Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 3. Berlin, 1800.stellen soll, deren jede aus ihrem Standpunkte den unendlichen Geist der Poesie in einem neuen Lichte zeigen kann, und die alle mehr oder minder bald von dieser bald von jener Seite in den eigentlichen Kern zu dringen streben. Das Jnteresse an dieser Vielseitigkeit erzeugte den Entschluß, was ich in einem Kreise von Freunden bemerkt und anfänglich nur in Beziehung auf sie gedacht hatte, allen denen mitzutheilen, die eigne Liebe im Busen spüren und gesonnen sind, in die heiligen Mysterien der Natur und der Poesie kraft ihrer innern Lebensfülle sich selbst einzuweihen. Amalia und Camilla geriethen so eben über ein neues Schauspiel in ein Gespräch, das immer lebhafter wurde, als zwey von den erwarteten Freunden, die wir Marcus und Antonio nennen wollen, mit einem lauten Gelächter in die Gesellschaft traten. Nachdem jene beyden hinzugekommen, war diese nun so vollständig als sie sich gewöhnlich bey Amalien zu versammeln pflegte, um sich frey und froh mit ihrer gemeinschaftlichen Liebhaberey zu beschäftigen. Ohne Verabredung oder Gesetz fügte es sich meistens von selbst, daß Poesie der Gegenstand, die Veranlaßung, der Mittelpunkt ihres Beysammenseyns war. Bisher hatte bald dieser bald jener unter ihnen ein dramatisches Werk oder auch ein andres vorgelesen, worüber dann viel hin und her geredet, und manches Gute und Schöne gesagt ward. Doch fühlten bald alle mehr oder minder einen gewissen Mangel bey dieser Art der Unterhaltung. Amalia bemerkte den Umstand zuerst und wie ihm zu helfen seyn mögte. Sie stellen soll, deren jede aus ihrem Standpunkte den unendlichen Geist der Poesie in einem neuen Lichte zeigen kann, und die alle mehr oder minder bald von dieser bald von jener Seite in den eigentlichen Kern zu dringen streben. Das Jnteresse an dieser Vielseitigkeit erzeugte den Entschluß, was ich in einem Kreise von Freunden bemerkt und anfaͤnglich nur in Beziehung auf sie gedacht hatte, allen denen mitzutheilen, die eigne Liebe im Busen spuͤren und gesonnen sind, in die heiligen Mysterien der Natur und der Poesie kraft ihrer innern Lebensfuͤlle sich selbst einzuweihen. Amalia und Camilla geriethen so eben uͤber ein neues Schauspiel in ein Gespraͤch, das immer lebhafter wurde, als zwey von den erwarteten Freunden, die wir Marcus und Antonio nennen wollen, mit einem lauten Gelaͤchter in die Gesellschaft traten. Nachdem jene beyden hinzugekommen, war diese nun so vollstaͤndig als sie sich gewoͤhnlich bey Amalien zu versammeln pflegte, um sich frey und froh mit ihrer gemeinschaftlichen Liebhaberey zu beschaͤftigen. Ohne Verabredung oder Gesetz fuͤgte es sich meistens von selbst, daß Poesie der Gegenstand, die Veranlaßung, der Mittelpunkt ihres Beysammenseyns war. Bisher hatte bald dieser bald jener unter ihnen ein dramatisches Werk oder auch ein andres vorgelesen, woruͤber dann viel hin und her geredet, und manches Gute und Schoͤne gesagt ward. Doch fuͤhlten bald alle mehr oder minder einen gewissen Mangel bey dieser Art der Unterhaltung. Amalia bemerkte den Umstand zuerst und wie ihm zu helfen seyn moͤgte. Sie <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0070" n="62"/> stellen soll, deren jede aus ihrem Standpunkte den unendlichen Geist der Poesie in einem neuen Lichte zeigen kann, und die alle mehr oder minder bald von dieser bald von jener Seite in den eigentlichen Kern zu dringen streben. Das Jnteresse an dieser Vielseitigkeit erzeugte den Entschluß, was ich in einem Kreise von Freunden bemerkt und anfaͤnglich nur in Beziehung auf sie gedacht hatte, allen denen mitzutheilen, die eigne Liebe im Busen spuͤren und gesonnen sind, in die heiligen Mysterien der Natur und der Poesie kraft ihrer innern Lebensfuͤlle sich selbst einzuweihen.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <p>Amalia und Camilla geriethen so eben uͤber ein neues Schauspiel in ein Gespraͤch, das immer lebhafter wurde, als zwey von den erwarteten Freunden, die wir Marcus und Antonio nennen wollen, mit einem lauten Gelaͤchter in die Gesellschaft traten. Nachdem jene beyden hinzugekommen, war diese nun so vollstaͤndig als sie sich gewoͤhnlich bey Amalien zu versammeln pflegte, um sich frey und froh mit ihrer gemeinschaftlichen Liebhaberey zu beschaͤftigen. Ohne Verabredung oder Gesetz fuͤgte es sich meistens von selbst, daß Poesie der Gegenstand, die Veranlaßung, der Mittelpunkt ihres Beysammenseyns war. Bisher hatte bald dieser bald jener unter ihnen ein dramatisches Werk oder auch ein andres vorgelesen, woruͤber dann viel hin und her geredet, und manches Gute und Schoͤne gesagt ward. Doch fuͤhlten bald alle mehr oder minder einen gewissen Mangel bey dieser Art der Unterhaltung. Amalia bemerkte den Umstand zuerst und wie ihm zu helfen seyn moͤgte. Sie </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [62/0070]
stellen soll, deren jede aus ihrem Standpunkte den unendlichen Geist der Poesie in einem neuen Lichte zeigen kann, und die alle mehr oder minder bald von dieser bald von jener Seite in den eigentlichen Kern zu dringen streben. Das Jnteresse an dieser Vielseitigkeit erzeugte den Entschluß, was ich in einem Kreise von Freunden bemerkt und anfaͤnglich nur in Beziehung auf sie gedacht hatte, allen denen mitzutheilen, die eigne Liebe im Busen spuͤren und gesonnen sind, in die heiligen Mysterien der Natur und der Poesie kraft ihrer innern Lebensfuͤlle sich selbst einzuweihen.
Amalia und Camilla geriethen so eben uͤber ein neues Schauspiel in ein Gespraͤch, das immer lebhafter wurde, als zwey von den erwarteten Freunden, die wir Marcus und Antonio nennen wollen, mit einem lauten Gelaͤchter in die Gesellschaft traten. Nachdem jene beyden hinzugekommen, war diese nun so vollstaͤndig als sie sich gewoͤhnlich bey Amalien zu versammeln pflegte, um sich frey und froh mit ihrer gemeinschaftlichen Liebhaberey zu beschaͤftigen. Ohne Verabredung oder Gesetz fuͤgte es sich meistens von selbst, daß Poesie der Gegenstand, die Veranlaßung, der Mittelpunkt ihres Beysammenseyns war. Bisher hatte bald dieser bald jener unter ihnen ein dramatisches Werk oder auch ein andres vorgelesen, woruͤber dann viel hin und her geredet, und manches Gute und Schoͤne gesagt ward. Doch fuͤhlten bald alle mehr oder minder einen gewissen Mangel bey dieser Art der Unterhaltung. Amalia bemerkte den Umstand zuerst und wie ihm zu helfen seyn moͤgte. Sie
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |