gleichen eingehen, sondern nur die Kosmogonien hervorheben, die sich jedes Volk, ja in jedem Volke fast jeder Einzelne anders auszeichnet und daran erinnern, daß mit mehr Eifer über die Wahrheit der sechstägigen mosaischen Schöpfungsgeschichte gestritten ist, als man jemals daran gewendet, sich den Spruch: "liebe dei- nen Nächsten als dich selbst" in allen Beziehungen zu ent- wickeln und danach zu handeln. Während die übermüthige englische Hochkirche, viel verächtlicher als das Pabstthum in seinen widerlichsten Extremen, sich mit dem Schweiß und Blut von Millionen armer hungernder Irländer mästet, verfolgt sie in England mit allen Nichts- würdigkeiten, die ihrer Macht zu Gebote stehen, jede wissenschaftliche Untersuchung, die ihrer bornirten Ansicht von der Buchstabenwahrheit alter jüdischer Poesien zu widersprechen scheinen. Nirgend mehr und fast nur da ist der Mensch unduldsam, wo an eine wissenschaftliche Begründung oder Widerlegung nicht zu denken ist. Wer auf dem Gebiete des Beweisbaren dem gesunden Menschenverstande ins Ge- sicht schlagen will, unterliegt dem Fluche der Lächerlichkeit, dem nichts widersteht. Aber da, wo kein Beweis dafür und folglich auch in der Regel kein Beweis dagegen möglich ist, erzwingt die Eitelkeit, wenn sie mit Macht gepaart ist, die Anerkennung ihrer Träumereien und behauptet wohl gar mit gotteslästerlicher Frechheit, daß der ewige Lenker der Welten sie vor allen Menschen mit besondern geheimen Mittheilungen ausgerüstet habe. -- Das Schlimmste dabei bleibt aber, daß, während man sich dem Ausspinnen, Vertheidigen und An- greifen von Traumgebilden über unfaßbare Dinge hingiebt, so häufig die Zeit und Gelegenheit versäumt wird, nicht nur seine Pflicht zu thun und Gottesfurcht im Leben zu üben, sondern auch mit Ruhe und Klarheit die Verhältnisse aufzufassen, die Thatsachen zu sammeln, welche nothwendig sind, um das mögliche Wissen zu fördern und zu entwickeln.
Ueber den einfachen Ausspruch: "Gott ist der heilige Urheber aller Dinge, und seine Weisheit, seine Liebe hat die Welt erschaffen", kommt auch der tiefste Naturforscher nicht hinaus. Er gilt ihm wie
gleichen eingehen, ſondern nur die Kosmogonien hervorheben, die ſich jedes Volk, ja in jedem Volke faſt jeder Einzelne anders auszeichnet und daran erinnern, daß mit mehr Eifer über die Wahrheit der ſechstägigen moſaiſchen Schöpfungsgeſchichte geſtritten iſt, als man jemals daran gewendet, ſich den Spruch: „liebe dei- nen Nächſten als dich ſelbſt“ in allen Beziehungen zu ent- wickeln und danach zu handeln. Während die übermüthige engliſche Hochkirche, viel verächtlicher als das Pabſtthum in ſeinen widerlichſten Extremen, ſich mit dem Schweiß und Blut von Millionen armer hungernder Irländer mäſtet, verfolgt ſie in England mit allen Nichts- würdigkeiten, die ihrer Macht zu Gebote ſtehen, jede wiſſenſchaftliche Unterſuchung, die ihrer bornirten Anſicht von der Buchſtabenwahrheit alter jüdiſcher Poeſien zu widerſprechen ſcheinen. Nirgend mehr und faſt nur da iſt der Menſch unduldſam, wo an eine wiſſenſchaftliche Begründung oder Widerlegung nicht zu denken iſt. Wer auf dem Gebiete des Beweisbaren dem geſunden Menſchenverſtande ins Ge- ſicht ſchlagen will, unterliegt dem Fluche der Lächerlichkeit, dem nichts widerſteht. Aber da, wo kein Beweis dafür und folglich auch in der Regel kein Beweis dagegen möglich iſt, erzwingt die Eitelkeit, wenn ſie mit Macht gepaart iſt, die Anerkennung ihrer Träumereien und behauptet wohl gar mit gottesläſterlicher Frechheit, daß der ewige Lenker der Welten ſie vor allen Menſchen mit beſondern geheimen Mittheilungen ausgerüſtet habe. — Das Schlimmſte dabei bleibt aber, daß, während man ſich dem Ausſpinnen, Vertheidigen und An- greifen von Traumgebilden über unfaßbare Dinge hingiebt, ſo häufig die Zeit und Gelegenheit verſäumt wird, nicht nur ſeine Pflicht zu thun und Gottesfurcht im Leben zu üben, ſondern auch mit Ruhe und Klarheit die Verhältniſſe aufzufaſſen, die Thatſachen zu ſammeln, welche nothwendig ſind, um das mögliche Wiſſen zu fördern und zu entwickeln.
Ueber den einfachen Ausſpruch: „Gott iſt der heilige Urheber aller Dinge, und ſeine Weisheit, ſeine Liebe hat die Welt erſchaffen“, kommt auch der tiefſte Naturforſcher nicht hinaus. Er gilt ihm wie
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gleichen eingehen, ſondern nur die Kosmogonien hervorheben,
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Wahrheit der ſechstägigen moſaiſchen Schöpfungsgeſchichte geſtritten
iſt, als man jemals daran gewendet, ſich den Spruch: „liebe dei-
nen Nächſten als dich ſelbſt“ in allen Beziehungen zu ent-
wickeln und danach zu handeln. Während die übermüthige engliſche
Hochkirche, viel verächtlicher als das Pabſtthum in ſeinen widerlichſten
Extremen, ſich mit dem Schweiß und Blut von Millionen armer
hungernder Irländer mäſtet, verfolgt ſie in England mit allen Nichts-
würdigkeiten, die ihrer Macht zu Gebote ſtehen, jede wiſſenſchaftliche
Unterſuchung, die ihrer bornirten Anſicht von der Buchſtabenwahrheit
alter jüdiſcher Poeſien zu widerſprechen ſcheinen. Nirgend mehr und
faſt nur da iſt der Menſch unduldſam, wo an eine wiſſenſchaftliche
Begründung oder Widerlegung nicht zu denken iſt. Wer auf dem
Gebiete des Beweisbaren dem geſunden Menſchenverſtande ins Ge-
ſicht ſchlagen will, unterliegt dem Fluche der Lächerlichkeit, dem nichts
widerſteht. Aber da, wo kein Beweis dafür und folglich auch in der
Regel kein Beweis dagegen möglich iſt, erzwingt die Eitelkeit, wenn
ſie mit Macht gepaart iſt, die Anerkennung ihrer Träumereien und
behauptet wohl gar mit gottesläſterlicher Frechheit, daß der ewige
Lenker der Welten ſie vor allen Menſchen mit beſondern geheimen
Mittheilungen ausgerüſtet habe. — Das Schlimmſte dabei bleibt
aber, daß, während man ſich dem Ausſpinnen, Vertheidigen und An-
greifen von Traumgebilden über unfaßbare Dinge hingiebt, ſo
häufig die Zeit und Gelegenheit verſäumt wird, nicht nur ſeine Pflicht
zu thun und Gottesfurcht im Leben zu üben, ſondern auch mit Ruhe
und Klarheit die Verhältniſſe aufzufaſſen, die Thatſachen zu ſammeln,
welche nothwendig ſind, um das mögliche Wiſſen zu fördern und
zu entwickeln.
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Schleiden, Matthias Jacob: Die Pflanze und ihr Leben. Leipzig, 1848, S. 252. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schleiden_pflanze_1848/268>, abgerufen am 21.11.2024.
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