Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 3. Berlin, 1800.Um die Uebersicht vom ganzen System der Jronie zu erleichtern, wollen wir einige der vorzüglichsten Arten anführen. Die erste und vornehmste von allen ist die grobe Jronie; findet sich am meisten in der wirklichen Natur der Dinge und ist einer ihrer allgemein verbreitetsten Stoffe; in der Geschichte der Menschheit ist sie recht eigentlich zu Hause. Dann kommt die feine oder die delikate Jronie; dann die extrafeine; in dieser Manier arbeitet Skaramuz, wenn er sich freundlich und ernsthaft mit jemand zu besprechen scheint, indem er nur den Augenblick erwartet, wo er wird mit einer guten Art einen Tritt in den Hintern geben können. Diese Sorte wird auch wohl bey Dichtern gefunden, wie ebenfalls die redliche Jronie, welche am reinsten und ursprünglichsten in alten Gärten angebracht ist, wo wunderbar liebliche Grotten den gefühlvollen Freund der Natur in ihren kühlen Schooß locken, um ihn dann von allen Seiten mit Wasser reichlich zu besprützen und ihm so die Zartheit zu vertreiben. Ferner die dramatische Jronie, wenn der Dichter drey Akte geschrieben hat, dann wider Vermuthen ein andrer Mensch wird, und nun die beyden letzten Acte schreiben muß. Die doppelte Jronie, wenn zwey Linien von Jronie parallel neben einander laufen ohne sich zu stören, eine fürs Parterre die andre für die Logen, wobey noch kleine Funken in die Coulissen fahren können. Endlich die Jronie der Jronie. Jm allgemeinen ist das wohl die gründlichste Jronie der Jronie, daß man sie doch eben auch überdrüßig wird, wenn sie uns überall und immer wieder geboten wird. Um die Uebersicht vom ganzen System der Jronie zu erleichtern, wollen wir einige der vorzuͤglichsten Arten anfuͤhren. Die erste und vornehmste von allen ist die grobe Jronie; findet sich am meisten in der wirklichen Natur der Dinge und ist einer ihrer allgemein verbreitetsten Stoffe; in der Geschichte der Menschheit ist sie recht eigentlich zu Hause. Dann kommt die feine oder die delikate Jronie; dann die extrafeine; in dieser Manier arbeitet Skaramuz, wenn er sich freundlich und ernsthaft mit jemand zu besprechen scheint, indem er nur den Augenblick erwartet, wo er wird mit einer guten Art einen Tritt in den Hintern geben koͤnnen. Diese Sorte wird auch wohl bey Dichtern gefunden, wie ebenfalls die redliche Jronie, welche am reinsten und urspruͤnglichsten in alten Gaͤrten angebracht ist, wo wunderbar liebliche Grotten den gefuͤhlvollen Freund der Natur in ihren kuͤhlen Schooß locken, um ihn dann von allen Seiten mit Wasser reichlich zu bespruͤtzen und ihm so die Zartheit zu vertreiben. Ferner die dramatische Jronie, wenn der Dichter drey Akte geschrieben hat, dann wider Vermuthen ein andrer Mensch wird, und nun die beyden letzten Acte schreiben muß. Die doppelte Jronie, wenn zwey Linien von Jronie parallel neben einander laufen ohne sich zu stoͤren, eine fuͤrs Parterre die andre fuͤr die Logen, wobey noch kleine Funken in die Coulissen fahren koͤnnen. Endlich die Jronie der Jronie. Jm allgemeinen ist das wohl die gruͤndlichste Jronie der Jronie, daß man sie doch eben auch uͤberdruͤßig wird, wenn sie uns uͤberall und immer wieder geboten wird. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0360" n="348"/> <p>Um die Uebersicht vom ganzen System der Jronie zu erleichtern, wollen wir einige der vorzuͤglichsten Arten anfuͤhren. Die erste und vornehmste von allen ist die grobe Jronie; findet sich am meisten in der wirklichen Natur der Dinge und ist einer ihrer allgemein verbreitetsten Stoffe; in der Geschichte der Menschheit ist sie recht eigentlich zu Hause. Dann kommt die feine oder die delikate Jronie; dann die extrafeine; in dieser Manier arbeitet Skaramuz, wenn er sich freundlich und ernsthaft mit jemand zu besprechen scheint, indem er nur den Augenblick erwartet, wo er wird mit einer guten Art einen Tritt in den Hintern geben koͤnnen. Diese Sorte wird auch wohl bey Dichtern gefunden, wie ebenfalls die redliche Jronie, welche am reinsten und urspruͤnglichsten in alten Gaͤrten angebracht ist, wo wunderbar liebliche Grotten den gefuͤhlvollen Freund der Natur in ihren kuͤhlen Schooß locken, um ihn dann von allen Seiten mit Wasser reichlich zu bespruͤtzen und ihm so die Zartheit zu vertreiben. Ferner die dramatische Jronie, wenn der Dichter drey Akte geschrieben hat, dann wider Vermuthen ein andrer Mensch wird, und nun die beyden letzten Acte schreiben muß. Die doppelte Jronie, wenn zwey Linien von Jronie parallel neben einander laufen ohne sich zu stoͤren, eine fuͤrs Parterre die andre fuͤr die Logen, wobey noch kleine Funken in die Coulissen fahren koͤnnen. Endlich die Jronie der Jronie. Jm allgemeinen ist das wohl die gruͤndlichste Jronie der Jronie, daß man sie doch eben auch uͤberdruͤßig wird, wenn sie uns uͤberall und immer wieder geboten wird. </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [348/0360]
Um die Uebersicht vom ganzen System der Jronie zu erleichtern, wollen wir einige der vorzuͤglichsten Arten anfuͤhren. Die erste und vornehmste von allen ist die grobe Jronie; findet sich am meisten in der wirklichen Natur der Dinge und ist einer ihrer allgemein verbreitetsten Stoffe; in der Geschichte der Menschheit ist sie recht eigentlich zu Hause. Dann kommt die feine oder die delikate Jronie; dann die extrafeine; in dieser Manier arbeitet Skaramuz, wenn er sich freundlich und ernsthaft mit jemand zu besprechen scheint, indem er nur den Augenblick erwartet, wo er wird mit einer guten Art einen Tritt in den Hintern geben koͤnnen. Diese Sorte wird auch wohl bey Dichtern gefunden, wie ebenfalls die redliche Jronie, welche am reinsten und urspruͤnglichsten in alten Gaͤrten angebracht ist, wo wunderbar liebliche Grotten den gefuͤhlvollen Freund der Natur in ihren kuͤhlen Schooß locken, um ihn dann von allen Seiten mit Wasser reichlich zu bespruͤtzen und ihm so die Zartheit zu vertreiben. Ferner die dramatische Jronie, wenn der Dichter drey Akte geschrieben hat, dann wider Vermuthen ein andrer Mensch wird, und nun die beyden letzten Acte schreiben muß. Die doppelte Jronie, wenn zwey Linien von Jronie parallel neben einander laufen ohne sich zu stoͤren, eine fuͤrs Parterre die andre fuͤr die Logen, wobey noch kleine Funken in die Coulissen fahren koͤnnen. Endlich die Jronie der Jronie. Jm allgemeinen ist das wohl die gruͤndlichste Jronie der Jronie, daß man sie doch eben auch uͤberdruͤßig wird, wenn sie uns uͤberall und immer wieder geboten wird.
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Zitationshilfe: | Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 3. Berlin, 1800, S. 348. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_athenaeum_1800/360>, abgerufen am 28.07.2024. |