Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 3. Berlin, 1800.Gold seyn." -- Wie gern werden nun alle Künstler sich entschließen den kleinen unbedeutenden Ueberrest vom achtzehnten Jahrhundert noch zu hungern, und diese große Pflicht künftig nicht mehr mit betrübtem Herzen erfüllen; denn sie wissen, daß theils noch sie selbst in eigner Person, theils aber auch und desto gewisser ihre Nachkommen in kurzem werden Gold machen können. Daß gerade das Küchengeschirr erwähnt wird, hat zur Ursache, weil jener scharfsinnige Geist gerade das vorzüglich schön und groß an dieser Katastrophe findet, daß wir nun nicht mehr so viele verruchte Halbsäuren von gemeinen unedlen niederträchtigen Metallen wie Bley, Kupfer, Eisen und dergl. werden verschlucken dürfen. Jch sah die Sache aus einem andern Gesichtspunkte. Schon oft hatte ich die Objektivität des Goldes im Stillen bewundert, ja ich darf wohl sagen angebetet. Bey den Chinesen, dachte ich, bey den Engländern, bey den Russen, auf der Jnsel Japan, bey den Einwohnern von Fetz und Marokko, ja sogar bey den Kosacken, Tscheremissen, Baschkiren und Mulatten, kurz überall wo es nur einige Bildung und Aufklärung giebt, ist das Silber, das Gold verständlich und durch das Gold alles übrige. Wenn nun erst jeder Künstler diese Materien in hinreichender Quantität besitzt, so darf er ja nur seine Werke in Basrelief schreiben, mit goldnen Lettern auf silbernen Tafeln. Wer würde eine so schön gedruckte Schrift, mit der groben Aeußerung, sie sey unverständlich, zurückweisen wollen? Aber alles das sind nur Hirngespinste oder Jdeale: Gold seyn.” — Wie gern werden nun alle Kuͤnstler sich entschließen den kleinen unbedeutenden Ueberrest vom achtzehnten Jahrhundert noch zu hungern, und diese große Pflicht kuͤnftig nicht mehr mit betruͤbtem Herzen erfuͤllen; denn sie wissen, daß theils noch sie selbst in eigner Person, theils aber auch und desto gewisser ihre Nachkommen in kurzem werden Gold machen koͤnnen. Daß gerade das Kuͤchengeschirr erwaͤhnt wird, hat zur Ursache, weil jener scharfsinnige Geist gerade das vorzuͤglich schoͤn und groß an dieser Katastrophe findet, daß wir nun nicht mehr so viele verruchte Halbsaͤuren von gemeinen unedlen niedertraͤchtigen Metallen wie Bley, Kupfer, Eisen und dergl. werden verschlucken duͤrfen. Jch sah die Sache aus einem andern Gesichtspunkte. Schon oft hatte ich die Objektivitaͤt des Goldes im Stillen bewundert, ja ich darf wohl sagen angebetet. Bey den Chinesen, dachte ich, bey den Englaͤndern, bey den Russen, auf der Jnsel Japan, bey den Einwohnern von Fetz und Marokko, ja sogar bey den Kosacken, Tscheremissen, Baschkiren und Mulatten, kurz uͤberall wo es nur einige Bildung und Aufklaͤrung giebt, ist das Silber, das Gold verstaͤndlich und durch das Gold alles uͤbrige. Wenn nun erst jeder Kuͤnstler diese Materien in hinreichender Quantitaͤt besitzt, so darf er ja nur seine Werke in Basrelief schreiben, mit goldnen Lettern auf silbernen Tafeln. Wer wuͤrde eine so schoͤn gedruckte Schrift, mit der groben Aeußerung, sie sey unverstaͤndlich, zuruͤckweisen wollen? Aber alles das sind nur Hirngespinste oder Jdeale: <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0353" n="341"/> Gold seyn.” — Wie gern werden nun alle Kuͤnstler sich entschließen den kleinen unbedeutenden Ueberrest vom achtzehnten Jahrhundert noch zu hungern, und diese große Pflicht kuͤnftig nicht mehr mit betruͤbtem Herzen erfuͤllen; denn sie wissen, daß theils noch sie selbst in eigner Person, theils aber auch und desto gewisser ihre Nachkommen in kurzem werden Gold machen koͤnnen. Daß gerade das Kuͤchengeschirr erwaͤhnt wird, hat zur Ursache, weil jener scharfsinnige Geist gerade das vorzuͤglich schoͤn und groß an dieser Katastrophe findet, daß wir nun nicht mehr so viele verruchte Halbsaͤuren von gemeinen unedlen niedertraͤchtigen Metallen wie Bley, Kupfer, Eisen und dergl. werden verschlucken duͤrfen. Jch sah die Sache aus einem andern Gesichtspunkte. Schon oft hatte ich die Objektivitaͤt des Goldes im Stillen bewundert, ja ich darf wohl sagen angebetet. Bey den Chinesen, dachte ich, bey den Englaͤndern, bey den Russen, auf der Jnsel Japan, bey den Einwohnern von Fetz und Marokko, ja sogar bey den Kosacken, Tscheremissen, Baschkiren und Mulatten, kurz uͤberall wo es nur einige Bildung und Aufklaͤrung giebt, ist das Silber, das Gold verstaͤndlich und durch das Gold alles uͤbrige. Wenn nun erst jeder Kuͤnstler diese Materien in hinreichender Quantitaͤt besitzt, so darf er ja nur seine Werke in Basrelief schreiben, mit goldnen Lettern auf silbernen Tafeln. Wer wuͤrde eine so schoͤn gedruckte Schrift, mit der groben Aeußerung, sie sey unverstaͤndlich, zuruͤckweisen wollen?</p><lb/> <p>Aber alles das sind nur Hirngespinste oder Jdeale: </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [341/0353]
Gold seyn.” — Wie gern werden nun alle Kuͤnstler sich entschließen den kleinen unbedeutenden Ueberrest vom achtzehnten Jahrhundert noch zu hungern, und diese große Pflicht kuͤnftig nicht mehr mit betruͤbtem Herzen erfuͤllen; denn sie wissen, daß theils noch sie selbst in eigner Person, theils aber auch und desto gewisser ihre Nachkommen in kurzem werden Gold machen koͤnnen. Daß gerade das Kuͤchengeschirr erwaͤhnt wird, hat zur Ursache, weil jener scharfsinnige Geist gerade das vorzuͤglich schoͤn und groß an dieser Katastrophe findet, daß wir nun nicht mehr so viele verruchte Halbsaͤuren von gemeinen unedlen niedertraͤchtigen Metallen wie Bley, Kupfer, Eisen und dergl. werden verschlucken duͤrfen. Jch sah die Sache aus einem andern Gesichtspunkte. Schon oft hatte ich die Objektivitaͤt des Goldes im Stillen bewundert, ja ich darf wohl sagen angebetet. Bey den Chinesen, dachte ich, bey den Englaͤndern, bey den Russen, auf der Jnsel Japan, bey den Einwohnern von Fetz und Marokko, ja sogar bey den Kosacken, Tscheremissen, Baschkiren und Mulatten, kurz uͤberall wo es nur einige Bildung und Aufklaͤrung giebt, ist das Silber, das Gold verstaͤndlich und durch das Gold alles uͤbrige. Wenn nun erst jeder Kuͤnstler diese Materien in hinreichender Quantitaͤt besitzt, so darf er ja nur seine Werke in Basrelief schreiben, mit goldnen Lettern auf silbernen Tafeln. Wer wuͤrde eine so schoͤn gedruckte Schrift, mit der groben Aeußerung, sie sey unverstaͤndlich, zuruͤckweisen wollen?
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Zitationshilfe: | Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 3. Berlin, 1800, S. 341. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_athenaeum_1800/353>, abgerufen am 28.07.2024. |