Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 3. Berlin, 1800.noch folgt, bis auf unsre Zeiten, ist Ueberbleibsel, Nachhall, einzelne Ahndung, Annäherung, Rückkehr zu jenem höchsten Olymp der Poesie. Die Vollständigkeit nöthigt mich zu erwähnen, daß auch die ersten Quellen und Urbilder des didaskalischen Gedichts, die wechselseitigen Uebergänge der Poesie und der Philosophie in dieser Blüthezeit der alten Bildung zu suchen sind: in den naturbegeisterten Hymnen der Mysterien, in den sinnreichen Lehren der gesellig sittlichen Gnome, in den allumfassenden Gedichten des Empedokles und andrer Forscher, und etwa in den Symposien, wo das philosophische Gespräch und die Darstellung desselben ganz in Dichtung übergeht. Solche einzig große Geister wie Sappho, Pindaros, Aeschylos, Sophokles, Aristophanes kamen nicht wieder; aber noch gabs genialische Virtuosen wie Philoxenos, die den Zustand der Auflösung und Gährung bezeichnen, welcher den Uebergang von der großen idealischen zur zierlichen gelehrten Poesie der Hellenen bildet. Ein Mittelpunkt für diese war Alexandrien. Doch nicht hier allein blühte ein classisches Siebengestirn tragischer Dichter; auch auf der attischen Bühne glänzte eine Schaar von Virtuosen, und wenn gleich die Dichtkünstler in allen Gattungen Versuche in Menge machten, jede alte Form nachzubilden oder umzugestalten, so war es doch die dramatische Gattung vor allen, in welcher sich die noch übrige Erfindungskraft dieses Zeitalters durch eine reiche Fülle der sinnreichsten und oft seltsamen neuen Verbindungen und Zusammensezzungen noch folgt, bis auf unsre Zeiten, ist Ueberbleibsel, Nachhall, einzelne Ahndung, Annaͤherung, Ruͤckkehr zu jenem hoͤchsten Olymp der Poesie. Die Vollstaͤndigkeit noͤthigt mich zu erwaͤhnen, daß auch die ersten Quellen und Urbilder des didaskalischen Gedichts, die wechselseitigen Uebergaͤnge der Poesie und der Philosophie in dieser Bluͤthezeit der alten Bildung zu suchen sind: in den naturbegeisterten Hymnen der Mysterien, in den sinnreichen Lehren der gesellig sittlichen Gnome, in den allumfassenden Gedichten des Empedokles und andrer Forscher, und etwa in den Symposien, wo das philosophische Gespraͤch und die Darstellung desselben ganz in Dichtung uͤbergeht. Solche einzig große Geister wie Sappho, Pindaros, Aeschylos, Sophokles, Aristophanes kamen nicht wieder; aber noch gabs genialische Virtuosen wie Philoxenos, die den Zustand der Aufloͤsung und Gaͤhrung bezeichnen, welcher den Uebergang von der großen idealischen zur zierlichen gelehrten Poesie der Hellenen bildet. Ein Mittelpunkt fuͤr diese war Alexandrien. Doch nicht hier allein bluͤhte ein classisches Siebengestirn tragischer Dichter; auch auf der attischen Buͤhne glaͤnzte eine Schaar von Virtuosen, und wenn gleich die Dichtkuͤnstler in allen Gattungen Versuche in Menge machten, jede alte Form nachzubilden oder umzugestalten, so war es doch die dramatische Gattung vor allen, in welcher sich die noch uͤbrige Erfindungskraft dieses Zeitalters durch eine reiche Fuͤlle der sinnreichsten und oft seltsamen neuen Verbindungen und Zusammensezzungen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0080" n="72"/> noch folgt, bis auf unsre Zeiten, ist Ueberbleibsel, Nachhall, einzelne Ahndung, Annaͤherung, Ruͤckkehr zu jenem hoͤchsten Olymp der Poesie.</p><lb/> <p>Die Vollstaͤndigkeit noͤthigt mich zu erwaͤhnen, daß auch die ersten Quellen und Urbilder des didaskalischen Gedichts, die wechselseitigen Uebergaͤnge der Poesie und der Philosophie in dieser Bluͤthezeit der alten Bildung zu suchen sind: in den naturbegeisterten Hymnen der Mysterien, in den sinnreichen Lehren der gesellig sittlichen Gnome, in den allumfassenden Gedichten des Empedokles und andrer Forscher, und etwa in den Symposien, wo das philosophische Gespraͤch und die Darstellung desselben ganz in Dichtung uͤbergeht.</p><lb/> <p>Solche einzig große Geister wie Sappho, Pindaros, Aeschylos, Sophokles, Aristophanes kamen nicht wieder; aber noch gabs genialische Virtuosen wie Philoxenos, die den Zustand der Aufloͤsung und Gaͤhrung bezeichnen, welcher den Uebergang von der großen idealischen zur zierlichen gelehrten Poesie der Hellenen bildet. Ein Mittelpunkt fuͤr diese war Alexandrien. Doch nicht hier allein bluͤhte ein classisches Siebengestirn tragischer Dichter; auch auf der attischen Buͤhne glaͤnzte eine Schaar von Virtuosen, und wenn gleich die Dichtkuͤnstler in allen Gattungen Versuche in Menge machten, jede alte Form nachzubilden oder umzugestalten, so war es doch die dramatische Gattung vor allen, in welcher sich die noch uͤbrige Erfindungskraft dieses Zeitalters durch eine reiche Fuͤlle der sinnreichsten und oft seltsamen neuen Verbindungen und Zusammensezzungen </p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [72/0080]
noch folgt, bis auf unsre Zeiten, ist Ueberbleibsel, Nachhall, einzelne Ahndung, Annaͤherung, Ruͤckkehr zu jenem hoͤchsten Olymp der Poesie.
Die Vollstaͤndigkeit noͤthigt mich zu erwaͤhnen, daß auch die ersten Quellen und Urbilder des didaskalischen Gedichts, die wechselseitigen Uebergaͤnge der Poesie und der Philosophie in dieser Bluͤthezeit der alten Bildung zu suchen sind: in den naturbegeisterten Hymnen der Mysterien, in den sinnreichen Lehren der gesellig sittlichen Gnome, in den allumfassenden Gedichten des Empedokles und andrer Forscher, und etwa in den Symposien, wo das philosophische Gespraͤch und die Darstellung desselben ganz in Dichtung uͤbergeht.
Solche einzig große Geister wie Sappho, Pindaros, Aeschylos, Sophokles, Aristophanes kamen nicht wieder; aber noch gabs genialische Virtuosen wie Philoxenos, die den Zustand der Aufloͤsung und Gaͤhrung bezeichnen, welcher den Uebergang von der großen idealischen zur zierlichen gelehrten Poesie der Hellenen bildet. Ein Mittelpunkt fuͤr diese war Alexandrien. Doch nicht hier allein bluͤhte ein classisches Siebengestirn tragischer Dichter; auch auf der attischen Buͤhne glaͤnzte eine Schaar von Virtuosen, und wenn gleich die Dichtkuͤnstler in allen Gattungen Versuche in Menge machten, jede alte Form nachzubilden oder umzugestalten, so war es doch die dramatische Gattung vor allen, in welcher sich die noch uͤbrige Erfindungskraft dieses Zeitalters durch eine reiche Fuͤlle der sinnreichsten und oft seltsamen neuen Verbindungen und Zusammensezzungen
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