Schleicher, August: Compendium der vergleichenden Grammatik der indogermanischen Sprachen. Bd. 1. Weimar, 1861.Indogerman. ursprache. Vocale. a in keinen consonantischen laut übergehen kann und demnachdie vocalische natur in höherem grade an sich trägt als i und u, welche den consonanten näher stehen. a ist in der indoger- manischen ursprache der bei weitem häufigste vocal; er findet sich vil häufiger als u und i zusammen genommen. Jeder vocal kann sich nur in seiner reihe bewegen; diß Im vocalismus beruht also das wesen der flexion. Die vocaldenung müßen wir als etwas secundäres der ur- Anm. Selbst da, wo die übereinstimmung verschidener indogerma- nischer sprachen der denung ein höheres alter an zu weisen scheint (z. b. in manchen nominativen des singularis, wie altind. pita(rs), gr. pater, altlat. pater, gotisch fadar, d. i. *fathar; altind. durmanas, gr. dusmenes; altind. acma, gr. poimen, lit. akmu, lat. homo, got. guma d. i. *guma) glauben wir eine un- ursprüngliche erscheinung vor uns zu haben, die, der natur der sache gemäß, in den verschidenen sprachen erst nach der tren- nung derselben von der ursprache sich entwickelte (nicht sel- ten felt auch in disem puncte die übereinstimmung, vgl. altind. bharan, gr. pheron, lat. ferens, got. bairands, slaw. bery). Wir können auch hier in der ursprache nur die echten grundformen vorauß setzen, d. h. das wort in allen seinen teilen noch vol- kommen unversert (also z. b. patars, dusmanass, akmans). Beispile. 1. a-reihe. vak-mi (1. sg. praes.) wurz. vak (loqui), va-vak-ma (1. sg. Indogerman. ursprache. Vocale. a in keinen consonantischen laut übergehen kann und demnachdie vocalische natur in höherem grade an sich trägt als i und u, welche den consonanten näher stehen. a ist in der indoger- manischen ursprache der bei weitem häufigste vocal; er findet sich vil häufiger als u und i zusammen genommen. Jeder vocal kann sich nur in seiner reihe bewegen; diß Im vocalismus beruht also das wesen der flexion. Die vocaldenung müßen wir als etwas secundäres der ur- Anm. Selbst da, wo die übereinstimmung verschidener indogerma- nischer sprachen der denung ein höheres alter an zu weisen scheint (z. b. in manchen nominativen des singularis, wie altind. pitấ(rs), gr. πατήϱ, altlat. patêr, gotisch fadar, d. i. *fathâr; altind. dúrmanâs, gr. δυσμενής; altind. áçmâ, gr. ποιμήν, lit. akmů́, lat. homô, got. guma d. i. *gumâ) glauben wir eine un- ursprüngliche erscheinung vor uns zu haben, die, der natur der sache gemäß, in den verschidenen sprachen erst nach der tren- nung derselben von der ursprache sich entwickelte (nicht sel- ten felt auch in disem puncte die übereinstimmung, vgl. altind. bháran, gr. φέϱων, lat. ferens, got. baírands, slaw. bery). Wir können auch hier in der ursprache nur die echten grundformen vorauß setzen, d. h. das wort in allen seinen teilen noch vol- kommen unversert (also z. b. patars, dusmanass, akmans). Beispile. 1. a-reihe. vak-mi (1. sg. praes.) wurz. vak (loqui), va-vâk-ma (1. sg. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <p><pb facs="#f0024" n="10"/><fw place="top" type="header">Indogerman. ursprache. Vocale.</fw><lb/><hi rendition="#i">a</hi> in keinen consonantischen laut übergehen kann und demnach<lb/> die vocalische natur in höherem grade an sich trägt als <hi rendition="#i">i</hi> und<lb/><hi rendition="#i">u</hi>, welche den consonanten näher stehen. <hi rendition="#i">a</hi> ist in der indoger-<lb/> manischen ursprache der bei weitem häufigste vocal; er findet<lb/> sich vil häufiger als <hi rendition="#i">u</hi> und <hi rendition="#i">i</hi> zusammen genommen.</p><lb/> <p>Jeder vocal kann sich nur in seiner reihe bewegen; diß<lb/> geschiht zum zwecke des außdruckes der beziehung an der wur-<lb/> zel selbst. Die wurzel ist stäts mit dem grundvocale an zu<lb/> setzen. 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Indogerman. ursprache. Vocale.
a in keinen consonantischen laut übergehen kann und demnach
die vocalische natur in höherem grade an sich trägt als i und
u, welche den consonanten näher stehen. a ist in der indoger-
manischen ursprache der bei weitem häufigste vocal; er findet
sich vil häufiger als u und i zusammen genommen.
Jeder vocal kann sich nur in seiner reihe bewegen; diß
geschiht zum zwecke des außdruckes der beziehung an der wur-
zel selbst. Die wurzel ist stäts mit dem grundvocale an zu
setzen. Vor zwei consonanten findet die steigerung nicht statt;
in wurzeln, welche auf zwei consonanten schließen, findet sich
nur der grundvocal a (nicht i und u).
Im vocalismus beruht also das wesen der flexion.
Die vocaldenung müßen wir als etwas secundäres der ur-
sprache ab sprechen.
Anm. Selbst da, wo die übereinstimmung verschidener indogerma-
nischer sprachen der denung ein höheres alter an zu weisen
scheint (z. b. in manchen nominativen des singularis, wie altind.
pitấ(rs), gr. πατήϱ, altlat. patêr, gotisch fadar, d. i. *fathâr;
altind. dúrmanâs, gr. δυσμενής; altind. áçmâ, gr. ποιμήν, lit.
akmů́, lat. homô, got. guma d. i. *gumâ) glauben wir eine un-
ursprüngliche erscheinung vor uns zu haben, die, der natur der
sache gemäß, in den verschidenen sprachen erst nach der tren-
nung derselben von der ursprache sich entwickelte (nicht sel-
ten felt auch in disem puncte die übereinstimmung, vgl. altind.
bháran, gr. φέϱων, lat. ferens, got. baírands, slaw. bery). Wir
können auch hier in der ursprache nur die echten grundformen
vorauß setzen, d. h. das wort in allen seinen teilen noch vol-
kommen unversert (also z. b. patars, dusmanass, akmans).
Beispile.
1. a-reihe.
vak-mi (1. sg. praes.) wurz. vak (loqui), va-vâk-ma (1. sg.
perf.) vâk-s (vox); bhar-âmi, ba-bhar-mi (fero) bhar-ta-s (latus)
wurz. bhar (ferre), ba-bhâr-ta (3. sg. perf.) bhâr-a-s (onus) bhâr-
aja-ti (1. sg. praes. des causativ. verbum; φοϱεῖ) u. s. f.; da-
ta-s da-tâ (datus data) wurz. da (dare), da-dâ-mi (1 sg. praes.);
dha-ta-s dha-tâ (positus posita) wurz. dha (ponere, facere), da-
dhâ-mi (1. sg. praes.) u. s. f.
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