Die zweite Reihe, die der stickstofffreien Substanzen oder der Respirationsmittel, ist nicht minder allgemein in der Pflanzenwelt verbreitet. Ueberblicken wir alle die Nahrungsmittel, welche sich der Mensch aus dem Pflanzenreiche gewählt, so finden wir drei Gruppen, von denen sich die Erste durch den großen Gehalt an Stärkemehl aus- zeichnet. Hierher gehören die Cerealien und Hülsenfrüchte, die Knollengewächse, Kartoffeln, Erdäpfel, Manjoc, Yams- und Taroowurzeln, endlich die markigen Stämme der Cycadeen und Palmen, welche den Sago liefern; die zweite Gruppe umfaßt die zucker- und gummireichen Früchte, welche durch Apfel-, Citronen- und Weinsteinsäure ihre eigenthümlichen kühlenden Eigenschaften und durch geringe Menge aromatischer Stoffe ihren Reiz erhalten, außer den bei uns bekannten Früchten, insbeson- dere die Dattel, die Banane und die Brodfrucht, ferner die zuckerreichen Stengel, namentlich das Zuckerrohr, und endlich die zucker- und gummihaltigen fleischigen Wurzeln, die einen großen Theil unseres Gemüses bilden; die dritte Classe endlich besteht aus den ölhalti- gen Kernen verschiedener Früchte: der Cocusnuß, der Nußderchile- nischen Fichte, der Paranuß und der vielen Nüsse- u. Mandelarten, welche in Europa zum Theil dem Hunger, zum Theil nur dem Reize des Gaumens ihren Tribut zollen. Endlich dürfen wir bei dieser Aufzäh- lung die vielen, fast alle aus dem Pflanzenreiche stammenden Getränke nicht vergessen. Fast überallhin ist dem Europäer der Weinstock ge- folgt, wo climatische Verhältnisse seinen Anbau nicht unmöglich mach- ten. Obstweine, Bier und Weingeist sind weit verbreitete Ge- tränke. Eine eigenthümliche Aufgabe ist in der That noch dem Psycholo- gen aufbehalten in dem merkwürdigen Umstande, daß, so weit wie das Menschengeschlecht auf Erden verbreitet ist, auf dem höchsten Gipfel seiner Ausbildung wie in den ersten Anfängen der Cultur (vielleicht nur mit Ausnahme einiger weniger den Thieren fast näher als den Menschen stehender Stämme), auch der Gebrauch sich findet, durch die verschiedenartigsten Mittel sich in einen erhöhten Zustand geistiger Thätigkeit zu versetzen, den man in seinen höhern und schlimmern
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Die zweite Reihe, die der ſtickſtofffreien Subſtanzen oder der Reſpirationsmittel, iſt nicht minder allgemein in der Pflanzenwelt verbreitet. Ueberblicken wir alle die Nahrungsmittel, welche ſich der Menſch aus dem Pflanzenreiche gewählt, ſo finden wir drei Gruppen, von denen ſich die Erſte durch den großen Gehalt an Stärkemehl aus- zeichnet. Hierher gehören die Cerealien und Hülſenfrüchte, die Knollengewächſe, Kartoffeln, Erdäpfel, Manjoc, Yams- und Taroowurzeln, endlich die markigen Stämme der Cycadeen und Palmen, welche den Sago liefern; die zweite Gruppe umfaßt die zucker- und gummireichen Früchte, welche durch Apfel-, Citronen- und Weinſteinſäure ihre eigenthümlichen kühlenden Eigenſchaften und durch geringe Menge aromatiſcher Stoffe ihren Reiz erhalten, außer den bei uns bekannten Früchten, insbeſon- dere die Dattel, die Banane und die Brodfrucht, ferner die zuckerreichen Stengel, namentlich das Zuckerrohr, und endlich die zucker- und gummihaltigen fleiſchigen Wurzeln, die einen großen Theil unſeres Gemüſes bilden; die dritte Claſſe endlich beſteht aus den ölhalti- gen Kernen verſchiedener Früchte: der Cocusnuß, der Nußderchile- niſchen Fichte, der Paranuß und der vielen Nüſſe- u. Mandelarten, welche in Europa zum Theil dem Hunger, zum Theil nur dem Reize des Gaumens ihren Tribut zollen. Endlich dürfen wir bei dieſer Aufzäh- lung die vielen, faſt alle aus dem Pflanzenreiche ſtammenden Getränke nicht vergeſſen. Faſt überallhin iſt dem Europäer der Weinſtock ge- folgt, wo climatiſche Verhältniſſe ſeinen Anbau nicht unmöglich mach- ten. Obſtweine, Bier und Weingeiſt ſind weit verbreitete Ge- tränke. Eine eigenthümliche Aufgabe iſt in der That noch dem Pſycholo- gen aufbehalten in dem merkwürdigen Umſtande, daß, ſo weit wie das Menſchengeſchlecht auf Erden verbreitet iſt, auf dem höchſten Gipfel ſeiner Ausbildung wie in den erſten Anfängen der Cultur (vielleicht nur mit Ausnahme einiger weniger den Thieren faſt näher als den Menſchen ſtehender Stämme), auch der Gebrauch ſich findet, durch die verſchiedenartigſten Mittel ſich in einen erhöhten Zuſtand geiſtiger Thätigkeit zu verſetzen, den man in ſeinen höhern und ſchlimmern
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Die zweite Reihe, die der ſtickſtofffreien Subſtanzen oder der
Reſpirationsmittel, iſt nicht minder allgemein in der Pflanzenwelt
verbreitet. Ueberblicken wir alle die Nahrungsmittel, welche ſich der
Menſch aus dem Pflanzenreiche gewählt, ſo finden wir drei Gruppen,
von denen ſich die Erſte durch den großen Gehalt an Stärkemehl aus-
zeichnet. Hierher gehören die Cerealien und Hülſenfrüchte,
die Knollengewächſe, Kartoffeln, Erdäpfel, Manjoc,
Yams- und Taroowurzeln, endlich die markigen Stämme der
Cycadeen und Palmen, welche den Sago liefern; die zweite
Gruppe umfaßt die zucker- und gummireichen Früchte, welche durch
Apfel-, Citronen- und Weinſteinſäure ihre eigenthümlichen
kühlenden Eigenſchaften und durch geringe Menge aromatiſcher Stoffe
ihren Reiz erhalten, außer den bei uns bekannten Früchten, insbeſon-
dere die Dattel, die Banane und die Brodfrucht, ferner die
zuckerreichen Stengel, namentlich das Zuckerrohr, und endlich die
zucker- und gummihaltigen fleiſchigen Wurzeln, die einen großen Theil
unſeres Gemüſes bilden; die dritte Claſſe endlich beſteht aus den ölhalti-
gen Kernen verſchiedener Früchte: der Cocusnuß, der Nußderchile-
niſchen Fichte, der Paranuß und der vielen Nüſſe- u. Mandelarten,
welche in Europa zum Theil dem Hunger, zum Theil nur dem Reize des
Gaumens ihren Tribut zollen. Endlich dürfen wir bei dieſer Aufzäh-
lung die vielen, faſt alle aus dem Pflanzenreiche ſtammenden Getränke
nicht vergeſſen. Faſt überallhin iſt dem Europäer der Weinſtock ge-
folgt, wo climatiſche Verhältniſſe ſeinen Anbau nicht unmöglich mach-
ten. Obſtweine, Bier und Weingeiſt ſind weit verbreitete Ge-
tränke. Eine eigenthümliche Aufgabe iſt in der That noch dem Pſycholo-
gen aufbehalten in dem merkwürdigen Umſtande, daß, ſo weit wie das
Menſchengeſchlecht auf Erden verbreitet iſt, auf dem höchſten Gipfel
ſeiner Ausbildung wie in den erſten Anfängen der Cultur (vielleicht
nur mit Ausnahme einiger weniger den Thieren faſt näher als den
Menſchen ſtehender Stämme), auch der Gebrauch ſich findet, durch
die verſchiedenartigſten Mittel ſich in einen erhöhten Zuſtand geiſtiger
Thätigkeit zu verſetzen, den man in ſeinen höhern und ſchlimmern
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Schleiden, Matthias Jacob: Die Pflanze und ihr Leben. Leipzig, 1848, S. 131. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schleiden_pflanze_1848/147>, abgerufen am 24.11.2024.
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