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Schleiden, Matthias Jacob: Die Pflanze und ihr Leben. Leipzig, 1848.

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Zweigen und Blättern und wird weniger durch die Dichtigkeit der
Vegetation als durch den stets wechselnden Glanz eines ungewissen
mystischen Lichtes aufgehalten.

Noch lichter, noch weniger den geschlossenen Stand der Wälder
repräsentirend, ist eigentlich die Palmenform überall da, wo sich
gesellig lebende Pflanzen derselben zusammengruppiren. Schon die
wirklichen Palmenhaine am Nordrande der Sahara, an den Ufern
der brasilianischen Ströme gleichen mehr offnen Säulenhallen mit
durchbrochener Decke und ganz eigenthümlich stellen sich auf dem dürren
Boden der Hochebenen von Mexico die Stämme der Yucca,
Fourcroya
und andere hochstämmige Lilienarten zusammen,
weder Schatten gegen die Sonne, noch Schutz gegen den Wind ge-
während. An sie schließen sich die unförmlichen Pflanzenmassen der
Magueypfanzen mit ihren breiten, dicken, graugrünen, steifen,
am Rande scharf gezähnten Blättern und den 20 Fuß hohen Blüthen-
schaften, durch Cacteen mannigfacher Form zu seltsam phantastischen,
undurchdringlichen Gebüschen abgerundet. --

Die aus 6--7 Fuß hohen Mosquitosträuchen gebilde-
ten mit Lianen durchschlungenen, undurchdringlichen Chappa-
rals
, in dem ausgedehnten Landstrichen zwischen dem Nueces
und Rio grande; -- die aus Schilf und Zwergpalmen gebildeten
Palmettofelder an den Ufern der Sabine, Ratches und an-
derer Flüsse von Texas; -- die niedrigen Acaciengebüsche von
Australia felix und endlich die weit ausgedehnten von Elephanten
und Tigern durchstreiften, von Bambusen und andern hohen Grä-
sern gebildeten Djungles in Ostindien sind eben so viele eigen-
thümlich characterisirte Formationen der Buschbildung, die die Größe
des Menschen oft nicht erreichend oder doch nur wenig überragend
den oft unüberwindlichen Widerstand, den sie dem Eindringling ent-
gegensetzen, beim ersten Anblick gar nicht verrathen und noch lange,
nachdem schon der Mensch sich in ihren Umgebungen angesiedelt hat,
nur auf Pfaden durchschnitten werden können, welche die wilden
Thiere vorgebahnt.

Zweigen und Blättern und wird weniger durch die Dichtigkeit der
Vegetation als durch den ſtets wechſelnden Glanz eines ungewiſſen
myſtiſchen Lichtes aufgehalten.

Noch lichter, noch weniger den geſchloſſenen Stand der Wälder
repräſentirend, iſt eigentlich die Palmenform überall da, wo ſich
geſellig lebende Pflanzen derſelben zuſammengruppiren. Schon die
wirklichen Palmenhaine am Nordrande der Sahara, an den Ufern
der braſilianiſchen Ströme gleichen mehr offnen Säulenhallen mit
durchbrochener Decke und ganz eigenthümlich ſtellen ſich auf dem dürren
Boden der Hochebenen von Mexico die Stämme der Yucca,
Fourcroya
und andere hochſtämmige Lilienarten zuſammen,
weder Schatten gegen die Sonne, noch Schutz gegen den Wind ge-
während. An ſie ſchließen ſich die unförmlichen Pflanzenmaſſen der
Magueypfanzen mit ihren breiten, dicken, graugrünen, ſteifen,
am Rande ſcharf gezähnten Blättern und den 20 Fuß hohen Blüthen-
ſchaften, durch Cacteen mannigfacher Form zu ſeltſam phantaſtiſchen,
undurchdringlichen Gebüſchen abgerundet. —

Die aus 6—7 Fuß hohen Mosquitoſträuchen gebilde-
ten mit Lianen durchſchlungenen, undurchdringlichen Chappa-
rals
, in dem ausgedehnten Landſtrichen zwiſchen dem Nueces
und Rio grande; — die aus Schilf und Zwergpalmen gebildeten
Palmettofelder an den Ufern der Sabine, Ratches und an-
derer Flüſſe von Texas; — die niedrigen Acaciengebüſche von
Auſtralia felix und endlich die weit ausgedehnten von Elephanten
und Tigern durchſtreiften, von Bambuſen und andern hohen Grä-
ſern gebildeten Djungles in Oſtindien ſind eben ſo viele eigen-
thümlich characteriſirte Formationen der Buſchbildung, die die Größe
des Menſchen oft nicht erreichend oder doch nur wenig überragend
den oft unüberwindlichen Widerſtand, den ſie dem Eindringling ent-
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[320/0336] Zweigen und Blättern und wird weniger durch die Dichtigkeit der Vegetation als durch den ſtets wechſelnden Glanz eines ungewiſſen myſtiſchen Lichtes aufgehalten. Noch lichter, noch weniger den geſchloſſenen Stand der Wälder repräſentirend, iſt eigentlich die Palmenform überall da, wo ſich geſellig lebende Pflanzen derſelben zuſammengruppiren. Schon die wirklichen Palmenhaine am Nordrande der Sahara, an den Ufern der braſilianiſchen Ströme gleichen mehr offnen Säulenhallen mit durchbrochener Decke und ganz eigenthümlich ſtellen ſich auf dem dürren Boden der Hochebenen von Mexico die Stämme der Yucca, Fourcroya und andere hochſtämmige Lilienarten zuſammen, weder Schatten gegen die Sonne, noch Schutz gegen den Wind ge- während. An ſie ſchließen ſich die unförmlichen Pflanzenmaſſen der Magueypfanzen mit ihren breiten, dicken, graugrünen, ſteifen, am Rande ſcharf gezähnten Blättern und den 20 Fuß hohen Blüthen- ſchaften, durch Cacteen mannigfacher Form zu ſeltſam phantaſtiſchen, undurchdringlichen Gebüſchen abgerundet. — Die aus 6—7 Fuß hohen Mosquitoſträuchen gebilde- ten mit Lianen durchſchlungenen, undurchdringlichen Chappa- rals, in dem ausgedehnten Landſtrichen zwiſchen dem Nueces und Rio grande; — die aus Schilf und Zwergpalmen gebildeten Palmettofelder an den Ufern der Sabine, Ratches und an- derer Flüſſe von Texas; — die niedrigen Acaciengebüſche von Auſtralia felix und endlich die weit ausgedehnten von Elephanten und Tigern durchſtreiften, von Bambuſen und andern hohen Grä- ſern gebildeten Djungles in Oſtindien ſind eben ſo viele eigen- thümlich characteriſirte Formationen der Buſchbildung, die die Größe des Menſchen oft nicht erreichend oder doch nur wenig überragend den oft unüberwindlichen Widerſtand, den ſie dem Eindringling ent- gegenſetzen, beim erſten Anblick gar nicht verrathen und noch lange, nachdem ſchon der Menſch ſich in ihren Umgebungen angeſiedelt hat, nur auf Pfaden durchſchnitten werden können, welche die wilden Thiere vorgebahnt.

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Zitationshilfe: Schleiden, Matthias Jacob: Die Pflanze und ihr Leben. Leipzig, 1848, S. 320. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schleiden_pflanze_1848/336>, abgerufen am 21.11.2024.