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Schlegel, Friedrich von: Ueber die Sprache und Weisheit der Indier. Heidelberg, 1808.

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Leichen durch wilde Thiere zerreissen zu lassen,
der sich in Thibet, obwohl die Religion dort
seitdem änderte, erhalten, ja bis in den nordischen
Winkel Kamtschatka's verbreitet hat; wie Ge-
bräuche oft noch lange bestehen, nachdem die
Verfassung oder das System, aus denen sie zuerst
hervorgingen, nicht mehr vorhanden sind. Ueber-
haupt ist diese Denkart nicht überall als Philo-
sophie, am wenigsten als streng abgeschlossenes
System aufgetreten, und so konnte von mehr
als einer Seite vieles aus dem alten astrolo-
gischen Aberglauben in diesen reinern Natur-
dienst der Elemente einfließen, oder bald der
Rückweg dahin gefunden werden.

Das göttliche Licht, dessen sich immer mehr
verbreitenden Sieg diese Lehre vor allen feiert,
ward eben dadurch als ein allmählig erst neuer
entstandnes Wesen dargestellt, die Morgenröthe
einer neuern bessern Zeit, der ein ganz andrer
Zustand alter Finsterniß vorangieng, und so kam
man wieder auf den materiellen Begriff eines ur-
sprünglichen Dunkels und Chaos, der Nacht als
einer Mutter der Dinge.

Leichen durch wilde Thiere zerreiſſen zu laſſen,
der ſich in Thibet, obwohl die Religion dort
ſeitdem aͤnderte, erhalten, ja bis in den nordiſchen
Winkel Kamtſchatka’s verbreitet hat; wie Ge-
braͤuche oft noch lange beſtehen, nachdem die
Verfaſſung oder das Syſtem, aus denen ſie zuerſt
hervorgingen, nicht mehr vorhanden ſind. Ueber-
haupt iſt dieſe Denkart nicht uͤberall als Philo-
ſophie, am wenigſten als ſtreng abgeſchloſſenes
Syſtem aufgetreten, und ſo konnte von mehr
als einer Seite vieles aus dem alten aſtrolo-
giſchen Aberglauben in dieſen reinern Natur-
dienſt der Elemente einfließen, oder bald der
Ruͤckweg dahin gefunden werden.

Das goͤttliche Licht, deſſen ſich immer mehr
verbreitenden Sieg dieſe Lehre vor allen feiert,
ward eben dadurch als ein allmaͤhlig erſt neuer
entſtandnes Weſen dargeſtellt, die Morgenroͤthe
einer neuern beſſern Zeit, der ein ganz andrer
Zuſtand alter Finſterniß vorangieng, und ſo kam
man wieder auf den materiellen Begriff eines ur-
ſpruͤnglichen Dunkels und Chaos, der Nacht als
einer Mutter der Dinge.

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[137/0156] Leichen durch wilde Thiere zerreiſſen zu laſſen, der ſich in Thibet, obwohl die Religion dort ſeitdem aͤnderte, erhalten, ja bis in den nordiſchen Winkel Kamtſchatka’s verbreitet hat; wie Ge- braͤuche oft noch lange beſtehen, nachdem die Verfaſſung oder das Syſtem, aus denen ſie zuerſt hervorgingen, nicht mehr vorhanden ſind. Ueber- haupt iſt dieſe Denkart nicht uͤberall als Philo- ſophie, am wenigſten als ſtreng abgeſchloſſenes Syſtem aufgetreten, und ſo konnte von mehr als einer Seite vieles aus dem alten aſtrolo- giſchen Aberglauben in dieſen reinern Natur- dienſt der Elemente einfließen, oder bald der Ruͤckweg dahin gefunden werden. Das goͤttliche Licht, deſſen ſich immer mehr verbreitenden Sieg dieſe Lehre vor allen feiert, ward eben dadurch als ein allmaͤhlig erſt neuer entſtandnes Weſen dargeſtellt, die Morgenroͤthe einer neuern beſſern Zeit, der ein ganz andrer Zuſtand alter Finſterniß vorangieng, und ſo kam man wieder auf den materiellen Begriff eines ur- ſpruͤnglichen Dunkels und Chaos, der Nacht als einer Mutter der Dinge.

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Zitationshilfe: Schlegel, Friedrich von: Ueber die Sprache und Weisheit der Indier. Heidelberg, 1808, S. 137. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_indier_1808/156>, abgerufen am 18.12.2024.