Charlatans sich brüsten und die meist nicht einmal so viel leisten wie die 50 fachen eines guten gewöhnlichen Microscops.
Aus diesen Bemerkungen geht hervor, daß dem wissenschaftlichen Forscher unendlich viel daran liegen muß, genau die Güte eines In- strumentes in dieser Beziehung beurtheilen zu können und man hat allen Fleiß angewendet, um die dazu führenden Mittel ausfindig zu machen. -- Man hat zu dem Ende sogenannte Probeobjecte aufge- sucht, die im Allgemeinen in Gegenständen bestehen, welche feine schwer zu erkennende Structurverhältnisse zeigen. Zu solchen Probe- objecten kann man künstliche oder natürliche Gegenstände wählen. Die ersten sind bis jetzt nur von dem Königsberger Mechaniker No- bert angefertigt und bestehen in Systemen von hundert mit dem Dia- mant auf Glas gezogenen Linien, von denen je zehn und zehn nach einem bestimmten Maaße enger beisammen stehen und feiner sind. Mit den meisten Instrumenten kann man nur das sechste und siebente System noch deutlich als aus einzelnen Linien bestehend erkennen, bessere Instrumente reichen bis zum achten und neunten. Das zehnte löst aber kein bis jetzt gebautes Microscop in seine einzelnen Be- standtheile auf. Diese Liniensysteme machten, wie sie bekannt wurden, großes Aufsehen, sie haben indessen den wesentlichen Fehler, daß ein Exemplar dem andern nicht ganz genau gleich ist, daß also jeder For- scher einen andern Maaßstab in die Hände bekommt. Ungleich genauer als der Mensch arbeitet die Natur und man sieht daher noch immer die Schmetterlingsschuppen als die besten Probeobjecte an. -- Die meisten derselben sind kleine, mit einem Stielchen versehene längliche Platten, auf ihrer Oberfläche mit feinen Längsrippen besetzt, die durch äußerst zarte Querrippen verbunden werden. Beide Arten von Rippen sind aber bei den verschiedenen Schmetterlingen von sehr verschiedener Feinheit und insbesondere sind die Querrippen von Hipparchia Janira, einem sehr gemeinen braunen Schmetterling, so zart, daß sie bis jetzt nur durch die ausgezeichnetsten Instrumente eines Amici, Plösl, Oberhäuser und Schieck deutlich zu erkennen sind.--
Außer diesen gewöhnlichen Schuppen kommen aber auch noch
Charlatans ſich brüſten und die meiſt nicht einmal ſo viel leiſten wie die 50 fachen eines guten gewöhnlichen Microſcops.
Aus dieſen Bemerkungen geht hervor, daß dem wiſſenſchaftlichen Forſcher unendlich viel daran liegen muß, genau die Güte eines In- ſtrumentes in dieſer Beziehung beurtheilen zu können und man hat allen Fleiß angewendet, um die dazu führenden Mittel ausfindig zu machen. — Man hat zu dem Ende ſogenannte Probeobjecte aufge- ſucht, die im Allgemeinen in Gegenſtänden beſtehen, welche feine ſchwer zu erkennende Structurverhältniſſe zeigen. Zu ſolchen Probe- objecten kann man künſtliche oder natürliche Gegenſtände wählen. Die erſten ſind bis jetzt nur von dem Königsberger Mechaniker No- bert angefertigt und beſtehen in Syſtemen von hundert mit dem Dia- mant auf Glas gezogenen Linien, von denen je zehn und zehn nach einem beſtimmten Maaße enger beiſammen ſtehen und feiner ſind. Mit den meiſten Inſtrumenten kann man nur das ſechſte und ſiebente Syſtem noch deutlich als aus einzelnen Linien beſtehend erkennen, beſſere Inſtrumente reichen bis zum achten und neunten. Das zehnte löſt aber kein bis jetzt gebautes Microſcop in ſeine einzelnen Be- ſtandtheile auf. Dieſe Linienſyſteme machten, wie ſie bekannt wurden, großes Aufſehen, ſie haben indeſſen den weſentlichen Fehler, daß ein Exemplar dem andern nicht ganz genau gleich iſt, daß alſo jeder For- ſcher einen andern Maaßſtab in die Hände bekommt. Ungleich genauer als der Menſch arbeitet die Natur und man ſieht daher noch immer die Schmetterlingsſchuppen als die beſten Probeobjecte an. — Die meiſten derſelben ſind kleine, mit einem Stielchen verſehene längliche Platten, auf ihrer Oberfläche mit feinen Längsrippen beſetzt, die durch äußerſt zarte Querrippen verbunden werden. Beide Arten von Rippen ſind aber bei den verſchiedenen Schmetterlingen von ſehr verſchiedener Feinheit und insbeſondere ſind die Querrippen von Hipparchia Janira, einem ſehr gemeinen braunen Schmetterling, ſo zart, daß ſie bis jetzt nur durch die ausgezeichnetſten Inſtrumente eines Amici, Plösl, Oberhäuſer und Schieck deutlich zu erkennen ſind.—
Außer dieſen gewöhnlichen Schuppen kommen aber auch noch
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0044"n="28"/>
Charlatans ſich brüſten und die meiſt nicht einmal ſo viel leiſten wie<lb/>
die 50 fachen eines guten gewöhnlichen Microſcops.</p><lb/><p>Aus dieſen Bemerkungen geht hervor, daß dem wiſſenſchaftlichen<lb/>
Forſcher unendlich viel daran liegen muß, genau die Güte eines In-<lb/>ſtrumentes in dieſer Beziehung beurtheilen zu können und man hat<lb/>
allen Fleiß angewendet, um die dazu führenden Mittel ausfindig zu<lb/>
machen. — Man hat zu dem Ende ſogenannte Probeobjecte aufge-<lb/>ſucht, die im Allgemeinen in Gegenſtänden beſtehen, welche feine<lb/>ſchwer zu erkennende Structurverhältniſſe zeigen. Zu ſolchen Probe-<lb/>
objecten kann man künſtliche oder natürliche Gegenſtände wählen.<lb/>
Die erſten ſind bis jetzt nur von dem Königsberger Mechaniker No-<lb/>
bert angefertigt und beſtehen in Syſtemen von hundert mit dem Dia-<lb/>
mant auf Glas gezogenen Linien, von denen je zehn und zehn nach<lb/>
einem beſtimmten Maaße enger beiſammen ſtehen und feiner ſind.<lb/>
Mit den meiſten Inſtrumenten kann man nur das ſechſte und ſiebente<lb/>
Syſtem noch deutlich als aus einzelnen Linien beſtehend erkennen,<lb/>
beſſere Inſtrumente reichen bis zum achten und neunten. Das zehnte<lb/>
löſt aber kein bis jetzt gebautes Microſcop in ſeine einzelnen Be-<lb/>ſtandtheile auf. Dieſe Linienſyſteme machten, wie ſie bekannt wurden,<lb/>
großes Aufſehen, ſie haben indeſſen den weſentlichen Fehler, daß ein<lb/>
Exemplar dem andern nicht ganz genau gleich iſt, daß alſo jeder For-<lb/>ſcher einen andern Maaßſtab in die Hände bekommt. Ungleich genauer<lb/>
als der Menſch arbeitet die Natur und man ſieht daher noch immer<lb/>
die Schmetterlingsſchuppen als die beſten Probeobjecte an. — Die<lb/>
meiſten derſelben ſind kleine, mit einem Stielchen verſehene längliche<lb/>
Platten, auf ihrer Oberfläche mit feinen Längsrippen beſetzt, die<lb/>
durch äußerſt zarte Querrippen verbunden werden. Beide Arten von<lb/>
Rippen ſind aber bei den verſchiedenen Schmetterlingen von<lb/>ſehr verſchiedener Feinheit und insbeſondere ſind die Querrippen<lb/>
von <hirendition="#aq">Hipparchia Janira,</hi> einem ſehr gemeinen braunen Schmetterling,<lb/>ſo zart, daß ſie bis jetzt nur durch die ausgezeichnetſten Inſtrumente<lb/>
eines Amici, Plösl, Oberhäuſer und Schieck deutlich zu erkennen ſind.—</p><lb/><p>Außer dieſen gewöhnlichen Schuppen kommen aber auch noch<lb/></p></div></body></text></TEI>
[28/0044]
Charlatans ſich brüſten und die meiſt nicht einmal ſo viel leiſten wie
die 50 fachen eines guten gewöhnlichen Microſcops.
Aus dieſen Bemerkungen geht hervor, daß dem wiſſenſchaftlichen
Forſcher unendlich viel daran liegen muß, genau die Güte eines In-
ſtrumentes in dieſer Beziehung beurtheilen zu können und man hat
allen Fleiß angewendet, um die dazu führenden Mittel ausfindig zu
machen. — Man hat zu dem Ende ſogenannte Probeobjecte aufge-
ſucht, die im Allgemeinen in Gegenſtänden beſtehen, welche feine
ſchwer zu erkennende Structurverhältniſſe zeigen. Zu ſolchen Probe-
objecten kann man künſtliche oder natürliche Gegenſtände wählen.
Die erſten ſind bis jetzt nur von dem Königsberger Mechaniker No-
bert angefertigt und beſtehen in Syſtemen von hundert mit dem Dia-
mant auf Glas gezogenen Linien, von denen je zehn und zehn nach
einem beſtimmten Maaße enger beiſammen ſtehen und feiner ſind.
Mit den meiſten Inſtrumenten kann man nur das ſechſte und ſiebente
Syſtem noch deutlich als aus einzelnen Linien beſtehend erkennen,
beſſere Inſtrumente reichen bis zum achten und neunten. Das zehnte
löſt aber kein bis jetzt gebautes Microſcop in ſeine einzelnen Be-
ſtandtheile auf. Dieſe Linienſyſteme machten, wie ſie bekannt wurden,
großes Aufſehen, ſie haben indeſſen den weſentlichen Fehler, daß ein
Exemplar dem andern nicht ganz genau gleich iſt, daß alſo jeder For-
ſcher einen andern Maaßſtab in die Hände bekommt. Ungleich genauer
als der Menſch arbeitet die Natur und man ſieht daher noch immer
die Schmetterlingsſchuppen als die beſten Probeobjecte an. — Die
meiſten derſelben ſind kleine, mit einem Stielchen verſehene längliche
Platten, auf ihrer Oberfläche mit feinen Längsrippen beſetzt, die
durch äußerſt zarte Querrippen verbunden werden. Beide Arten von
Rippen ſind aber bei den verſchiedenen Schmetterlingen von
ſehr verſchiedener Feinheit und insbeſondere ſind die Querrippen
von Hipparchia Janira, einem ſehr gemeinen braunen Schmetterling,
ſo zart, daß ſie bis jetzt nur durch die ausgezeichnetſten Inſtrumente
eines Amici, Plösl, Oberhäuſer und Schieck deutlich zu erkennen ſind.—
Außer dieſen gewöhnlichen Schuppen kommen aber auch noch
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Schleiden, Matthias Jacob: Die Pflanze und ihr Leben. Leipzig, 1848, S. 28. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schleiden_pflanze_1848/44>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.