sein schon damit gegeben ist. Je mehr dieß ist, desto geringer ist der Unterschied zwischen Meditation und Composition; je weniger jener Willensakt diesen Charakter hat, desto größer ist der Unter- schied. Es scheint aber als wenn der Unterschied überhaupt nur auf gewisse Formen sich bezöge. Denn was hat z. B. im Histo- rischen die Meditation zu thun? Etymologisch deutet der Aus- druck auf innere Gedankenentwickelung. Wo also, wie im Histo- rischen, der Inhalt äußere Wahrnehmung ist, scheint die Medi- tation gar keinen Gegenstand zu haben. Allein dieß ist eben nur scheinbar. Wiewohl der Unterschied zwischen Meditation und Com- position auf den verschiedenen Gebieten verschieden ist, so ist die Meditation doch nirgends Null, auch im Historischen nicht. Gehen wir zurück auf den Impuls, so sehen wir, es kann kein Willens- akt als unter der Form eines Gedankens gegeben sein. Ein Im- puls, der nicht im Subject selbst als Gedanke gegeben ist, ist kein Willensakt, ist bloß Moment des Instinkts. Nun können wir aber im Begriff des Gedankens folgendes unterscheiden: So- fern das Einzelne darin dominirt, hat er die Richtung Bild zu sein, sofern aber das Allgemeine, Formel. Das eine wie das andere ist einseitig. Das Höchste ist das Ineinandersein von bei- dem. Allein der Gegensaz muß ursprünglich in jedem Willensakt sein. Es fragt sich aber, ist er durch den Gegenstand bestimmt worden, oder davon unabhängig? Das leztere. Je mehr der ursprüngliche Willensakt als Bild gegeben ist, desto mehr trägt er das Einzelne gleichsam im verjüngten Maaßstabe mit in sich, desto weniger aber von der Composition; seine ganze Entwicklung ist gleichsam das Äußerliche zu dem was in jenem Keim innerlich geschauet ist. Je mehr aber der ursprüngliche Willensakt Formel ist, desto weniger trägt er das Einzelne in sich, desto mehr dann auch schon die Composition. So sind die beiden Akte schon im ersten Moment selbst gesezt.
Sehen wir nun auf die verschiedenen Richtungen, welche die Gedankenentwicklung haben kann, so finden wir eine Dupli- cität darin, daß, wenn im Impuls die Richtung auf das Bild
ſein ſchon damit gegeben iſt. Je mehr dieß iſt, deſto geringer iſt der Unterſchied zwiſchen Meditation und Compoſition; je weniger jener Willensakt dieſen Charakter hat, deſto groͤßer iſt der Unter- ſchied. Es ſcheint aber als wenn der Unterſchied uͤberhaupt nur auf gewiſſe Formen ſich bezoͤge. Denn was hat z. B. im Hiſto- riſchen die Meditation zu thun? Etymologiſch deutet der Aus- druck auf innere Gedankenentwickelung. Wo alſo, wie im Hiſto- riſchen, der Inhalt aͤußere Wahrnehmung iſt, ſcheint die Medi- tation gar keinen Gegenſtand zu haben. Allein dieß iſt eben nur ſcheinbar. Wiewohl der Unterſchied zwiſchen Meditation und Com- poſition auf den verſchiedenen Gebieten verſchieden iſt, ſo iſt die Meditation doch nirgends Null, auch im Hiſtoriſchen nicht. Gehen wir zuruͤck auf den Impuls, ſo ſehen wir, es kann kein Willens- akt als unter der Form eines Gedankens gegeben ſein. Ein Im- puls, der nicht im Subject ſelbſt als Gedanke gegeben iſt, iſt kein Willensakt, iſt bloß Moment des Inſtinkts. Nun koͤnnen wir aber im Begriff des Gedankens folgendes unterſcheiden: So- fern das Einzelne darin dominirt, hat er die Richtung Bild zu ſein, ſofern aber das Allgemeine, Formel. Das eine wie das andere iſt einſeitig. Das Hoͤchſte iſt das Ineinanderſein von bei- dem. Allein der Gegenſaz muß urſpruͤnglich in jedem Willensakt ſein. Es fragt ſich aber, iſt er durch den Gegenſtand beſtimmt worden, oder davon unabhaͤngig? Das leztere. Je mehr der urſpruͤngliche Willensakt als Bild gegeben iſt, deſto mehr traͤgt er das Einzelne gleichſam im verjuͤngten Maaßſtabe mit in ſich, deſto weniger aber von der Compoſition; ſeine ganze Entwicklung iſt gleichſam das Äußerliche zu dem was in jenem Keim innerlich geſchauet iſt. Je mehr aber der urſpruͤngliche Willensakt Formel iſt, deſto weniger traͤgt er das Einzelne in ſich, deſto mehr dann auch ſchon die Compoſition. So ſind die beiden Akte ſchon im erſten Moment ſelbſt geſezt.
Sehen wir nun auf die verſchiedenen Richtungen, welche die Gedankenentwicklung haben kann, ſo finden wir eine Dupli- citaͤt darin, daß, wenn im Impuls die Richtung auf das Bild
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ſein ſchon damit gegeben iſt. Je mehr dieß iſt, deſto geringer iſt
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jener Willensakt dieſen Charakter hat, deſto groͤßer iſt der Unter-
ſchied. Es ſcheint aber als wenn der Unterſchied uͤberhaupt nur
auf gewiſſe Formen ſich bezoͤge. Denn was hat z. B. im Hiſto-
riſchen die Meditation zu thun? Etymologiſch deutet der Aus-
druck auf innere Gedankenentwickelung. Wo alſo, wie im Hiſto-
riſchen, der Inhalt aͤußere Wahrnehmung iſt, ſcheint die Medi-
tation gar keinen Gegenſtand zu haben. Allein dieß iſt eben nur
ſcheinbar. Wiewohl der Unterſchied zwiſchen Meditation und Com-
poſition auf den verſchiedenen Gebieten verſchieden iſt, ſo iſt die
Meditation doch nirgends Null, auch im Hiſtoriſchen nicht. Gehen
wir zuruͤck auf den Impuls, ſo ſehen wir, es kann kein Willens-
akt als unter der Form eines Gedankens gegeben ſein. Ein Im-
puls, der nicht im Subject ſelbſt als Gedanke gegeben iſt, iſt
kein Willensakt, iſt bloß Moment des Inſtinkts. Nun koͤnnen
wir aber im Begriff des Gedankens folgendes unterſcheiden: So-
fern das Einzelne darin dominirt, hat er die Richtung Bild zu
ſein, ſofern aber das Allgemeine, Formel. Das eine wie das
andere iſt einſeitig. Das Hoͤchſte iſt das Ineinanderſein von bei-
dem. Allein der Gegenſaz muß urſpruͤnglich in jedem Willensakt
ſein. Es fragt ſich aber, iſt er durch den Gegenſtand beſtimmt
worden, oder davon unabhaͤngig? Das leztere. Je mehr der
urſpruͤngliche Willensakt als Bild gegeben iſt, deſto mehr traͤgt
er das Einzelne gleichſam im verjuͤngten Maaßſtabe mit in ſich,
deſto weniger aber von der Compoſition; ſeine ganze Entwicklung
iſt gleichſam das Äußerliche zu dem was in jenem Keim innerlich
geſchauet iſt. Je mehr aber der urſpruͤngliche Willensakt Formel
iſt, deſto weniger traͤgt er das Einzelne in ſich, deſto mehr dann
auch ſchon die Compoſition. So ſind die beiden Akte ſchon im
erſten Moment ſelbſt geſezt.
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Schleiermacher, Friedrich: Hermeneutik und Kritik. Berlin, 1838, S. 202. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schleiermacher_hermeneutik_1838/226>, abgerufen am 04.12.2024.
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