ganz und in der Mitte traf. Seine bisherigen Leidenschaften spielten nur auf der Oberfläche, oder es waren vorübergehende Zustände ohne Zu- sammenhang. Jetzt ergriff ihn ein neues unbekanntes Gefühl, daß die- ser Gegenstand allein der rechte, und dieser Eindruck ewig sey. Der erste Blick schon entschied, beym zweyten wußte er's, und sagte sich's, daß es nun gekommen, und wirklich da sey, was er so lange dunkel erwar- tet hatte. Er erstaunte, und er- schrack, denn wie er dachte, daß es sein höchstes Gut seyn würde, von ihr geliebt zu werden und sie ewig zu besitzen, so fühlte er zugleich daß dieser höchste und einzige Wunsch ewig unerreichbar sey. Sie hatte
ganz und in der Mitte traf. Seine bisherigen Leidenſchaften ſpielten nur auf der Oberfläche, oder es waren vorübergehende Zuſtände ohne Zu- ſammenhang. Jetzt ergriff ihn ein neues unbekanntes Gefühl, daß die- ſer Gegenſtand allein der rechte, und dieſer Eindruck ewig ſey. Der erſte Blick ſchon entſchied, beym zweyten wußte er's, und ſagte ſich's, daß es nun gekommen, und wirklich da ſey, was er ſo lange dunkel erwar- tet hatte. Er erſtaunte, und er- ſchrack, denn wie er dachte, daß es ſein höchſtes Gut ſeyn würde, von ihr geliebt zu werden und ſie ewig zu beſitzen, ſo fühlte er zugleich daß dieſer höchſte und einzige Wunſch ewig unerreichbar ſey. Sie hatte
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ganz und in der Mitte traf. Seine
bisherigen Leidenſchaften ſpielten nur
auf der Oberfläche, oder es waren
vorübergehende Zuſtände ohne Zu-
ſammenhang. Jetzt ergriff ihn ein
neues unbekanntes Gefühl, daß die-
ſer Gegenſtand allein der rechte, und
dieſer Eindruck ewig ſey. Der erſte
Blick ſchon entſchied, beym zweyten
wußte er's, und ſagte ſich's, daß
es nun gekommen, und wirklich da
ſey, was er ſo lange dunkel erwar-
tet hatte. Er erſtaunte, und er-
ſchrack, denn wie er dachte, daß es
ſein höchſtes Gut ſeyn würde, von
ihr geliebt zu werden und ſie ewig
zu beſitzen, ſo fühlte er zugleich daß
dieſer höchſte und einzige Wunſch
ewig unerreichbar ſey. Sie hatte
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Schlegel, Friedrich von: Lucinde. Berlin, 1799, S. 169. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_lucinde_1799/174>, abgerufen am 21.11.2024.
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