Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schlegel, Friedrich von: Ueber die Sprache und Weisheit der Indier. Heidelberg, 1808.

Bild:
<< vorherige Seite
Welcher Thätigkeit jeden nun hat der Schöpfer zuerst
vereint,
Dieser trachtet von selbst er nach, immer wie oft er
erschaffen wird.
Heil und Unheil, Härt' und Milde, Recht oder Unrecht,
Wahr und Falsch,
Was jedem er bestimmt schaffend, das wird jedem von
selbst zu Theil.
Gleich so wie stets des Jahrs Zeiten, wandelnd im
festbestimmten Maaß,
Selbst durchwandeln immer ihr Ziel, so auch die Thaten
irdsche Kraft.

Das folgende Stück handelt von dem Unglück
des Daseins und von dem ewigen Kreislauf der
Dinge, dem steten Wechsel der bald neu erwa-
chenden bald wieder in Schlummer zurücksinken-
den Grundkraft.

Monu redet.

Von vielgestaltigem Dunkel umkleidet, ihrer Thaten
Lohn, 10)
10) Alles Leiden, was nicht bloß dem Menschen, sondern jedem
fühlenden Wesen in diesem Leben hier widerfährt, ist nach
der indischen Lehre Strafe für die in einem vorigen Leben
begangenen Verbrechen.
Welcher Thätigkeit jeden nun hat der Schöpfer zuerſt
vereint,
Dieſer trachtet von ſelbſt er nach, immer wie oft er
erſchaffen wird.
Heil und Unheil, Härt’ und Milde, Recht oder Unrecht,
Wahr und Falſch,
Was jedem er beſtimmt ſchaffend, das wird jedem von
ſelbſt zu Theil.
Gleich ſo wie ſtets des Jahrs Zeiten, wandelnd im
feſtbeſtimmten Maaß,
Selbſt durchwandeln immer ihr Ziel, ſo auch die Thaten
irdſche Kraft.

Das folgende Stuͤck handelt von dem Ungluͤck
des Daſeins und von dem ewigen Kreislauf der
Dinge, dem ſteten Wechſel der bald neu erwa-
chenden bald wieder in Schlummer zuruͤckſinken-
den Grundkraft.

Monu redet.

Von vielgeſtaltigem Dunkel umkleidet, ihrer Thaten
Lohn, 10)
10) Alles Leiden, was nicht bloß dem Menſchen, ſondern jedem
fühlenden Weſen in dieſem Leben hier widerfährt, iſt nach
der indiſchen Lehre Strafe für die in einem vorigen Leben
begangenen Verbrechen.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <pb facs="#f0298" n="279"/>
            <l>Welcher Thätigkeit jeden nun hat der Schöpfer zuer&#x017F;t</l><lb/>
            <l>vereint,</l><lb/>
            <l>Die&#x017F;er trachtet von &#x017F;elb&#x017F;t er nach, immer wie oft er</l><lb/>
            <l>er&#x017F;chaffen wird.</l><lb/>
            <l>Heil und Unheil, Härt&#x2019; und Milde, Recht oder Unrecht,</l><lb/>
            <l>Wahr und Fal&#x017F;ch,</l><lb/>
            <l>Was jedem er be&#x017F;timmt &#x017F;chaffend, das wird jedem von</l><lb/>
            <l>&#x017F;elb&#x017F;t zu Theil.</l><lb/>
            <l>Gleich &#x017F;o wie &#x017F;tets des Jahrs Zeiten, wandelnd im</l><lb/>
            <l>fe&#x017F;tbe&#x017F;timmten Maaß,</l><lb/>
            <l>Selb&#x017F;t durchwandeln immer ihr Ziel, &#x017F;o auch die Thaten</l><lb/>
            <l>ird&#x017F;che Kraft.</l>
          </lg><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
          <p>Das folgende Stu&#x0364;ck handelt von dem Unglu&#x0364;ck<lb/>
des Da&#x017F;eins und von dem ewigen Kreislauf der<lb/>
Dinge, dem &#x017F;teten Wech&#x017F;el der bald neu erwa-<lb/>
chenden bald wieder in Schlummer zuru&#x0364;ck&#x017F;inken-<lb/>
den Grundkraft.</p><lb/>
          <p> <hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Monu</hi> redet.</hi> </p><lb/>
          <lg type="poem">
            <l>Von vielge&#x017F;taltigem Dunkel umkleidet, ihrer Thaten</l><lb/>
            <l>Lohn, <note place="foot" n="10)">Alles Leiden, was nicht bloß dem Men&#x017F;chen, &#x017F;ondern jedem<lb/>
fühlenden We&#x017F;en in die&#x017F;em Leben hier widerfährt, i&#x017F;t nach<lb/>
der indi&#x017F;chen Lehre Strafe für die in einem vorigen Leben<lb/>
begangenen Verbrechen.</note></l><lb/>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[279/0298] Welcher Thätigkeit jeden nun hat der Schöpfer zuerſt vereint, Dieſer trachtet von ſelbſt er nach, immer wie oft er erſchaffen wird. Heil und Unheil, Härt’ und Milde, Recht oder Unrecht, Wahr und Falſch, Was jedem er beſtimmt ſchaffend, das wird jedem von ſelbſt zu Theil. Gleich ſo wie ſtets des Jahrs Zeiten, wandelnd im feſtbeſtimmten Maaß, Selbſt durchwandeln immer ihr Ziel, ſo auch die Thaten irdſche Kraft. Das folgende Stuͤck handelt von dem Ungluͤck des Daſeins und von dem ewigen Kreislauf der Dinge, dem ſteten Wechſel der bald neu erwa- chenden bald wieder in Schlummer zuruͤckſinken- den Grundkraft. Monu redet. Von vielgeſtaltigem Dunkel umkleidet, ihrer Thaten Lohn, 10) 10) Alles Leiden, was nicht bloß dem Menſchen, ſondern jedem fühlenden Weſen in dieſem Leben hier widerfährt, iſt nach der indiſchen Lehre Strafe für die in einem vorigen Leben begangenen Verbrechen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_indier_1808
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_indier_1808/298
Zitationshilfe: Schlegel, Friedrich von: Ueber die Sprache und Weisheit der Indier. Heidelberg, 1808, S. 279. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_indier_1808/298>, abgerufen am 22.11.2024.