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Schleiden, Matthias Jacob: Die Pflanze und ihr Leben. Leipzig, 1848.

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Art seiner Bildung selbst in bestimmten Grenzen abgeschlossen.
Man ersieht hieraus zweierlei: erstens daß Stengel und Blatt sich
als Gegensätze einander bedingen; nur wo das Eine vorhanden ist,
kann auch vom Andern die Rede seyn. Man unterscheidet demzufolge
jene beiden Hauptabtheilungen, auch als stengellose Pflan-
zen
und Stengel-Pflanzen. Zweitens ergiebt sich aber
auch aus dem Vorgetragenen, daß die Pflanze überall nur zwei ih-
rem Wesen nach verschiedene Organe haben könne, nämlich Blatt
und Stengel, und daß alle übrigen sogenannten Organe der Pflanze
nur minder wichtige Abänderungen eines dieser Organe, oder aus
beiden zusammengesetzte und verschmolzene Bildungen seyn müs-
sen. -- Erst seit Caspar Friedrich Wolff und Göthe hat man diesen
Satz mit Bestimmtheit ausgesprochen und aus den Versuchen nach-
zuweisen, daß alle Organe der Stengelpflanzen sich auf das eine oder
andere Grundorgan zurückführen lassen, ist eine eigenthümliche Lehre
entstanden, für welche durch Göthe der Name "die Metamorphose
der Pflanze" als allgemein gültig eingeführt ist. Wie schon aus dem
bisher Mitgetheilten klar geworden seyn wird, umfaßt dieselbe nur
einen ganz kleinen Theil derjenigen Lehre, welche als Morphologie ei-
nen der wesentlichsten Abschnitte der ganzen Botanik ausmachen soll. --

Leicht könnten wir hier an einem Beispiel einen kurzen Ueber-
blick dieser Lehre geben, ohne gerade in alle Einzelnheiten, die noch
manche Schwierigkeiten und ungelöste Probleme darbieten, einzu-
gehen. -- Das Wichtigste ist aber schon oben bei der Erläuterung
der Idee der Urpflanze vorgekommen, und es bedarf hier nur noch
eines kleinen Zusatzes hinsichtlich der Blüthenbildung, welche einige
Verwicklungen zeigt.

An der Stelle, wo sich an der Urpflanze die Fruchtblätter und
Saamenknospe befinden, also in der Mitte der Blume, zeigt sich
bei den meisten Pflanzen ein Organ, welches rings geschlossen, im
Innern hohl, die Saamenknospen umschließt und dessen Höhle nur
nach Oben durch einen gewöhnlich schwer erkennbaren Kanal mit
der Außenwelt communicirt. Diesen Körper nennt man im Gan-

Art ſeiner Bildung ſelbſt in beſtimmten Grenzen abgeſchloſſen.
Man erſieht hieraus zweierlei: erſtens daß Stengel und Blatt ſich
als Gegenſätze einander bedingen; nur wo das Eine vorhanden iſt,
kann auch vom Andern die Rede ſeyn. Man unterſcheidet demzufolge
jene beiden Hauptabtheilungen, auch als ſtengelloſe Pflan-
zen
und Stengel-Pflanzen. Zweitens ergiebt ſich aber
auch aus dem Vorgetragenen, daß die Pflanze überall nur zwei ih-
rem Weſen nach verſchiedene Organe haben könne, nämlich Blatt
und Stengel, und daß alle übrigen ſogenannten Organe der Pflanze
nur minder wichtige Abänderungen eines dieſer Organe, oder aus
beiden zuſammengeſetzte und verſchmolzene Bildungen ſeyn müſ-
ſen. — Erſt ſeit Caspar Friedrich Wolff und Göthe hat man dieſen
Satz mit Beſtimmtheit ausgeſprochen und aus den Verſuchen nach-
zuweiſen, daß alle Organe der Stengelpflanzen ſich auf das eine oder
andere Grundorgan zurückführen laſſen, iſt eine eigenthümliche Lehre
entſtanden, für welche durch Göthe der Name „die Metamorphoſe
der Pflanze“ als allgemein gültig eingeführt iſt. Wie ſchon aus dem
bisher Mitgetheilten klar geworden ſeyn wird, umfaßt dieſelbe nur
einen ganz kleinen Theil derjenigen Lehre, welche als Morphologie ei-
nen der weſentlichſten Abſchnitte der ganzen Botanik ausmachen ſoll. —

Leicht könnten wir hier an einem Beiſpiel einen kurzen Ueber-
blick dieſer Lehre geben, ohne gerade in alle Einzelnheiten, die noch
manche Schwierigkeiten und ungelöſte Probleme darbieten, einzu-
gehen. — Das Wichtigſte iſt aber ſchon oben bei der Erläuterung
der Idee der Urpflanze vorgekommen, und es bedarf hier nur noch
eines kleinen Zuſatzes hinſichtlich der Blüthenbildung, welche einige
Verwicklungen zeigt.

An der Stelle, wo ſich an der Urpflanze die Fruchtblätter und
Saamenknospe befinden, alſo in der Mitte der Blume, zeigt ſich
bei den meiſten Pflanzen ein Organ, welches rings geſchloſſen, im
Innern hohl, die Saamenknospen umſchließt und deſſen Höhle nur
nach Oben durch einen gewöhnlich ſchwer erkennbaren Kanal mit
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[94/0110] Art ſeiner Bildung ſelbſt in beſtimmten Grenzen abgeſchloſſen. Man erſieht hieraus zweierlei: erſtens daß Stengel und Blatt ſich als Gegenſätze einander bedingen; nur wo das Eine vorhanden iſt, kann auch vom Andern die Rede ſeyn. Man unterſcheidet demzufolge jene beiden Hauptabtheilungen, auch als ſtengelloſe Pflan- zen und Stengel-Pflanzen. Zweitens ergiebt ſich aber auch aus dem Vorgetragenen, daß die Pflanze überall nur zwei ih- rem Weſen nach verſchiedene Organe haben könne, nämlich Blatt und Stengel, und daß alle übrigen ſogenannten Organe der Pflanze nur minder wichtige Abänderungen eines dieſer Organe, oder aus beiden zuſammengeſetzte und verſchmolzene Bildungen ſeyn müſ- ſen. — Erſt ſeit Caspar Friedrich Wolff und Göthe hat man dieſen Satz mit Beſtimmtheit ausgeſprochen und aus den Verſuchen nach- zuweiſen, daß alle Organe der Stengelpflanzen ſich auf das eine oder andere Grundorgan zurückführen laſſen, iſt eine eigenthümliche Lehre entſtanden, für welche durch Göthe der Name „die Metamorphoſe der Pflanze“ als allgemein gültig eingeführt iſt. Wie ſchon aus dem bisher Mitgetheilten klar geworden ſeyn wird, umfaßt dieſelbe nur einen ganz kleinen Theil derjenigen Lehre, welche als Morphologie ei- nen der weſentlichſten Abſchnitte der ganzen Botanik ausmachen ſoll. — Leicht könnten wir hier an einem Beiſpiel einen kurzen Ueber- blick dieſer Lehre geben, ohne gerade in alle Einzelnheiten, die noch manche Schwierigkeiten und ungelöſte Probleme darbieten, einzu- gehen. — Das Wichtigſte iſt aber ſchon oben bei der Erläuterung der Idee der Urpflanze vorgekommen, und es bedarf hier nur noch eines kleinen Zuſatzes hinſichtlich der Blüthenbildung, welche einige Verwicklungen zeigt. An der Stelle, wo ſich an der Urpflanze die Fruchtblätter und Saamenknospe befinden, alſo in der Mitte der Blume, zeigt ſich bei den meiſten Pflanzen ein Organ, welches rings geſchloſſen, im Innern hohl, die Saamenknospen umſchließt und deſſen Höhle nur nach Oben durch einen gewöhnlich ſchwer erkennbaren Kanal mit der Außenwelt communicirt. Dieſen Körper nennt man im Gan-

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Zitationshilfe: Schleiden, Matthias Jacob: Die Pflanze und ihr Leben. Leipzig, 1848, S. 94. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schleiden_pflanze_1848/110>, abgerufen am 24.11.2024.