Begriff getheilt werden kann. Denn die Bezeichnung würde immer die des Ganzen bleiben, und es wäre unlogisch, wenn ohne daß es ausdrücklich bemerkt wird der Ausdruck in einem partiellen Sinne gebraucht würde. Haben wir also durch Über- schrift oder vorläufige Lesung eine Übersicht des Ganzen, so können wir die Grenze bestimmen, worin die Hauptgedanken und die ausdrückenden Sprachelemente in einerlei Sinn vorkommen müssen. Eine solche Übersicht kann nemlich nicht gewonnen werden ohne daß bemerkt wird, ob ein Ausdruck an verschiedenen Stellen in verschiedenen Dignitäten vorkommt. Allein dieser Ka- non der Identität gilt nur für die Ausdrücke, welche wesent- liche Glieder der Rede sind. Denn bei unwesentlichen ist nichts, was den Redenden hätte hindern können, einen Ausdruck an verschiedenen Stellen verschieden zu gebrauchen, wenn nur in Über- einstimmung mit dem allgemeinen Sprachwerthe. Dieß ist je- doch nur ein relativer Gegensaz. Denn was in dem Complexus der Gedanken an sich unwesentlich scheint kann in der Ent- wicklung desselben an seiner Stelle wesentlich sein. Wir müssen also einen andern Gegensaz suchen.
Sobald sich ein Complexus von Gedanken in geordneter Rede über die allergrößte Kürze erhebt, so erhalten wir nicht nur einen Unterschied zwischen Haupt- und Nebengedanken sammt den zu beiden gehörigen Sprachelementen, sondern auch einen Gegensaz zwischen solchen Sprachelementen und Gedanken, die Theile des Ganzen sind, und solchen, die eigentlich gar keine Theile desselben sind, sondern nur Darstellungsmittel. Wenn z. B. in einer zusammenhängenden Rede ein Gedanke durch eine Vergleichung klar und anschaulich gemacht wird, so ist die Ver- gleichung nur Darstellungsmittel und dem Gegenstande eigentlich fremd und kommt nur herein, um als fremdes einem Theile des Ganzen mehr Bestimmtheit und Klarheit zu geben. Dieß kann oft etwas Vereinzeltes sein, oft aber sich auch durch die ganze Darstellung hindurchziehen. Hier haben wir einen wirk- lichen inneren Unterschied in der Rede, kein bloßes mehr und
Begriff getheilt werden kann. Denn die Bezeichnung wuͤrde immer die des Ganzen bleiben, und es waͤre unlogiſch, wenn ohne daß es ausdruͤcklich bemerkt wird der Ausdruck in einem partiellen Sinne gebraucht wuͤrde. Haben wir alſo durch Über- ſchrift oder vorlaͤufige Leſung eine Überſicht des Ganzen, ſo koͤnnen wir die Grenze beſtimmen, worin die Hauptgedanken und die ausdruͤckenden Sprachelemente in einerlei Sinn vorkommen muͤſſen. Eine ſolche Überſicht kann nemlich nicht gewonnen werden ohne daß bemerkt wird, ob ein Ausdruck an verſchiedenen Stellen in verſchiedenen Dignitaͤten vorkommt. Allein dieſer Ka- non der Identitaͤt gilt nur fuͤr die Ausdruͤcke, welche weſent- liche Glieder der Rede ſind. Denn bei unweſentlichen iſt nichts, was den Redenden haͤtte hindern koͤnnen, einen Ausdruck an verſchiedenen Stellen verſchieden zu gebrauchen, wenn nur in Über- einſtimmung mit dem allgemeinen Sprachwerthe. Dieß iſt je- doch nur ein relativer Gegenſaz. Denn was in dem Complexus der Gedanken an ſich unweſentlich ſcheint kann in der Ent- wicklung deſſelben an ſeiner Stelle weſentlich ſein. Wir muͤſſen alſo einen andern Gegenſaz ſuchen.
Sobald ſich ein Complexus von Gedanken in geordneter Rede uͤber die allergroͤßte Kuͤrze erhebt, ſo erhalten wir nicht nur einen Unterſchied zwiſchen Haupt- und Nebengedanken ſammt den zu beiden gehoͤrigen Sprachelementen, ſondern auch einen Gegenſaz zwiſchen ſolchen Sprachelementen und Gedanken, die Theile des Ganzen ſind, und ſolchen, die eigentlich gar keine Theile deſſelben ſind, ſondern nur Darſtellungsmittel. Wenn z. B. in einer zuſammenhaͤngenden Rede ein Gedanke durch eine Vergleichung klar und anſchaulich gemacht wird, ſo iſt die Ver- gleichung nur Darſtellungsmittel und dem Gegenſtande eigentlich fremd und kommt nur herein, um als fremdes einem Theile des Ganzen mehr Beſtimmtheit und Klarheit zu geben. Dieß kann oft etwas Vereinzeltes ſein, oft aber ſich auch durch die ganze Darſtellung hindurchziehen. Hier haben wir einen wirk- lichen inneren Unterſchied in der Rede, kein bloßes mehr und
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Begriff getheilt werden kann. Denn die Bezeichnung wuͤrde
immer die des Ganzen bleiben, und es waͤre unlogiſch, wenn
ohne daß es ausdruͤcklich bemerkt wird der Ausdruck in einem
partiellen Sinne gebraucht wuͤrde. Haben wir alſo durch Über-
ſchrift oder vorlaͤufige Leſung eine Überſicht des Ganzen, ſo
koͤnnen wir die Grenze beſtimmen, worin die Hauptgedanken und
die ausdruͤckenden Sprachelemente in einerlei Sinn vorkommen
muͤſſen. Eine ſolche Überſicht kann nemlich nicht gewonnen
werden ohne daß bemerkt wird, ob ein Ausdruck an verſchiedenen
Stellen in verſchiedenen Dignitaͤten vorkommt. Allein dieſer Ka-
non der Identitaͤt gilt nur fuͤr die Ausdruͤcke, welche weſent-
liche Glieder der Rede ſind. Denn bei unweſentlichen iſt nichts,
was den Redenden haͤtte hindern koͤnnen, einen Ausdruck an
verſchiedenen Stellen verſchieden zu gebrauchen, wenn nur in Über-
einſtimmung mit dem allgemeinen Sprachwerthe. Dieß iſt je-
doch nur ein relativer Gegenſaz. Denn was in dem Complexus
der Gedanken an ſich unweſentlich ſcheint kann in der Ent-
wicklung deſſelben an ſeiner Stelle weſentlich ſein. Wir muͤſſen
alſo einen andern Gegenſaz ſuchen.
Sobald ſich ein Complexus von Gedanken in geordneter
Rede uͤber die allergroͤßte Kuͤrze erhebt, ſo erhalten wir nicht
nur einen Unterſchied zwiſchen Haupt- und Nebengedanken ſammt
den zu beiden gehoͤrigen Sprachelementen, ſondern auch einen
Gegenſaz zwiſchen ſolchen Sprachelementen und Gedanken, die
Theile des Ganzen ſind, und ſolchen, die eigentlich gar keine
Theile deſſelben ſind, ſondern nur Darſtellungsmittel. Wenn
z. B. in einer zuſammenhaͤngenden Rede ein Gedanke durch eine
Vergleichung klar und anſchaulich gemacht wird, ſo iſt die Ver-
gleichung nur Darſtellungsmittel und dem Gegenſtande eigentlich
fremd und kommt nur herein, um als fremdes einem Theile
des Ganzen mehr Beſtimmtheit und Klarheit zu geben. Dieß
kann oft etwas Vereinzeltes ſein, oft aber ſich auch durch die
ganze Darſtellung hindurchziehen. Hier haben wir einen wirk-
lichen inneren Unterſchied in der Rede, kein bloßes mehr und
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Schleiermacher, Friedrich: Hermeneutik und Kritik. Berlin, 1838, S. 93. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schleiermacher_hermeneutik_1838/117>, abgerufen am 04.12.2024.
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