Schlegel, Friedrich von: Lucinde. Berlin, 1799.Denke nur nicht so arg von mir Denke nur nicht ſo arg von mir <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0081" n="76"/> <p>Denke nur nicht ſo arg von mir<lb/> und glaube, daß ich nicht allein für<lb/> dich ſondern für die Mitwelt dichte.<lb/> Glaube mir, es iſt mir bloß um<lb/> die Objektivität meiner Liebe zu<lb/> thun. Dieſe Objektivität und jede<lb/> Anlage zu ihr beſtätigt und bildet<lb/> ja eben die Magie der Schrift, und<lb/> weil es mir verſagt iſt, meine Flamme<lb/> in Geſänge auszuhauchen, muß ich<lb/> den ſtillen Zügen das ſchöne Ge-<lb/> heimniß vertrauen. Dabey denke<lb/> ich aber eben ſo wenig an die ganze<lb/> Mitwelt, als an die Nachwelt.<lb/> Und muß es ja eine Welt ſeyn, an<lb/> die ich denken ſoll: ſo ſey es am<lb/> liebſten die Vorwelt. Die Liebe<lb/> ſelbſt ſey ewig neu und ewig jung,<lb/> aber ihre Sprache ſey frey und kühn,<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [76/0081]
Denke nur nicht ſo arg von mir
und glaube, daß ich nicht allein für
dich ſondern für die Mitwelt dichte.
Glaube mir, es iſt mir bloß um
die Objektivität meiner Liebe zu
thun. Dieſe Objektivität und jede
Anlage zu ihr beſtätigt und bildet
ja eben die Magie der Schrift, und
weil es mir verſagt iſt, meine Flamme
in Geſänge auszuhauchen, muß ich
den ſtillen Zügen das ſchöne Ge-
heimniß vertrauen. Dabey denke
ich aber eben ſo wenig an die ganze
Mitwelt, als an die Nachwelt.
Und muß es ja eine Welt ſeyn, an
die ich denken ſoll: ſo ſey es am
liebſten die Vorwelt. Die Liebe
ſelbſt ſey ewig neu und ewig jung,
aber ihre Sprache ſey frey und kühn,
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