ursprünglich wären, also bildlicher Gebrauch sinnlicher Wörter. Dieß ist aber eine Untersuchung welche jenseits des hermeneu- tischen Gebiets liegt. Denn wenn theos von theo (Plato Gratyl. 397.) oder theis (Herodt. 2, 52.) abgeleitet wird, so gehört dieß zur Urgeschichte der Sprache mit der die Ausle- gung nichts zu thun hat. Es kommt darauf an ob die geisti- gen Vorstellungen überhaupt einer zweiten Entwicklung ange- hören, die erst nach Abschließung der Sprache kann stattgefun- den haben, und das wird wohl niemand wahrscheinlich machen können. Unleugbar giebt es geistige Wörter welche zugleich leib- liches andeuten, aber hier waltet auch der Parallelismus, weil beide, wie sie für uns da sind, in der Idee des Lebens Eins sind. Eben dieß gilt für den Gebrauch derselben Wörter im Gebiet des Raumes und dem der Zeit. Beide sind wesentlich Eins, weil wir nur Raum durch Zeit bestimmen können und umgekehrt. Gestalt und Bewegung lassen sich auf einander reduciren und kriechende Pflanze ist daher kein bildlicher Aus- druck. Nicht besser ist es mit dem Gegensaz zwischen ursprüng- licher und abgeleiteter Bedeutung. Hostis Fremder, hernach Feind. Anfänglich waren alle Fremde Feinde. Hernach sah man die Möglichkeit mit Ausländern Freund zu sein, und der Instinkt entschied dafür daß man bei dem Worte mehr an die Gesinnungstrennung dachte, als an die Raumtrennung und so konnten zulezt auch einheimische Feinde hostes heißen, vielleicht aber doch nur weil sie verbannt zugleich waren. Gegensaz zwischen allgemeiner Bedeutung und besonderer, jene im ver- mischten Verkehr, diese in einem bestimmten Gebiet. Oft we- sentlich dasselbe oft elliptisch, wie Fuß für Fußlänge und Fuß in der Metrik für Schritt oder Fußvorwärts. Oft auch weil jede Kunst ein niederes Gebiet durch Mißverständniß der unge- bildeten Masse. Oft auch sind es entstellte und bis zum Schein des einheimischen umgebildete fremde Wörter. So wird es mit allen andern Gegensäzen auch gehen.
8. Die ursprüngliche Aufgabe auch für die Wörterbücher, die
urſpruͤnglich waͤren, alſo bildlicher Gebrauch ſinnlicher Woͤrter. Dieß iſt aber eine Unterſuchung welche jenſeits des hermeneu- tiſchen Gebiets liegt. Denn wenn ϑεὸς von ϑέω (Plato Gratyl. 397.) oder ϑεὶς (Herodt. 2, 52.) abgeleitet wird, ſo gehoͤrt dieß zur Urgeſchichte der Sprache mit der die Ausle- gung nichts zu thun hat. Es kommt darauf an ob die geiſti- gen Vorſtellungen uͤberhaupt einer zweiten Entwicklung ange- hoͤren, die erſt nach Abſchließung der Sprache kann ſtattgefun- den haben, und das wird wohl niemand wahrſcheinlich machen koͤnnen. Unleugbar giebt es geiſtige Woͤrter welche zugleich leib- liches andeuten, aber hier waltet auch der Parallelismus, weil beide, wie ſie fuͤr uns da ſind, in der Idee des Lebens Eins ſind. Eben dieß gilt fuͤr den Gebrauch derſelben Woͤrter im Gebiet des Raumes und dem der Zeit. Beide ſind weſentlich Eins, weil wir nur Raum durch Zeit beſtimmen koͤnnen und umgekehrt. Geſtalt und Bewegung laſſen ſich auf einander reduciren und kriechende Pflanze iſt daher kein bildlicher Aus- druck. Nicht beſſer iſt es mit dem Gegenſaz zwiſchen urſpruͤng- licher und abgeleiteter Bedeutung. Hostis Fremder, hernach Feind. Anfaͤnglich waren alle Fremde Feinde. Hernach ſah man die Moͤglichkeit mit Auslaͤndern Freund zu ſein, und der Inſtinkt entſchied dafuͤr daß man bei dem Worte mehr an die Geſinnungstrennung dachte, als an die Raumtrennung und ſo konnten zulezt auch einheimiſche Feinde hostes heißen, vielleicht aber doch nur weil ſie verbannt zugleich waren. Gegenſaz zwiſchen allgemeiner Bedeutung und beſonderer, jene im ver- miſchten Verkehr, dieſe in einem beſtimmten Gebiet. Oft we- ſentlich daſſelbe oft elliptiſch, wie Fuß fuͤr Fußlaͤnge und Fuß in der Metrik fuͤr Schritt oder Fußvorwaͤrts. Oft auch weil jede Kunſt ein niederes Gebiet durch Mißverſtaͤndniß der unge- bildeten Maſſe. Oft auch ſind es entſtellte und bis zum Schein des einheimiſchen umgebildete fremde Woͤrter. So wird es mit allen andern Gegenſaͤzen auch gehen.
8. Die urſpruͤngliche Aufgabe auch fuͤr die Woͤrterbuͤcher, die
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urſpruͤnglich waͤren, alſo bildlicher Gebrauch ſinnlicher Woͤrter.
Dieß iſt aber eine Unterſuchung welche jenſeits des hermeneu-
tiſchen Gebiets liegt. Denn wenn ϑεὸς von ϑέω (Plato
Gratyl. 397.) oder ϑεὶς (Herodt. 2, 52.) abgeleitet wird, ſo
gehoͤrt dieß zur Urgeſchichte der Sprache mit der die Ausle-
gung nichts zu thun hat. Es kommt darauf an ob die geiſti-
gen Vorſtellungen uͤberhaupt einer zweiten Entwicklung ange-
hoͤren, die erſt nach Abſchließung der Sprache kann ſtattgefun-
den haben, und das wird wohl niemand wahrſcheinlich machen
koͤnnen. Unleugbar giebt es geiſtige Woͤrter welche zugleich leib-
liches andeuten, aber hier waltet auch der Parallelismus, weil
beide, wie ſie fuͤr uns da ſind, in der Idee des Lebens Eins
ſind. Eben dieß gilt fuͤr den Gebrauch derſelben Woͤrter im
Gebiet des Raumes und dem der Zeit. Beide ſind weſentlich
Eins, weil wir nur Raum durch Zeit beſtimmen koͤnnen und
umgekehrt. Geſtalt und Bewegung laſſen ſich auf einander
reduciren und kriechende Pflanze iſt daher kein bildlicher Aus-
druck. Nicht beſſer iſt es mit dem Gegenſaz zwiſchen urſpruͤng-
licher und abgeleiteter Bedeutung. Hostis Fremder, hernach
Feind. Anfaͤnglich waren alle Fremde Feinde. Hernach ſah
man die Moͤglichkeit mit Auslaͤndern Freund zu ſein, und der
Inſtinkt entſchied dafuͤr daß man bei dem Worte mehr an die
Geſinnungstrennung dachte, als an die Raumtrennung und ſo
konnten zulezt auch einheimiſche Feinde hostes heißen, vielleicht
aber doch nur weil ſie verbannt zugleich waren. Gegenſaz zwiſchen
allgemeiner Bedeutung und beſonderer, jene im ver-
miſchten Verkehr, dieſe in einem beſtimmten Gebiet. Oft we-
ſentlich daſſelbe oft elliptiſch, wie Fuß fuͤr Fußlaͤnge und Fuß
in der Metrik fuͤr Schritt oder Fußvorwaͤrts. Oft auch weil
jede Kunſt ein niederes Gebiet durch Mißverſtaͤndniß der unge-
bildeten Maſſe. Oft auch ſind es entſtellte und bis zum Schein
des einheimiſchen umgebildete fremde Woͤrter. So wird es
mit allen andern Gegenſaͤzen auch gehen.
8. Die urſpruͤngliche Aufgabe auch fuͤr die Woͤrterbuͤcher, die
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Schleiermacher, Friedrich: Hermeneutik und Kritik. Berlin, 1838, S. 47. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schleiermacher_hermeneutik_1838/71>, abgerufen am 04.12.2024.
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