Schleiden, Matthias Jacob: Die Pflanze und ihr Leben. Leipzig, 1848.Flechten, unter denen das Rennthier seine dürftige Nahrung sucht So wie in den Waldformationen die südamericanischen Catin- Anders in den Steppen, welche sich vom südlichen Rußland Flechten, unter denen das Rennthier ſeine dürftige Nahrung ſucht So wie in den Waldformationen die ſüdamericaniſchen Catin- Anders in den Steppen, welche ſich vom ſüdlichen Rußland <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0341" n="325"/> Flechten, unter denen das Rennthier ſeine dürftige Nahrung ſucht<lb/> und auf dem tiefdurchnäßten, auch nicht die leichteſten Schritte tra-<lb/> genden Boden, täuſcht eine üppige Moosvegetation von Ferne mit<lb/> dem Schein einer lachenden Wieſe. Hier verſinkt der unvorſichtige<lb/> Wanderer in das von den Mooſen mehr verſteckte als verdrängte<lb/> Waſſer, während auf jenen Flechtenhaiden, <hi rendition="#g">Tundras</hi> nennt ſie der<lb/> Lappländer, der ſonnendurchglühte Boden im Sommer jeden Schritt<lb/> zur Qual macht.</p><lb/> <p>So wie in den Waldformationen die ſüdamericaniſchen <hi rendition="#g">Catin-<lb/> gas</hi> den nordiſchen <hi rendition="#g">Laubholzwäldern</hi>, ſo ſtehen auch unter den<lb/> Ebenen die <hi rendition="#g">Lanos</hi> von <hi rendition="#g">Venezuela</hi> den ruſſiſchen Steppen gegen-<lb/> über. In jenen, von welchen A. v. <hi rendition="#g">Humboldt</hi> ein ſo lebensvolles<lb/> Bild entworfen, tritt der Schlaf der Natur im Sommer in der heißen,<lb/> dürren Jahreszeit ein, die Vegetation vertrocknet und zerfällt zu Staub,<lb/> den Boden nackt zurücklaſſend, das animaliſche Leben der Vierfüßler<lb/> flieht das abgeſtorbene Land, während die <hi rendition="#g">Crocodile</hi> und <hi rendition="#g">Boas</hi><lb/> ſich in den Schlamm der allmälig verſiegenden Steppenflüſſe ein-<lb/> wühlen und mit dieſem zugleich erſtarren, bis der erſte Regenguß,<lb/> der eine friſche, jugendliche Vegetation auf dem öden Boden hervor-<lb/> zaubert, auch ſie wieder zur Auferſtehung ruft.</p><lb/> <p>Anders in den <hi rendition="#g">Steppen</hi>, welche ſich vom ſüdlichen Rußland<lb/> nach Oſten durch das mittlere Aſien fortziehen. Nur erwähnen will<lb/> ich der ſeltſamen <hi rendition="#g">Salzſteppen</hi>, die im Sommer oft wie vom friſch-<lb/> gefallenen Schnee durch ausgewittertes Salz glänzen und eine ganz<lb/> eigenthümliche Vegetation nähren. Dagegen kann ich es mir nicht<lb/> verſagen, noch kurz eine Schilderung der, wenn auch dürftig bevölker-<lb/> ten, doch bewohnten tartariſchen Steppen am <hi rendition="#g">Pontus</hi> zu verſuchen.<lb/> Nicht überall bieten dieſelben eine gleichmäßige Fläche dar, die viel-<lb/> mehr durch die <hi rendition="#g">Durrina's</hi>, niedrige Buſchparthien aus <hi rendition="#g">Schlehen,<lb/> Weißdorn, Hagebutten</hi> und <hi rendition="#g">Brombeeren</hi> unterbrochen wird.<lb/> Aber auch die übrige Vegetation wird noch von den Kleinruſſen, nach<lb/> ihrem Nutzen für die Viehzucht, in zwei weſentlich verſchiedene Grup-<lb/> pen getheilt, in die „<hi rendition="#g">Truwa</hi>“, den Raſen, und den „<hi rendition="#g">Burian</hi>“, die<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [325/0341]
Flechten, unter denen das Rennthier ſeine dürftige Nahrung ſucht
und auf dem tiefdurchnäßten, auch nicht die leichteſten Schritte tra-
genden Boden, täuſcht eine üppige Moosvegetation von Ferne mit
dem Schein einer lachenden Wieſe. Hier verſinkt der unvorſichtige
Wanderer in das von den Mooſen mehr verſteckte als verdrängte
Waſſer, während auf jenen Flechtenhaiden, Tundras nennt ſie der
Lappländer, der ſonnendurchglühte Boden im Sommer jeden Schritt
zur Qual macht.
So wie in den Waldformationen die ſüdamericaniſchen Catin-
gas den nordiſchen Laubholzwäldern, ſo ſtehen auch unter den
Ebenen die Lanos von Venezuela den ruſſiſchen Steppen gegen-
über. In jenen, von welchen A. v. Humboldt ein ſo lebensvolles
Bild entworfen, tritt der Schlaf der Natur im Sommer in der heißen,
dürren Jahreszeit ein, die Vegetation vertrocknet und zerfällt zu Staub,
den Boden nackt zurücklaſſend, das animaliſche Leben der Vierfüßler
flieht das abgeſtorbene Land, während die Crocodile und Boas
ſich in den Schlamm der allmälig verſiegenden Steppenflüſſe ein-
wühlen und mit dieſem zugleich erſtarren, bis der erſte Regenguß,
der eine friſche, jugendliche Vegetation auf dem öden Boden hervor-
zaubert, auch ſie wieder zur Auferſtehung ruft.
Anders in den Steppen, welche ſich vom ſüdlichen Rußland
nach Oſten durch das mittlere Aſien fortziehen. Nur erwähnen will
ich der ſeltſamen Salzſteppen, die im Sommer oft wie vom friſch-
gefallenen Schnee durch ausgewittertes Salz glänzen und eine ganz
eigenthümliche Vegetation nähren. Dagegen kann ich es mir nicht
verſagen, noch kurz eine Schilderung der, wenn auch dürftig bevölker-
ten, doch bewohnten tartariſchen Steppen am Pontus zu verſuchen.
Nicht überall bieten dieſelben eine gleichmäßige Fläche dar, die viel-
mehr durch die Durrina's, niedrige Buſchparthien aus Schlehen,
Weißdorn, Hagebutten und Brombeeren unterbrochen wird.
Aber auch die übrige Vegetation wird noch von den Kleinruſſen, nach
ihrem Nutzen für die Viehzucht, in zwei weſentlich verſchiedene Grup-
pen getheilt, in die „Truwa“, den Raſen, und den „Burian“, die
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |