Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schleiden, Matthias Jacob: Die Pflanze und ihr Leben. Leipzig, 1848.

Bild:
<< vorherige Seite

geschrieben. Dem Gegenwärtigen konnte alles durch augenblickliche
Vorführung in der Natur, durch Demonstration unterm Microscop
und durch Vorlegung zahlreicherer Abbildungen lebendig und anzie-
hend gemacht werden. Diese Einkleidung gerade mag den Vorträgen
in den Augen wohlwollender Freunde ein Interesse gegeben haben,
welches sie hinriß, mich zur Herausgabe dieser Aufsätze anzuregen.
Dieser Reiz, den eine solche Unterhaltung hat, in welcher man alle
Thatsachen selbst sieht, und indem man gleichzeitig dem Vortrag folgt,
die Sätze der Wissenschaft selbst aus den Beobachtungen abgeleitet zu
haben meint, dieser Reiz fällt bei der Lesung eines solchen Vortrags
nothwendig weg, mit der Einkleidung geht auch der Werth der Sache
selbst ganz oder theilweise verloren, und der Verfasser muß fürchten,
besonders da, wo es auf Formenverhältnisse ankommt, bei denen die
beste Beschreibung die Anschauung nie ersetzen kann, den Leser zu
langweilen, wo er das Interesse des Hörenden und Schauenden leicht
lebendig zu halten wußte.

Diesem Mangel abzuhelfen, war es nöthig durch bildliche Darstel-
lungen dem Leser wenigstens einigermaaßen zu Hülfe zu kommen. Da
aber kein kostbares Kupferwerk, welches den vorgesetzten Zweck nothwen-
dig verfehlt hätte, beabsichtigt war, so mußte ich mich mehr darauf
beschränken, durch Skitzen der Phantasie des Lesers zu Hülfe zu kommen
und seine geistige Anschauungskraft anzuregen. So entstanden die zur
Erläuterung dieser Vorlesungen bestimmten Bilder, über welche ich nur
wenige Worte zu sagen habe. Sie beziehen sich jedesmal auf den Inhalt
derjenigen Vorlesung, welcher sie beigegeben sind und finden zum größten
Theil in derselben ihre ausführliche Erläuterung. Die Titelvignetten
sind auf der Rückseite des Titels selbst durch einige Anmerkungen er-
klärt, bei einigen ist Erläuterung überflüssig. So möge denn das Ge-
wand bunt genug seyn, um manche Fehler und Schwächen der Sache
selbst zu verdecken oder doch minder fühlbar zu machen, kurz möchten
diese in der That anspruchslosen Betrachtungen, nachsichtige und
freundliche Leser finden.


geſchrieben. Dem Gegenwärtigen konnte alles durch augenblickliche
Vorführung in der Natur, durch Demonſtration unterm Microſcop
und durch Vorlegung zahlreicherer Abbildungen lebendig und anzie-
hend gemacht werden. Dieſe Einkleidung gerade mag den Vorträgen
in den Augen wohlwollender Freunde ein Intereſſe gegeben haben,
welches ſie hinriß, mich zur Herausgabe dieſer Aufſätze anzuregen.
Dieſer Reiz, den eine ſolche Unterhaltung hat, in welcher man alle
Thatſachen ſelbſt ſieht, und indem man gleichzeitig dem Vortrag folgt,
die Sätze der Wiſſenſchaft ſelbſt aus den Beobachtungen abgeleitet zu
haben meint, dieſer Reiz fällt bei der Leſung eines ſolchen Vortrags
nothwendig weg, mit der Einkleidung geht auch der Werth der Sache
ſelbſt ganz oder theilweiſe verloren, und der Verfaſſer muß fürchten,
beſonders da, wo es auf Formenverhältniſſe ankommt, bei denen die
beſte Beſchreibung die Anſchauung nie erſetzen kann, den Leſer zu
langweilen, wo er das Intereſſe des Hörenden und Schauenden leicht
lebendig zu halten wußte.

Dieſem Mangel abzuhelfen, war es nöthig durch bildliche Darſtel-
lungen dem Leſer wenigſtens einigermaaßen zu Hülfe zu kommen. Da
aber kein koſtbares Kupferwerk, welches den vorgeſetzten Zweck nothwen-
dig verfehlt hätte, beabſichtigt war, ſo mußte ich mich mehr darauf
beſchränken, durch Skitzen der Phantaſie des Leſers zu Hülfe zu kommen
und ſeine geiſtige Anſchauungskraft anzuregen. So entſtanden die zur
Erläuterung dieſer Vorleſungen beſtimmten Bilder, über welche ich nur
wenige Worte zu ſagen habe. Sie beziehen ſich jedesmal auf den Inhalt
derjenigen Vorleſung, welcher ſie beigegeben ſind und finden zum größten
Theil in derſelben ihre ausführliche Erläuterung. Die Titelvignetten
ſind auf der Rückſeite des Titels ſelbſt durch einige Anmerkungen er-
klärt, bei einigen iſt Erläuterung überflüſſig. So möge denn das Ge-
wand bunt genug ſeyn, um manche Fehler und Schwächen der Sache
ſelbſt zu verdecken oder doch minder fühlbar zu machen, kurz möchten
dieſe in der That anſpruchsloſen Betrachtungen, nachſichtige und
freundliche Leſer finden.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0026" n="10"/>
ge&#x017F;chrieben. Dem Gegenwärtigen konnte alles durch augenblickliche<lb/>
Vorführung in der Natur, durch Demon&#x017F;tration unterm Micro&#x017F;cop<lb/>
und durch Vorlegung zahlreicherer Abbildungen lebendig und anzie-<lb/>
hend gemacht werden. Die&#x017F;e Einkleidung gerade mag den Vorträgen<lb/>
in den Augen wohlwollender Freunde ein Intere&#x017F;&#x017F;e gegeben haben,<lb/>
welches &#x017F;ie hinriß, mich zur Herausgabe die&#x017F;er Auf&#x017F;ätze anzuregen.<lb/>
Die&#x017F;er Reiz, den eine &#x017F;olche Unterhaltung hat, in welcher man alle<lb/>
That&#x017F;achen &#x017F;elb&#x017F;t &#x017F;ieht, und indem man gleichzeitig dem Vortrag folgt,<lb/>
die Sätze der Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaft &#x017F;elb&#x017F;t aus den Beobachtungen abgeleitet zu<lb/>
haben meint, die&#x017F;er Reiz fällt bei der Le&#x017F;ung eines &#x017F;olchen Vortrags<lb/>
nothwendig weg, mit der Einkleidung geht auch der Werth der Sache<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t ganz oder theilwei&#x017F;e verloren, und der Verfa&#x017F;&#x017F;er muß fürchten,<lb/>
be&#x017F;onders da, wo es auf Formenverhältni&#x017F;&#x017F;e ankommt, bei denen die<lb/>
be&#x017F;te Be&#x017F;chreibung die An&#x017F;chauung nie er&#x017F;etzen kann, den Le&#x017F;er zu<lb/>
langweilen, wo er das Intere&#x017F;&#x017F;e des Hörenden und Schauenden leicht<lb/>
lebendig zu halten wußte.</p><lb/>
        <p>Die&#x017F;em Mangel abzuhelfen, war es nöthig durch bildliche Dar&#x017F;tel-<lb/>
lungen dem Le&#x017F;er wenig&#x017F;tens einigermaaßen zu Hülfe zu kommen. Da<lb/>
aber kein ko&#x017F;tbares Kupferwerk, welches den vorge&#x017F;etzten Zweck nothwen-<lb/>
dig verfehlt hätte, beab&#x017F;ichtigt war, &#x017F;o mußte ich mich mehr darauf<lb/>
be&#x017F;chränken, durch Skitzen der Phanta&#x017F;ie des Le&#x017F;ers zu Hülfe zu kommen<lb/>
und &#x017F;eine gei&#x017F;tige An&#x017F;chauungskraft anzuregen. So ent&#x017F;tanden die zur<lb/>
Erläuterung die&#x017F;er Vorle&#x017F;ungen be&#x017F;timmten Bilder, über welche ich nur<lb/>
wenige Worte zu &#x017F;agen habe. Sie beziehen &#x017F;ich jedesmal auf den Inhalt<lb/>
derjenigen Vorle&#x017F;ung, welcher &#x017F;ie beigegeben &#x017F;ind und <choice><sic>&#x017F;inden</sic><corr>finden</corr></choice> zum größten<lb/>
Theil in der&#x017F;elben ihre ausführliche Erläuterung. Die Titelvignetten<lb/>
&#x017F;ind auf der Rück&#x017F;eite des Titels &#x017F;elb&#x017F;t durch einige Anmerkungen er-<lb/>
klärt, bei einigen i&#x017F;t Erläuterung überflü&#x017F;&#x017F;ig. So möge denn das Ge-<lb/>
wand bunt genug &#x017F;eyn, um manche Fehler und Schwächen der Sache<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t zu verdecken oder doch minder fühlbar zu machen, kurz möchten<lb/>
die&#x017F;e in der That an&#x017F;pruchslo&#x017F;en Betrachtungen, nach&#x017F;ichtige und<lb/>
freundliche Le&#x017F;er finden.</p>
      </div><lb/>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
    </body>
  </text>
</TEI>
[10/0026] geſchrieben. Dem Gegenwärtigen konnte alles durch augenblickliche Vorführung in der Natur, durch Demonſtration unterm Microſcop und durch Vorlegung zahlreicherer Abbildungen lebendig und anzie- hend gemacht werden. Dieſe Einkleidung gerade mag den Vorträgen in den Augen wohlwollender Freunde ein Intereſſe gegeben haben, welches ſie hinriß, mich zur Herausgabe dieſer Aufſätze anzuregen. Dieſer Reiz, den eine ſolche Unterhaltung hat, in welcher man alle Thatſachen ſelbſt ſieht, und indem man gleichzeitig dem Vortrag folgt, die Sätze der Wiſſenſchaft ſelbſt aus den Beobachtungen abgeleitet zu haben meint, dieſer Reiz fällt bei der Leſung eines ſolchen Vortrags nothwendig weg, mit der Einkleidung geht auch der Werth der Sache ſelbſt ganz oder theilweiſe verloren, und der Verfaſſer muß fürchten, beſonders da, wo es auf Formenverhältniſſe ankommt, bei denen die beſte Beſchreibung die Anſchauung nie erſetzen kann, den Leſer zu langweilen, wo er das Intereſſe des Hörenden und Schauenden leicht lebendig zu halten wußte. Dieſem Mangel abzuhelfen, war es nöthig durch bildliche Darſtel- lungen dem Leſer wenigſtens einigermaaßen zu Hülfe zu kommen. Da aber kein koſtbares Kupferwerk, welches den vorgeſetzten Zweck nothwen- dig verfehlt hätte, beabſichtigt war, ſo mußte ich mich mehr darauf beſchränken, durch Skitzen der Phantaſie des Leſers zu Hülfe zu kommen und ſeine geiſtige Anſchauungskraft anzuregen. So entſtanden die zur Erläuterung dieſer Vorleſungen beſtimmten Bilder, über welche ich nur wenige Worte zu ſagen habe. Sie beziehen ſich jedesmal auf den Inhalt derjenigen Vorleſung, welcher ſie beigegeben ſind und finden zum größten Theil in derſelben ihre ausführliche Erläuterung. Die Titelvignetten ſind auf der Rückſeite des Titels ſelbſt durch einige Anmerkungen er- klärt, bei einigen iſt Erläuterung überflüſſig. So möge denn das Ge- wand bunt genug ſeyn, um manche Fehler und Schwächen der Sache ſelbſt zu verdecken oder doch minder fühlbar zu machen, kurz möchten dieſe in der That anſpruchsloſen Betrachtungen, nachſichtige und freundliche Leſer finden.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schleiden_pflanze_1848
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schleiden_pflanze_1848/26
Zitationshilfe: Schleiden, Matthias Jacob: Die Pflanze und ihr Leben. Leipzig, 1848, S. 10. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schleiden_pflanze_1848/26>, abgerufen am 23.11.2024.