die nicht laut und materiell ist, der hat sich noch nicht auf den hohen weiten Standpunkt der Geschichte der Menschheit erhoben. Selbst in unsern duͤrftigen Culturgeschichten, die meistens einer mit fortlaufendem Commentar begleiteten Varientensammlung, </hi> </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [342/0354]
denn Girtanner ist gestorben, und ist demnach fuͤr jetzt so weit davon entfernt Gold machen zu koͤnnen, daß man vielmehr mit aller Kunst nur so viel Eisen aus ihm wird machen koͤnnen, als noͤthig waͤre, sein Andenken durch eine kleine Schaumuͤnze zu verewigen.
Ueberdem haben sich die Klagen uͤber die Unverstaͤndlichkeit so ausschließlich gegen das Athenaeum gerichtet, es ist so oft und so vielseitig geschehen, daß die Deduction am besten eben da ihren Anfang wird nehmen koͤnnen, wo uns eigentlich der Schuh druͤckt.
Schon hat ein scharfsinniger Kunstrichter im Berliner Archiv der Zeit das Athenaeum gegen diese Vorwuͤrfe freundschaftlich vertheidigt, und dabey das beruͤchtigte Fragment von den drey Tendenzen zum Beyspiel gewaͤhlt. Ein uͤberaus gluͤcklicher Gedanke! Gerade so muß man die Sache angreifen. Jch werde denselben Weg einschlagen, und damit der Leser um so leichter einsehen kann, daß ich das Fragment wirklich fuͤr gut halte, so mag es hier noch einmal stehen:
“Die franzoͤsische Revoluzion, Fichte's Wissenschaftslehre und Goethe's Meister sind die groͤßten Tendenzen des Zeitalters. Wer an dieser Zusammenstellung Anstoß nimmt, wem keine Revoluzion wichtig scheinen kann, die nicht laut und materiell ist, der hat sich noch nicht auf den hohen weiten Standpunkt der Geschichte der Menschheit erhoben. Selbst in unsern duͤrftigen Culturgeschichten, die meistens einer mit fortlaufendem Commentar begleiteten Varientensammlung,
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