Schleiden, Matthias Jacob: Die Pflanze und ihr Leben. Leipzig, 1848.Nähe des Menschen, um die Hütte, um den Stall, auf Dünger- und *) Kochia scoparia. **) Crambe tatarica. ***) Plantago major. +) Vicia cracca.
Nähe des Menſchen, um die Hütte, um den Stall, auf Dünger- und *) Kochia scoparia. **) Crambe tatarica. ***) Plantago major. †) Vicia cracca.
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0294" n="278"/> Nähe des Menſchen, um die Hütte, um den Stall, auf Dünger- und<lb/> Compoſthaufen anſiedelnd. Es iſt mehr als wahrſcheinlich, daß die<lb/> einzelnen großen Völkerfamilien auch in dieſer Beziehung ſich unter-<lb/> ſcheiden, und daß man an den ſich feſtgeſetzt habenden Unkräutern mit<lb/> einiger Sicherheit beſtimmen könne, ob Slaven oder Germanen,<lb/> Europäer oder Orientalen, Neger oder Indianer u. ſ. w. ſich früher<lb/> an dem Platze ihre Hütte gebaut. So werden uns noch jetzt die großen<lb/> Völkerzüge, die ſich im Mittelalter von Aſien aus gegen das mittlere<lb/> Europa wendeten, durch das Vordringen aſiatiſcher Steppenpflanzen,<lb/> z. B. der <hi rendition="#g">Kochia</hi> <note place="foot" n="*)"><hi rendition="#aq">Kochia scoparia.</hi></note>, des <hi rendition="#g">tartariſchen Meerkohls</hi> <note place="foot" n="**)"><hi rendition="#aq">Crambe tatarica.</hi></note>, der er-<lb/> ſteren nach Böhmen und der Krain, des letzteren durch Ungarn und<lb/> Mähren bezeichnet. Sinnig benennt der nordamericaniſche Wilde<lb/> unſern <hi rendition="#g">Wegebreit</hi> <note place="foot" n="***)"><hi rendition="#aq">Plantago major.</hi></note> „die Fußtapfe der Weißen“ und eine ge-<lb/> meine <hi rendition="#g">Wickenart</hi> <note place="foot" n="†)"><hi rendition="#aq">Vicia cracca.</hi></note> bezeichnet noch jetzt die ehemalige Wohnſtätte<lb/> der norwegiſchen Coloniſten in Grönland. — Wahrſcheinlich würde<lb/> die genauere Kenntniß dieſer eigenthümlichen Floren uns noch manche<lb/> intereſſante Aufſchlüſſe über die Wanderungen der Völkerſtämme und<lb/> ihre Verwandtſchaften geben können, wenn nicht ſo viele botaniſche Rei-<lb/> ſende ſogenannte Syſtematiker, d. h. geiſt- und kenntnißloſe Heuſamm-<lb/> ler wären. Ich erwähne noch als Beiſpiele ſolcher, beſonders dem Euro-<lb/> päer folgenden Gewächſe die <hi rendition="#g">Neſſel</hi>- und <hi rendition="#g">Gänſefußarten</hi>. Eins<lb/> der auffallendſten Beiſpiele der Art iſt aber die allmälige Verbreitung<lb/> des <hi rendition="#g">Stechapfels</hi> durch ganz Europa, der aus Aſien her den Zügen<lb/> der Zigeuner gefolgt iſt, welche häufige Anwendung dieſer giftigen<lb/> Pflanze bei ihren polizeiwidrigen Geſchäften machten, und die daher,<lb/> vielfach von ihnen gebaut, auch ungefordert neben ihren Wohnplätzen<lb/> ſich einfand. <hi rendition="#g">Auguſt St. Hilaire</hi> ſagt in ſeiner Einleitung in die<lb/> Flora von Braſilien: „In Braſilien wie in Europa ſcheinen gewiſſe<lb/> Pflanzen dem Menſchen auf dem Fuße zu folgen und erhalten die<lb/> Spuren ſeiner Gegenwart, häufig haben ſie mir mitten in den Wüſten,<lb/> welche ſich über <hi rendition="#g">Paracuta</hi> hinauserſtrecken, die Stelle einer zer-<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [278/0294]
Nähe des Menſchen, um die Hütte, um den Stall, auf Dünger- und
Compoſthaufen anſiedelnd. Es iſt mehr als wahrſcheinlich, daß die
einzelnen großen Völkerfamilien auch in dieſer Beziehung ſich unter-
ſcheiden, und daß man an den ſich feſtgeſetzt habenden Unkräutern mit
einiger Sicherheit beſtimmen könne, ob Slaven oder Germanen,
Europäer oder Orientalen, Neger oder Indianer u. ſ. w. ſich früher
an dem Platze ihre Hütte gebaut. So werden uns noch jetzt die großen
Völkerzüge, die ſich im Mittelalter von Aſien aus gegen das mittlere
Europa wendeten, durch das Vordringen aſiatiſcher Steppenpflanzen,
z. B. der Kochia *), des tartariſchen Meerkohls **), der er-
ſteren nach Böhmen und der Krain, des letzteren durch Ungarn und
Mähren bezeichnet. Sinnig benennt der nordamericaniſche Wilde
unſern Wegebreit ***) „die Fußtapfe der Weißen“ und eine ge-
meine Wickenart †) bezeichnet noch jetzt die ehemalige Wohnſtätte
der norwegiſchen Coloniſten in Grönland. — Wahrſcheinlich würde
die genauere Kenntniß dieſer eigenthümlichen Floren uns noch manche
intereſſante Aufſchlüſſe über die Wanderungen der Völkerſtämme und
ihre Verwandtſchaften geben können, wenn nicht ſo viele botaniſche Rei-
ſende ſogenannte Syſtematiker, d. h. geiſt- und kenntnißloſe Heuſamm-
ler wären. Ich erwähne noch als Beiſpiele ſolcher, beſonders dem Euro-
päer folgenden Gewächſe die Neſſel- und Gänſefußarten. Eins
der auffallendſten Beiſpiele der Art iſt aber die allmälige Verbreitung
des Stechapfels durch ganz Europa, der aus Aſien her den Zügen
der Zigeuner gefolgt iſt, welche häufige Anwendung dieſer giftigen
Pflanze bei ihren polizeiwidrigen Geſchäften machten, und die daher,
vielfach von ihnen gebaut, auch ungefordert neben ihren Wohnplätzen
ſich einfand. Auguſt St. Hilaire ſagt in ſeiner Einleitung in die
Flora von Braſilien: „In Braſilien wie in Europa ſcheinen gewiſſe
Pflanzen dem Menſchen auf dem Fuße zu folgen und erhalten die
Spuren ſeiner Gegenwart, häufig haben ſie mir mitten in den Wüſten,
welche ſich über Paracuta hinauserſtrecken, die Stelle einer zer-
*) Kochia scoparia.
**) Crambe tatarica.
***) Plantago major.
†) Vicia cracca.
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