Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schlegel, Friedrich von: Lucinde. Berlin, 1799.

Bild:
<< vorherige Seite

allgemeine Häßlichkeit der Welt und
des Lebens, von denen er doch noch
nicht einmal das leiseste Vorgefühl
hat. Er kann es nicht haben, denn
der Fleiß und der Nutzen sind die To-
desengel mit dem feurigen Schwerdt,
welche dem Menschen die Rückkehr
ins Paradies verwehren. Nur mit
Gelassenheit und Sanftmuth, in der
heiligen Stille der ächten Passivität
kann man sich an sein ganzes Ich
erinnern, und die Welt und das Le-
ben anschauen. Wie geschieht alles
Denken und Dichten als daß man
sich der Einwirkung irgend eines
Genius ganz überläßt und hingiebt?
Und doch ist das Sprechen und
Bilden nur Nebensache in allen Kün-
sten und Wissenschaften, das Wesent-

allgemeine Häßlichkeit der Welt und
des Lebens, von denen er doch noch
nicht einmal das leiſeſte Vorgefühl
hat. Er kann es nicht haben, denn
der Fleiß und der Nutzen ſind die To-
desengel mit dem feurigen Schwerdt,
welche dem Menſchen die Rückkehr
ins Paradies verwehren. Nur mit
Gelaſſenheit und Sanftmuth, in der
heiligen Stille der ächten Paſſivität
kann man ſich an ſein ganzes Ich
erinnern, und die Welt und das Le-
ben anſchauen. Wie geſchieht alles
Denken und Dichten als daß man
ſich der Einwirkung irgend eines
Genius ganz überläßt und hingiebt?
Und doch iſt das Sprechen und
Bilden nur Nebenſache in allen Kün-
ſten und Wiſſenſchaften, das Weſent-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0090" n="85"/>
allgemeine Häßlichkeit der Welt und<lb/>
des Lebens, von denen er doch noch<lb/>
nicht einmal das lei&#x017F;e&#x017F;te Vorgefühl<lb/>
hat. Er kann es nicht haben, denn<lb/>
der Fleiß und der Nutzen &#x017F;ind die To-<lb/>
desengel mit dem feurigen Schwerdt,<lb/>
welche dem Men&#x017F;chen die Rückkehr<lb/>
ins Paradies verwehren. Nur mit<lb/>
Gela&#x017F;&#x017F;enheit und Sanftmuth, in der<lb/>
heiligen Stille der ächten Pa&#x017F;&#x017F;ivität<lb/>
kann man &#x017F;ich an &#x017F;ein ganzes Ich<lb/>
erinnern, und die Welt und das Le-<lb/>
ben an&#x017F;chauen. Wie ge&#x017F;chieht alles<lb/>
Denken und Dichten als daß man<lb/>
&#x017F;ich der Einwirkung irgend eines<lb/>
Genius ganz überläßt und hingiebt?<lb/>
Und doch i&#x017F;t das Sprechen und<lb/>
Bilden nur Neben&#x017F;ache in allen Kün-<lb/>
&#x017F;ten und Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaften, das We&#x017F;ent-<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[85/0090] allgemeine Häßlichkeit der Welt und des Lebens, von denen er doch noch nicht einmal das leiſeſte Vorgefühl hat. Er kann es nicht haben, denn der Fleiß und der Nutzen ſind die To- desengel mit dem feurigen Schwerdt, welche dem Menſchen die Rückkehr ins Paradies verwehren. Nur mit Gelaſſenheit und Sanftmuth, in der heiligen Stille der ächten Paſſivität kann man ſich an ſein ganzes Ich erinnern, und die Welt und das Le- ben anſchauen. Wie geſchieht alles Denken und Dichten als daß man ſich der Einwirkung irgend eines Genius ganz überläßt und hingiebt? Und doch iſt das Sprechen und Bilden nur Nebenſache in allen Kün- ſten und Wiſſenſchaften, das Weſent-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Darüber hinaus sind keine weiteren Teile erschien… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_lucinde_1799
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_lucinde_1799/90
Zitationshilfe: Schlegel, Friedrich von: Lucinde. Berlin, 1799, S. 85. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_lucinde_1799/90>, abgerufen am 22.11.2024.