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Schleicher, August: Compendium der vergleichenden Grammatik der indogermanischen Sprachen. Bd. 1. Weimar, 1861.

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Lateinisch. Vocalische lautgesetze.
der hiatus durch zusammenziehung entfernt. Diß geschiht re-
gelmäßig wenn der erste vocal ein a ist, so amo auß *amao,
amas auß *amais, grundf. der endung -ajami, -ajasi; amarunt
auß ama(v)erunt, equae auß equai u. s. f. Andere beispile sind
seis auß sies, senataus auß sena-tuis (-tuos), cogo auß co-igo u.
s. f. Die beiden vocale bleiben jedoch auch in vilen fällen,
namentlich machen u und i und das im verwante e mit folgen-
den vocalen keinen hiatus, z. b. fui, lues, fluunt (fluont); die
endungen der nomina -io, -ia, -ies; fieri, tenuia (tenvia), eunt,
eo, meae u. s. f. In zusammensetzungen sogar coactus, deesse,
cooptare, aber auch inlautend boo (boare) u. s. f. Der hiatus
innerhalb eines wortes ist fast stäts durch consonantenverlust
erst herbei gefürt, z. b. fluunt auß flovont, boo auß *bojo u. s. f.
Die gesetze des hiatus im lateinischen bedürfen noch genauerer
feststellung.

§. 52.

Ein ser weites gebiet hat die assimilation von vocal an
vocal, vorwärts und rükwärts, auch bei nicht unmittelbarer
berürung der vocale (über consonanten hinweg), anänlichung
und angleichung wirkend, so wie die assimilation der vocale an
consonanten (die verwantschaft zwischen gewissen vocalen und
gewissen consonanten). Dabei wird aber doch das zusammen-
treffen zweier gleicher vocale vermiden und es findet dann dis-
similation
statt.

So steht aureolus, gladiolus, ja vinolentus u. s. f. für *au-
reulus
, *gladiulus, *vinulentus von aureu-s, gladiu-s, vinu-m, vgl.
longulus, turbulentus; duritie-s neben duritia u. a.; vgl. siem
mit altind. sjam. In disen und änlichen beispilen zeigt sich
anänlichung des folgenden vocals an den vorher gehenden, denn
das o steht dem e und i näher als das u, das e ist dem i
verwanter als das a.

Rükwärts wirkende angleichung findet über consonanten
hinüber statt, z. b. exul aber exil-ium, facul-tas aber facil-is;
mihi, tibi
aber umbr. mehe, tefe; bene aber bonos, bonus u. s. f.

Von der verwantschaft des v zu o war §. 47, 2 die rede;
u ist besonders bei labialen, vor allem bei m und l beliebt. So
tritt bei der schwächung von a nicht i, sondern u ein in fäl-

Lateinisch. Vocalische lautgesetze.
der hiatus durch zusammenziehung entfernt. Diß geschiht re-
gelmäßig wenn der erste vocal ein a ist, so amo auß *amao,
amas auß *amais, grundf. der endung -ajâmi, -ajasi; amarunt
auß ama(v)erunt, equae auß equai u. s. f. Andere beispile sind
sîs auß siês, senatûs auß sena-tuis (-tuos), côgo auß co-igo u.
s. f. Die beiden vocale bleiben jedoch auch in vilen fällen,
namentlich machen u und i und das im verwante e mit folgen-
den vocalen keinen hiatus, z. b. fui, lues, fluunt (fluont); die
endungen der nomina -io, -ia, -ies; fieri, tenuia (tenvia), eunt,
eo, meae u. s. f. In zusammensetzungen sogar coactus, deesse,
cooptare, aber auch inlautend boo (boare) u. s. f. Der hiatus
innerhalb eines wortes ist fast stäts durch consonantenverlust
erst herbei gefürt, z. b. fluunt auß flovont, boo auß *bojo u. s. f.
Die gesetze des hiatus im lateinischen bedürfen noch genauerer
feststellung.

§. 52.

Ein ser weites gebiet hat die assimilation von vocal an
vocal, vorwärts und rükwärts, auch bei nicht unmittelbarer
berürung der vocale (über consonanten hinweg), anänlichung
und angleichung wirkend, so wie die assimilation der vocale an
consonanten (die verwantschaft zwischen gewissen vocalen und
gewissen consonanten). Dabei wird aber doch das zusammen-
treffen zweier gleicher vocale vermiden und es findet dann dis-
similation
statt.

So steht aureolus, gladiolus, ja vinolentus u. s. f. für *au-
reulus
, *gladiulus, *vinulentus von aureu-s, gladiu-s, vinu-m, vgl.
longulus, turbulentus; duritie-s neben duritia u. a.; vgl. siêm
mit altind. sjâm. In disen und änlichen beispilen zeigt sich
anänlichung des folgenden vocals an den vorher gehenden, denn
das o steht dem e und i näher als das u, das e ist dem i
verwanter als das a.

Rükwärts wirkende angleichung findet über consonanten
hinüber statt, z. b. exul aber exil-ium, facul-tas aber facil-is;
mihi, tibi
aber umbr. mehe, tefe; bene aber bonos, bonus u. s. f.

Von der verwantschaft des v zu o war §. 47, 2 die rede;
u ist besonders bei labialen, vor allem bei m und l beliebt. So
tritt bei der schwächung von a nicht i, sondern u ein in fäl-

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[74/0088] Lateinisch. Vocalische lautgesetze. der hiatus durch zusammenziehung entfernt. Diß geschiht re- gelmäßig wenn der erste vocal ein a ist, so amo auß *amao, amas auß *amais, grundf. der endung -ajâmi, -ajasi; amarunt auß ama(v)erunt, equae auß equai u. s. f. Andere beispile sind sîs auß siês, senatûs auß sena-tuis (-tuos), côgo auß co-igo u. s. f. Die beiden vocale bleiben jedoch auch in vilen fällen, namentlich machen u und i und das im verwante e mit folgen- den vocalen keinen hiatus, z. b. fui, lues, fluunt (fluont); die endungen der nomina -io, -ia, -ies; fieri, tenuia (tenvia), eunt, eo, meae u. s. f. In zusammensetzungen sogar coactus, deesse, cooptare, aber auch inlautend boo (boare) u. s. f. Der hiatus innerhalb eines wortes ist fast stäts durch consonantenverlust erst herbei gefürt, z. b. fluunt auß flovont, boo auß *bojo u. s. f. Die gesetze des hiatus im lateinischen bedürfen noch genauerer feststellung. Ein ser weites gebiet hat die assimilation von vocal an vocal, vorwärts und rükwärts, auch bei nicht unmittelbarer berürung der vocale (über consonanten hinweg), anänlichung und angleichung wirkend, so wie die assimilation der vocale an consonanten (die verwantschaft zwischen gewissen vocalen und gewissen consonanten). Dabei wird aber doch das zusammen- treffen zweier gleicher vocale vermiden und es findet dann dis- similation statt. So steht aureolus, gladiolus, ja vinolentus u. s. f. für *au- reulus, *gladiulus, *vinulentus von aureu-s, gladiu-s, vinu-m, vgl. longulus, turbulentus; duritie-s neben duritia u. a.; vgl. siêm mit altind. sjâm. In disen und änlichen beispilen zeigt sich anänlichung des folgenden vocals an den vorher gehenden, denn das o steht dem e und i näher als das u, das e ist dem i verwanter als das a. Rükwärts wirkende angleichung findet über consonanten hinüber statt, z. b. exul aber exil-ium, facul-tas aber facil-is; mihi, tibi aber umbr. mehe, tefe; bene aber bonos, bonus u. s. f. Von der verwantschaft des v zu o war §. 47, 2 die rede; u ist besonders bei labialen, vor allem bei m und l beliebt. So tritt bei der schwächung von a nicht i, sondern u ein in fäl-

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Zitationshilfe: Schleicher, August: Compendium der vergleichenden Grammatik der indogermanischen Sprachen. Bd. 1. Weimar, 1861, S. 74. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schleicher_indogermanische01_1861/88>, abgerufen am 22.12.2024.