Schlegel, Friedrich von: Lucinde. Berlin, 1799.aus Marmor in halber Lebensgröße: aus Marmor in halber Lebensgröße: <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0151" n="146"/> aus Marmor in halber Lebensgröße:<lb/> ein gieriger Faun, der eine Nymphe,<lb/> die im Fliehen ſchon gefallen iſt,<lb/> eben völlig überwinden wird; eine<lb/> Venus, die mit aufgehobenem Ge-<lb/> wande lächelnd über den wollüſtigen<lb/> Rücken auf die Hüften ſchaut und<lb/> andre ähnliche Darſtellungen. Hier<lb/> ſaß ſie oft auf türkiſche Sitte Tage<lb/> lang allein und die Hände müſſig<lb/> im Schooß, denn ſie verabſcheute<lb/> alle weiblichen Arbeiten. Sie er-<lb/> friſchte ſich nur von Zeit zu Zeit<lb/> mit Wohlgerüchen und ließ ſich da-<lb/> bey von ihrem Jockey, einem bild-<lb/> ſchönen Knaben, den ſie ſich in ſei-<lb/> nem vierzehnten Jahre eigends ver-<lb/> führt hatte, Geſchichten, Reiſebe-<lb/> ſchreibungen und Mährchen vorleſen.<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [146/0151]
aus Marmor in halber Lebensgröße:
ein gieriger Faun, der eine Nymphe,
die im Fliehen ſchon gefallen iſt,
eben völlig überwinden wird; eine
Venus, die mit aufgehobenem Ge-
wande lächelnd über den wollüſtigen
Rücken auf die Hüften ſchaut und
andre ähnliche Darſtellungen. Hier
ſaß ſie oft auf türkiſche Sitte Tage
lang allein und die Hände müſſig
im Schooß, denn ſie verabſcheute
alle weiblichen Arbeiten. Sie er-
friſchte ſich nur von Zeit zu Zeit
mit Wohlgerüchen und ließ ſich da-
bey von ihrem Jockey, einem bild-
ſchönen Knaben, den ſie ſich in ſei-
nem vierzehnten Jahre eigends ver-
führt hatte, Geſchichten, Reiſebe-
ſchreibungen und Mährchen vorleſen.
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