Schlegel, Friedrich von: Lucinde. Berlin, 1799.Da liebt der Mann in der Frau Da liebt der Mann in der Frau <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0116" n="111"/> Da liebt der Mann in der Frau<lb/> nur die Gattung, die Frau im<lb/> Mann nur den Grad ſeiner natür-<lb/> lichen Qualitäten und ſeiner bürger-<lb/> lichen Exiſtenz, und beyde in den<lb/> Kindern nur ihr Machwerk und ihr<lb/> Eigenthum. Da iſt die Treue ein<lb/> Verdienſt und eine Tugend; und da<lb/> iſt auch die Eiferſucht an ihrer<lb/> Stelle. Denn darin fühlen ſie un-<lb/> gemein richtig, daß ſie ſtillſchwei-<lb/> gend glauben, es gäbe ihres Glei-<lb/> chen viele, und einer ſey als Menſch<lb/> ungefähr ſo viel werth wie der<lb/> andre, und alle zuſammen nicht eben<lb/> ſonderlich viel. — Du hältſt alſo die<lb/> Eiferſucht für nichts anders als leere<lb/> Rohheit und Unbildung. — Ja oder<lb/> für Mißbildung und Verkehrtheit,<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [111/0116]
Da liebt der Mann in der Frau
nur die Gattung, die Frau im
Mann nur den Grad ſeiner natür-
lichen Qualitäten und ſeiner bürger-
lichen Exiſtenz, und beyde in den
Kindern nur ihr Machwerk und ihr
Eigenthum. Da iſt die Treue ein
Verdienſt und eine Tugend; und da
iſt auch die Eiferſucht an ihrer
Stelle. Denn darin fühlen ſie un-
gemein richtig, daß ſie ſtillſchwei-
gend glauben, es gäbe ihres Glei-
chen viele, und einer ſey als Menſch
ungefähr ſo viel werth wie der
andre, und alle zuſammen nicht eben
ſonderlich viel. — Du hältſt alſo die
Eiferſucht für nichts anders als leere
Rohheit und Unbildung. — Ja oder
für Mißbildung und Verkehrtheit,
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