Schleiden, Matthias Jacob: Das Alter des Menschengeschlechts, die Entstehung der Arten und die Stellung des Menschen in der Natur. Leipzig, 1863.Erste Vorlesung. Am Ende der Tertiärperiode war die große Sahara, wie die Erſte Vorleſung. Am Ende der Tertiärperiode war die große Sahara, wie die <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0020" n="10"/> <fw place="top" type="header">Erſte Vorleſung.<lb/></fw> <p>Am Ende der Tertiärperiode war die große <hi rendition="#g">Sahara</hi>, wie die<lb/> Bohrverſuche von Laurent bewieſen haben, ein Meeresbecken, dagegen<lb/> hingen nach den Unterſuchungen von <hi rendition="#g">Heer</hi> und Anderen das nord¬<lb/> weſtliche <hi rendition="#g">Afrika</hi>, die <hi rendition="#g">Azoren</hi> und <hi rendition="#g">Portugal</hi> mit dem ſüdöſtlichen<lb/><hi rendition="#g">Nordamerika</hi> in einem großen Continent zuſammen, woraus ſich die<lb/> Uebereinſtimmung der Flora und Fauna der genannten Länder am Ende<lb/> der Tertiärepoche erklärt. — Das erſte Verhältniß, ein Meeresbecken<lb/> ſtatt einer glühenden Sandwüſte, hatte zur Folge, daß es für Europa<lb/> keinen gegenwärtig aus der <hi rendition="#g">Sahara</hi> kommenden heißen, gletſcher¬<lb/> ſchmelzenden Föhnwind gab; das zweite ſchloß den die ganze Weſtküſte<lb/> von <hi rendition="#g">Europa</hi> erwärmenden <hi rendition="#g">Golfſtrom</hi> vom nördlichen Atlantiſchen<lb/> Ocean ab. Der Golfſtrom lief vielmehr durch das Gebiet des jetzigen<lb/> Miſſiſſippi gerade nach Norden und brachte ſeinen erwärmenden Ein¬<lb/> fluß in die Amerikaniſchen Polargegenden, wovon ſich die letzten Spu¬<lb/> ren wahrſcheinlich erſt im Beginn der hiſtoriſchen Zeit verloren haben,<lb/> da ſich die großen Norwegiſchen und Isländiſchen Colonien auf <hi rendition="#g">Grön¬<lb/> land</hi> im <hi rendition="#aq">IX</hi>. und <hi rendition="#aq">X</hi>. Jahrhundert nicht füglich denken laſſen, wenn<lb/> das Klima jener Gegenden nicht bedeutend milder als gegenwärtig ge¬<lb/> weſen wäre. In Folge dieſer ganz verſchiedenen Vertheilung von Land<lb/> und Meer, von Wärme und Kälte, war <hi rendition="#g">Europa</hi> im Beginn der<lb/> poſtpliocänen Periode viel rauher als jetzt und zeigte eine Ausdehnung<lb/> der Gletſcher und eine Anhäufung von Eis, die für dieſe Zeit den Na¬<lb/> men der <hi rendition="#g">Eiszeit</hi> bei den Geognoſten in Aufnahme gebracht haben.<lb/> Man darf dies aber nicht ſo verſtehn, wie es anfänglich auch wohl von<lb/> Männern der Wiſſenſchaft aufgefaßt worden iſt, als ob es eine Zeit<lb/> gegeben habe, in welcher die ganze Erdoberfläche im Eiſe erſtarrt ge¬<lb/> weſen wäre, vielmehr, wie es niemals <hi rendition="#g">eine</hi> die <hi rendition="#g">ganze</hi> Erde bedeckende<lb/> Fluth, wohl aber zu verſchiedenen Zeiten auf jedem beſchränkteren<lb/> Theile der Oberfläche ſolche Bedeckungen des Bodens mit Waſſer gab,<lb/> ſo wurde auch die Temperaturerniedrigung, die das Wachſen der Glet¬<lb/> ſcher in einem Gebirgsſyſtem hervorrief, durch eine erhöhte Temperatur<lb/> in anderen Regionen wieder ausgeglichen; mit dieſer Warnung können<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [10/0020]
Erſte Vorleſung.
Am Ende der Tertiärperiode war die große Sahara, wie die
Bohrverſuche von Laurent bewieſen haben, ein Meeresbecken, dagegen
hingen nach den Unterſuchungen von Heer und Anderen das nord¬
weſtliche Afrika, die Azoren und Portugal mit dem ſüdöſtlichen
Nordamerika in einem großen Continent zuſammen, woraus ſich die
Uebereinſtimmung der Flora und Fauna der genannten Länder am Ende
der Tertiärepoche erklärt. — Das erſte Verhältniß, ein Meeresbecken
ſtatt einer glühenden Sandwüſte, hatte zur Folge, daß es für Europa
keinen gegenwärtig aus der Sahara kommenden heißen, gletſcher¬
ſchmelzenden Föhnwind gab; das zweite ſchloß den die ganze Weſtküſte
von Europa erwärmenden Golfſtrom vom nördlichen Atlantiſchen
Ocean ab. Der Golfſtrom lief vielmehr durch das Gebiet des jetzigen
Miſſiſſippi gerade nach Norden und brachte ſeinen erwärmenden Ein¬
fluß in die Amerikaniſchen Polargegenden, wovon ſich die letzten Spu¬
ren wahrſcheinlich erſt im Beginn der hiſtoriſchen Zeit verloren haben,
da ſich die großen Norwegiſchen und Isländiſchen Colonien auf Grön¬
land im IX. und X. Jahrhundert nicht füglich denken laſſen, wenn
das Klima jener Gegenden nicht bedeutend milder als gegenwärtig ge¬
weſen wäre. In Folge dieſer ganz verſchiedenen Vertheilung von Land
und Meer, von Wärme und Kälte, war Europa im Beginn der
poſtpliocänen Periode viel rauher als jetzt und zeigte eine Ausdehnung
der Gletſcher und eine Anhäufung von Eis, die für dieſe Zeit den Na¬
men der Eiszeit bei den Geognoſten in Aufnahme gebracht haben.
Man darf dies aber nicht ſo verſtehn, wie es anfänglich auch wohl von
Männern der Wiſſenſchaft aufgefaßt worden iſt, als ob es eine Zeit
gegeben habe, in welcher die ganze Erdoberfläche im Eiſe erſtarrt ge¬
weſen wäre, vielmehr, wie es niemals eine die ganze Erde bedeckende
Fluth, wohl aber zu verſchiedenen Zeiten auf jedem beſchränkteren
Theile der Oberfläche ſolche Bedeckungen des Bodens mit Waſſer gab,
ſo wurde auch die Temperaturerniedrigung, die das Wachſen der Glet¬
ſcher in einem Gebirgsſyſtem hervorrief, durch eine erhöhte Temperatur
in anderen Regionen wieder ausgeglichen; mit dieſer Warnung können
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