wohin die Lehre, daß Alles Eins sey, so natür- lich führt; denn, wenn vor dem bloß abstracten und negativen Begriff des Unendlichen alles an- dre erst vernichtet und verschwunden ist, so ent- flieht er zuletzt selbst, und löst sich in Nichts auf, weil er ursprünglich leer und ohne Inhalt war.
Es darf auch nicht befremden, daß wir diese Philosophie unter allen orientalischen als die jüngste betrachten. Die historischen Beweise dafür werden unten angeführt werden; hier bemerken wir nur, daß das lebendige tiefe Gefühl des Unend- lichen und seiner Fülle der Allmacht, schon sehr geschwächt und verdunstet sein muß, ehe es sich in diesen vom Nichts schwer zu unterscheidenden Schatten und Scheinbegriff des Einen und Allen auflösen kann. Alle andre orientalische Lehrbe- griffe gründen und berufen sich noch auf göttli- che Wunder und Offenbarung, so entstellt auch alles durch Fabel und Irrthum sein mag. Der Pantheismus ist das System der reinen Ver- nunft, und insofern macht er schon den Ueber- gang von der orientalischen Philosophie zur euro- päischen. Er schmeichelt dem Eigendünkel des
wohin die Lehre, daß Alles Eins ſey, ſo natuͤr- lich fuͤhrt; denn, wenn vor dem bloß abſtracten und negativen Begriff des Unendlichen alles an- dre erſt vernichtet und verſchwunden iſt, ſo ent- flieht er zuletzt ſelbſt, und loͤst ſich in Nichts auf, weil er urſpruͤnglich leer und ohne Inhalt war.
Es darf auch nicht befremden, daß wir dieſe Philoſophie unter allen orientaliſchen als die juͤngſte betrachten. Die hiſtoriſchen Beweiſe dafuͤr werden unten angefuͤhrt werden; hier bemerken wir nur, daß das lebendige tiefe Gefuͤhl des Unend- lichen und ſeiner Fuͤlle der Allmacht, ſchon ſehr geſchwaͤcht und verdunſtet ſein muß, ehe es ſich in dieſen vom Nichts ſchwer zu unterſcheidenden Schatten und Scheinbegriff des Einen und Allen aufloͤſen kann. Alle andre orientaliſche Lehrbe- griffe gruͤnden und berufen ſich noch auf goͤttli- che Wunder und Offenbarung, ſo entſtellt auch alles durch Fabel und Irrthum ſein mag. Der Pantheismus iſt das Syſtem der reinen Ver- nunft, und inſofern macht er ſchon den Ueber- gang von der orientaliſchen Philoſophie zur euro- paͤiſchen. Er ſchmeichelt dem Eigenduͤnkel des
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wohin die Lehre, daß Alles Eins ſey, ſo natuͤr-
lich fuͤhrt; denn, wenn vor dem bloß abſtracten
und negativen Begriff des Unendlichen alles an-
dre erſt vernichtet und verſchwunden iſt, ſo ent-
flieht er zuletzt ſelbſt, und loͤst ſich in Nichts
auf, weil er urſpruͤnglich leer und ohne Inhalt
war.
Es darf auch nicht befremden, daß wir dieſe
Philoſophie unter allen orientaliſchen als die
juͤngſte betrachten. Die hiſtoriſchen Beweiſe dafuͤr
werden unten angefuͤhrt werden; hier bemerken wir
nur, daß das lebendige tiefe Gefuͤhl des Unend-
lichen und ſeiner Fuͤlle der Allmacht, ſchon ſehr
geſchwaͤcht und verdunſtet ſein muß, ehe es ſich
in dieſen vom Nichts ſchwer zu unterſcheidenden
Schatten und Scheinbegriff des Einen und Allen
aufloͤſen kann. Alle andre orientaliſche Lehrbe-
griffe gruͤnden und berufen ſich noch auf goͤttli-
che Wunder und Offenbarung, ſo entſtellt auch
alles durch Fabel und Irrthum ſein mag. Der
Pantheismus iſt das Syſtem der reinen Ver-
nunft, und inſofern macht er ſchon den Ueber-
gang von der orientaliſchen Philoſophie zur euro-
paͤiſchen. Er ſchmeichelt dem Eigenduͤnkel des
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Schlegel, Friedrich von: Ueber die Sprache und Weisheit der Indier. Heidelberg, 1808, S. 141. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_indier_1808/160>, abgerufen am 21.11.2024.
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