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Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 3. Berlin, 1800.

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ihres herrlichen Schmuckes im Kranze der Ufer? Die Ströme Deutschlands sahst du so nicht wandeln. Nur in den Klüften und Thälern des waldigen Harzes und in den Felsengebürgen von Thüringen kommt im schönern Spiele des Lichts und im süßern Laute der Wogen ein einsamer Bach. Du priesest seinen Wandel und die himmlische Klarheit, und lauschtest mit Wohlgefallen dem süßen melodischen Geflüster.

Aber es war nur Vorbedeutung des schönern Himmels, in welchen du eintrittst mit dem erhabenen Rheinstrom. Jhm vertraute die Natur den Eingang in ihr Heiligthum, und setzte ihn zum Richter über die nahenden Menschen. Groß und untrüglich ist sein richtendes Wort. Er erforschet dein Jnnerstes, und sagt dir, ob du es würdig bist die Stätte zu berühren, wo die Göttin wandelt in strahlender Hoheit und im freundlich belebenden Lichte des Ewig-Schönen.

Am östlichen Thore der Stadt, deren Name mit dem Ruhme des Rheines wandelt, erblickst du den Strom. Hell wird dein Auge und freundlich dein Blick. Du fühlest dich zauberisch hingezogen in des Stromes herrlichen Wandel, als wollest du ihn umfangen in kindlicher Unwissenheit und Freude. Noch sahst du kein Gewässer in dieser jugendlichen Schöne, in diesem magischen Farbenspiele seiner himmlischen Klarheit. Er strömet dahin bald leiser bald rascher, wie der Felsengrund eben und abwärts ihm winket, und des Ufers leichte Gebüsche und sein dunkles Gestein schweben mit zitterndem Lichte in des Stromes wirbelnder Woge. Du weilest nicht mit stillbetrachtendem

ihres herrlichen Schmuckes im Kranze der Ufer? Die Stroͤme Deutschlands sahst du so nicht wandeln. Nur in den Kluͤften und Thaͤlern des waldigen Harzes und in den Felsengebuͤrgen von Thuͤringen kommt im schoͤnern Spiele des Lichts und im suͤßern Laute der Wogen ein einsamer Bach. Du priesest seinen Wandel und die himmlische Klarheit, und lauschtest mit Wohlgefallen dem suͤßen melodischen Gefluͤster.

Aber es war nur Vorbedeutung des schoͤnern Himmels, in welchen du eintrittst mit dem erhabenen Rheinstrom. Jhm vertraute die Natur den Eingang in ihr Heiligthum, und setzte ihn zum Richter uͤber die nahenden Menschen. Groß und untruͤglich ist sein richtendes Wort. Er erforschet dein Jnnerstes, und sagt dir, ob du es wuͤrdig bist die Staͤtte zu beruͤhren, wo die Goͤttin wandelt in strahlender Hoheit und im freundlich belebenden Lichte des Ewig-Schoͤnen.

Am oͤstlichen Thore der Stadt, deren Name mit dem Ruhme des Rheines wandelt, erblickst du den Strom. Hell wird dein Auge und freundlich dein Blick. Du fuͤhlest dich zauberisch hingezogen in des Stromes herrlichen Wandel, als wollest du ihn umfangen in kindlicher Unwissenheit und Freude. Noch sahst du kein Gewaͤsser in dieser jugendlichen Schoͤne, in diesem magischen Farbenspiele seiner himmlischen Klarheit. Er stroͤmet dahin bald leiser bald rascher, wie der Felsengrund eben und abwaͤrts ihm winket, und des Ufers leichte Gebuͤsche und sein dunkles Gestein schweben mit zitterndem Lichte in des Stromes wirbelnder Woge. Du weilest nicht mit stillbetrachtendem

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[39/0047] ihres herrlichen Schmuckes im Kranze der Ufer? Die Stroͤme Deutschlands sahst du so nicht wandeln. Nur in den Kluͤften und Thaͤlern des waldigen Harzes und in den Felsengebuͤrgen von Thuͤringen kommt im schoͤnern Spiele des Lichts und im suͤßern Laute der Wogen ein einsamer Bach. Du priesest seinen Wandel und die himmlische Klarheit, und lauschtest mit Wohlgefallen dem suͤßen melodischen Gefluͤster. Aber es war nur Vorbedeutung des schoͤnern Himmels, in welchen du eintrittst mit dem erhabenen Rheinstrom. Jhm vertraute die Natur den Eingang in ihr Heiligthum, und setzte ihn zum Richter uͤber die nahenden Menschen. Groß und untruͤglich ist sein richtendes Wort. Er erforschet dein Jnnerstes, und sagt dir, ob du es wuͤrdig bist die Staͤtte zu beruͤhren, wo die Goͤttin wandelt in strahlender Hoheit und im freundlich belebenden Lichte des Ewig-Schoͤnen. Am oͤstlichen Thore der Stadt, deren Name mit dem Ruhme des Rheines wandelt, erblickst du den Strom. Hell wird dein Auge und freundlich dein Blick. Du fuͤhlest dich zauberisch hingezogen in des Stromes herrlichen Wandel, als wollest du ihn umfangen in kindlicher Unwissenheit und Freude. Noch sahst du kein Gewaͤsser in dieser jugendlichen Schoͤne, in diesem magischen Farbenspiele seiner himmlischen Klarheit. Er stroͤmet dahin bald leiser bald rascher, wie der Felsengrund eben und abwaͤrts ihm winket, und des Ufers leichte Gebuͤsche und sein dunkles Gestein schweben mit zitterndem Lichte in des Stromes wirbelnder Woge. Du weilest nicht mit stillbetrachtendem

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Zitationshilfe: Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 3. Berlin, 1800, S. 39. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_athenaeum_1800/47>, abgerufen am 29.04.2024.