Schleiden, Matthias Jacob: Das Alter des Menschengeschlechts, die Entstehung der Arten und die Stellung des Menschen in der Natur. Leipzig, 1863.Das Alter des Menschengeschlechts. und Eber- und viele andere Thierknochen, die offenbar als ganze Thieremit den Menschen begraben waren, da die sämmtlichen Knochen z. B. die eines Höhlenbären unzerstreut und im natürlichen Zusammenhange des Skeletes neben einander lagen, auch keiner zerschlagen oder benagt gefunden wurde. Vor dem Eingang in die Höhle zeigte sich dagegen ein ganz anderer Schauplatz. Hier war ein flacher Heerd von Sand¬ steinen gebaut, die sichtbare Spuren der Einwirkung des Feuers zeig¬ ten. Darüber lag eine starke Schicht Erde untermischt mit Holzkohlen, vielen gebrauchten Feuersteinwaffen, wie Messer, Schleudersteine, Pfeilspitzen und dergleichen; ferner fand sich dazwischen eine große An¬ zahl von Thierknochen zerstreut und darunter namentlich die vom Höh¬ lenbären, Höhlenlöwen, von der Höhlenhyäne, vom Mammuth, dem sibirischen Rhinoceros, dem irländischen Riesenhirsch, dem Rennthier und so weiter. Die meisten dieser Knochen waren mit Steinmessern ab¬ geschabt, einige offenbar am Feuer geröstet, die markführenden alle auf¬ geschlagen, um das Mark herauszuziehen. -- Unzweifelhaft waren hier vor der Grabstätte Todtenfeste und Schmäuße gefeiert. Der Platz wurde dann später wohl von Raubthieren besucht, um sich der Ueber¬ bleibsel zu bemächtigen, wahrscheinlich besonders von der Höhlenhyäne, denn viele der übriggebliebenen Knochen waren deutlich benagt und die weicheren Enden abgefressen. Außer manchen anderen Betrachtungen, zu denen dieser Fund auf¬ Das Alter des Menſchengeſchlechts. und Eber- und viele andere Thierknochen, die offenbar als ganze Thieremit den Menſchen begraben waren, da die ſämmtlichen Knochen z. B. die eines Höhlenbären unzerſtreut und im natürlichen Zuſammenhange des Skeletes neben einander lagen, auch keiner zerſchlagen oder benagt gefunden wurde. Vor dem Eingang in die Höhle zeigte ſich dagegen ein ganz anderer Schauplatz. Hier war ein flacher Heerd von Sand¬ ſteinen gebaut, die ſichtbare Spuren der Einwirkung des Feuers zeig¬ ten. Darüber lag eine ſtarke Schicht Erde untermiſcht mit Holzkohlen, vielen gebrauchten Feuerſteinwaffen, wie Meſſer, Schleuderſteine, Pfeilſpitzen und dergleichen; ferner fand ſich dazwiſchen eine große An¬ zahl von Thierknochen zerſtreut und darunter namentlich die vom Höh¬ lenbären, Höhlenlöwen, von der Höhlenhyäne, vom Mammuth, dem ſibiriſchen Rhinoceros, dem irländiſchen Rieſenhirſch, dem Rennthier und ſo weiter. Die meiſten dieſer Knochen waren mit Steinmeſſern ab¬ geſchabt, einige offenbar am Feuer geröſtet, die markführenden alle auf¬ geſchlagen, um das Mark herauszuziehen. — Unzweifelhaft waren hier vor der Grabſtätte Todtenfeſte und Schmäuße gefeiert. Der Platz wurde dann ſpäter wohl von Raubthieren beſucht, um ſich der Ueber¬ bleibſel zu bemächtigen, wahrſcheinlich beſonders von der Höhlenhyäne, denn viele der übriggebliebenen Knochen waren deutlich benagt und die weicheren Enden abgefreſſen. Außer manchen anderen Betrachtungen, zu denen dieſer Fund auf¬ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0029" n="19"/><fw place="top" type="header">Das Alter des Menſchengeſchlechts.<lb/></fw> und Eber- und viele andere Thierknochen, die offenbar als ganze Thiere<lb/> mit den Menſchen begraben waren, da die ſämmtlichen Knochen z. 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Noch bedeutender<lb/> iſt aber, daß ſie ihre Todten mit ganzen Jagdthieren, mit Schmuck und<lb/> mit neuen Waffen verſorgten, was auf eine, wenn auch noch ſo rohe<lb/> Vorſtellung von einem zukünftigen Leben, etwa wie die „glücklichen<lb/> Jagdgründe“ der Nordamerikaniſchen Indianer hindeutet und lebhaft<lb/> an Schillers Nadoweſſiſche Todtenklage erinnert:</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [19/0029]
Das Alter des Menſchengeſchlechts.
und Eber- und viele andere Thierknochen, die offenbar als ganze Thiere
mit den Menſchen begraben waren, da die ſämmtlichen Knochen z. B.
die eines Höhlenbären unzerſtreut und im natürlichen Zuſammenhange
des Skeletes neben einander lagen, auch keiner zerſchlagen oder benagt
gefunden wurde. Vor dem Eingang in die Höhle zeigte ſich dagegen
ein ganz anderer Schauplatz. Hier war ein flacher Heerd von Sand¬
ſteinen gebaut, die ſichtbare Spuren der Einwirkung des Feuers zeig¬
ten. Darüber lag eine ſtarke Schicht Erde untermiſcht mit Holzkohlen,
vielen gebrauchten Feuerſteinwaffen, wie Meſſer, Schleuderſteine,
Pfeilſpitzen und dergleichen; ferner fand ſich dazwiſchen eine große An¬
zahl von Thierknochen zerſtreut und darunter namentlich die vom Höh¬
lenbären, Höhlenlöwen, von der Höhlenhyäne, vom Mammuth, dem
ſibiriſchen Rhinoceros, dem irländiſchen Rieſenhirſch, dem Rennthier
und ſo weiter. Die meiſten dieſer Knochen waren mit Steinmeſſern ab¬
geſchabt, einige offenbar am Feuer geröſtet, die markführenden alle auf¬
geſchlagen, um das Mark herauszuziehen. — Unzweifelhaft waren hier
vor der Grabſtätte Todtenfeſte und Schmäuße gefeiert. Der Platz
wurde dann ſpäter wohl von Raubthieren beſucht, um ſich der Ueber¬
bleibſel zu bemächtigen, wahrſcheinlich beſonders von der Höhlenhyäne,
denn viele der übriggebliebenen Knochen waren deutlich benagt und die
weicheren Enden abgefreſſen.
Außer manchen anderen Betrachtungen, zu denen dieſer Fund auf¬
fordert, ſind es beſonders folgende, die von Wichtigkeit erſcheinen. So
hoch wir auch das Alter dieſer Menſchen hinaufrücken müſſen, ſo wa¬
ren dieſelben doch ſchon bis zu einem ſolchen Grade der Cultur ent¬
wickelt, daß ſie ihre Todten regelmäßig und mit gewiſſen Feierlichkeiten
begruben und ihr Andenken durch Todtenfeſte ehrten. Noch bedeutender
iſt aber, daß ſie ihre Todten mit ganzen Jagdthieren, mit Schmuck und
mit neuen Waffen verſorgten, was auf eine, wenn auch noch ſo rohe
Vorſtellung von einem zukünftigen Leben, etwa wie die „glücklichen
Jagdgründe“ der Nordamerikaniſchen Indianer hindeutet und lebhaft
an Schillers Nadoweſſiſche Todtenklage erinnert:
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