Schleicher, August: Die Darwinsche Theorie und die Sprachwissenschaft. Weimar, 1863.diess aus ihrer hohen Entwickelung und aus ihrer jetzigen, 1) Vgl. Deutsche Sprache S. 41 flg.
diess aus ihrer hohen Entwickelung und aus ihrer jetzigen, 1) Vgl. Deutsche Sprache S. 41 flg.
<TEI> <text> <body> <p><pb facs="#f0029" n="27"/> diess aus ihrer hohen Entwickelung und aus ihrer jetzigen,<lb/> bereits schon ausgesprochen senilen Form und der im Gan-<lb/> zen langsamen Veränderung der Sprachen sich ergibt, so folgt,<lb/> dass die vorgeschichtliche Lebensperiode der Sprachen eine<lb/> viel längere gewesen sein muss, als die innerhalb der ge-<lb/> schichtlichen Zeit fallende. Kennen wir ja doch erst die<lb/> Sprache von der Zeit an, da die sie redenden Völker sich<lb/> der Schrift bedienten. Wir haben also für jene Vorgänge<lb/> des Verschwindens sprachlicher Organismen und der Störung<lb/> der ursprünglichen Verhältnisse überhaupt einen sehr langen<lb/> Zeitraum, eine Zeit von vielleicht mehreren Zehntausenden<lb/> von Jahren vorauszusetzen.<note place="foot" n="1)">Vgl. Deutsche Sprache S. 41 flg.</note> In diesem langen Zeitraume<lb/> gingen höchst wahrscheinlich viel mehr sprachliche Gattun-<lb/> gen zu Grunde, als deren gegenwärtig noch fortleben. So<lb/> erklärt sich auch die Möglichkeit der grossen Ausbreitung<lb/> einzelner Sippen, z. B. der indogermanischen, der finnischen,<lb/> der malaiischen, der südafrikanischen u. a., die sich nun<lb/> auf breitem Boden reich differenzierten. Solcherlei Vorgang<lb/> nimmt nun Darwin auch für die Pflanzen- und Thierwelt<lb/> an, er nennt ihn den Kampf ums Dasein. Eine Menge von<lb/> organischen Formen muste in diesem Kampfe zu Grunde<lb/> gehen und verhältnissmässig wenigen bevorzugten Platz<lb/> machen. Lassen wir Darwin selbst reden. Er sagt (Seite<lb/> 350 flg.): ‘Die herrschenden Arten der grösseren herrschen-<lb/> den Gruppen streben viele abgeänderte Nachkommen zu<lb/> hinterlassen, und so werden wieder neue Untergruppen und<lb/> Gruppen gebildet. Im Verhältnisse als diese entstehen,<lb/> neigen sich die Arten minder kräftiger Gruppen in Folge<lb/> ihrer gemeinsam ererbten Unvollkommenheit dem gemein-<lb/></p> </body> </text> </TEI> [27/0029]
diess aus ihrer hohen Entwickelung und aus ihrer jetzigen,
bereits schon ausgesprochen senilen Form und der im Gan-
zen langsamen Veränderung der Sprachen sich ergibt, so folgt,
dass die vorgeschichtliche Lebensperiode der Sprachen eine
viel längere gewesen sein muss, als die innerhalb der ge-
schichtlichen Zeit fallende. Kennen wir ja doch erst die
Sprache von der Zeit an, da die sie redenden Völker sich
der Schrift bedienten. Wir haben also für jene Vorgänge
des Verschwindens sprachlicher Organismen und der Störung
der ursprünglichen Verhältnisse überhaupt einen sehr langen
Zeitraum, eine Zeit von vielleicht mehreren Zehntausenden
von Jahren vorauszusetzen. 1) In diesem langen Zeitraume
gingen höchst wahrscheinlich viel mehr sprachliche Gattun-
gen zu Grunde, als deren gegenwärtig noch fortleben. So
erklärt sich auch die Möglichkeit der grossen Ausbreitung
einzelner Sippen, z. B. der indogermanischen, der finnischen,
der malaiischen, der südafrikanischen u. a., die sich nun
auf breitem Boden reich differenzierten. Solcherlei Vorgang
nimmt nun Darwin auch für die Pflanzen- und Thierwelt
an, er nennt ihn den Kampf ums Dasein. Eine Menge von
organischen Formen muste in diesem Kampfe zu Grunde
gehen und verhältnissmässig wenigen bevorzugten Platz
machen. Lassen wir Darwin selbst reden. Er sagt (Seite
350 flg.): ‘Die herrschenden Arten der grösseren herrschen-
den Gruppen streben viele abgeänderte Nachkommen zu
hinterlassen, und so werden wieder neue Untergruppen und
Gruppen gebildet. Im Verhältnisse als diese entstehen,
neigen sich die Arten minder kräftiger Gruppen in Folge
ihrer gemeinsam ererbten Unvollkommenheit dem gemein-
1) Vgl. Deutsche Sprache S. 41 flg.
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